Bahnen ziehen (German Edition)
Parkbänken Erdnussbutter. Jane fährt nach Birmingham zurück, geht tanzen und nimmt Drogen. Später, als wir wieder bei Pam sind und auf dem hohen Bett mit den geblümten Laken liegen, erzählt Jane mir flüsternd, dass sie mit einem Freund ihrer Cousine geschlafen hat. Eine Weile kichern wir; dann liege ich neben ihr im Dunkeln, während sie leise schnarcht.
Jane fliegt am nächsten Tag zurück nach Kanada, ich bleibe noch ein paar Wochen bei Pam. Wenn sie arbeitet, setze ich mich in den Garten und zeichne, oder ich fahre mit dem Bus nach Leeds, um herumzulaufen. Es ist anders ohne Jane. Zusammen haben wir in Second-Hand-Läden gestöbert, in Pubs Gerstenlimonade getrunken, sind aufgeregt zum Konzert einer Band namens Pooh Sticks gegangen. Allein gehe ich ins Schwimmbad der Uni und sehe dem Training der City-of-Leeds-Mannschaft zu. Ihr Trainer Terry Denison hat Adrian Moorhouse trainiert, als der in Seoul Gold gewonnen hat, und die Brustschwimmerin Suki Brownsdon – ein Name, den ich von der Weltrangliste kenne. Ich lehne mich über das Geländer der Tribüne und lausche, was Denison von seinen Schwimmern verlangt.
Auf dem Rückweg im Bus beobachte ich durchs Fenster, wie ein dunkelhaariger Mann aus einem Haus kommt und um die nächste Ecke geht. Er trägt eine Adidas-Trainingshose, saubere weiße Turnschuhe und eine abgewetzte Ledermotorradjacke, deren Reißverschluss bis unters Kinn hochgezogen ist. In diesem Moment beschließe ich, dass ich wieder schwimmen will, und ich will wissen, wo er seine Klamotten herhat.
Bei Fischstäbchen sprechen Pam und ich über meinen Plan, wieder mit dem Schwimmen anzufangen. Ich beschließe, das Studium zu verschieben, das nächste Jahr zu trainieren und zu meinem Bruder nach Toronto zu ziehen.
Februar 2010. Am letzten Nachmittag meines einmonatigen Aufenthalts in London betrete ich ein Café neben einer Buchhandlung und sehe mir die Kuchen an. Es gibt vier, zwei davonsehen besonders gut aus. Ein dunkler Kirsch-Polenta-Kuchen, feucht und schwer, und ein Zitronen-Olivenöl-Kuchen, glänzend gelb, mit einem bernsteinfarbenen Rand und mit Rosmarinspitzen bestreut. Ich bestelle ein Stück Zitronenkuchen, setze mich und esse ungläubig Bissen für Bissen, während ich wie hypnotisiert ins Leere starre. Als ich fertig bin, spreche ich die Kellnerin an, die meine Teetasse abräumt. Ich stammele: »Dieser Kuchen ...«
»Ja, ich weiß, nicht wahr?« Sie lacht. Ich frage sie, wo das Rezept herkommt, aber sie zwinkert nur und sagt, es sei ein Geheimnis, der Ursprung »nordafrikanisch«. Ich danke ihr (für nichts), zahle und gehe, doch nicht ohne mir den Kuchen noch einmal genau anzusehen und mir seine Konsistenz einzuprägen. Was ihn auszeichnet, sind die grobe Krümeligkeit, die säuerliche Herbheit, die olivenölige Feuchtigkeit und ein krosser süßer Guss, der tief in den Teig gesogen ist. Der Kuchen ist sandig und von tiefgelber Farbe.
Als ich wieder in New York bin, wache ich morgens um halb fünf auf und suche im Internet nach »Zitrone Olivenöl Kuchen Marokko« und »Zitronenkuchen Rosmarin Olivenöl«. Wie Frankenstein bastele ich mir aus fünf verschiedenen Quellen ein Rezept zusammen in der Hoffnung, den Londoner Nachmittag aufleben zu lassen.
Nachts ist meine Küche sauber, friedlich und still. Draußen ist alles dunkel bis auf zwei Fenster im Apartmenthaus gegenüber. Ich fette ein Blech ein, reibe vier Zitronen und vermische die Schale mit Zucker. Die nächtliche Küche ist ein anderer Ort, ihr Klacken und Summen ist lauter, die Töpfe und Pfannen scheppern empfindlich, als ich sie aus dem Schrank hole.Das Prasseln des Regens und das gedämpfte Heulen von Polizeisirenen sind die einzigen anderen Geräusche. Ich presse die Zitronen aus und vermenge die Hälfte des Safts mit dem Zucker, dann schlage ich drei Eier.
Nachdem ich die trockenen Zutaten gemischt habe, füge ich die Zuckermasse und das Olivenöl hinzu, gieße den Teig auf das vorbereitete Blech und schiebe das Ganze in den Ofen. Als Nächstes kommt der Guss. In eine kleine Pfanne gebe ich zu dem restlichen Zitronensaft einen Rosmarinzweig, dann Zucker, und bringe das Gemisch zum Kochen. Ich menge einen Schluck Agavennektar bei, und, nachdem ich mit dem Finger gekostet habe, Saft und die geriebene Schale einer weiteren Zitrone. Während der Kuchen im Ofen ist, lasse ich die Mischung köcheln. Während ich warte, mache ich Tee und lese die Zeitung von gestern, manchmal hebe ich den Kopf und betrachte durchs
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