Bali Lombok
Geister den Lebenden mitteilen.
Selbst heute noch führt man in Krisensituationen das
Wayang Kulit
auf, um sich von der Magie der Schatten inspirieren zu lassen.
Als der Hinduismus Java erreichte, verlor das Schattenspiel zwar etwas von seiner magischen Funktion, stellte aber die großen hinduistischen Epen
Ramayana
und
Mahabharata
dar und wurde zum allgemeinen Vergnügen der Bevölkerung aufgeführt. Die hinduistischen Inhalte haben den Islam überlebt. Daneben wurde die Islamisierung des Landes selbst zum Thema des
Wayang
, ebenso wie Volksmärchen, biblische Themen und in jüngerer Zeit der Unabhängigkeitskampf des indonesischen Staates. Von Zentral-Java aus verbreitete sich das
Wayang Kulit
in abgewandelter Form über die anderen Inseln. Vor allem in Ost-Java und Bali ist es noch weitverbreitet.
Der
Dalang
, der gleichzeitig Erzähler, Darsteller und Leiter des Begleitorchesters ist, wird immer noch hoch geachtet. Er sitzt bei einer Vorführung hinter einer weißen Leinwand, über ihm eine Lampe, die von hinten die Schattenspielfiguren erleuchtet. Die Puppen sind auf einem Bananenstrunk aufgesteckt – auf einer Seite die guten, auf der anderen Seite die bösen Figuren. Zu Beginn der Vorführung wird in die Mitte der Bühne ein
Gunungan
, eine bergähnliche, spitz zulaufende Figur, gesetzt, die den Lebensbaum symbolisiert.
Während der Vorstellung bilden zwei dieser Figuren den Bühnenabschluss. Der
Dalang
sitzt mit gekreuzten Beinen hinter der Leinwand. Über Stunden erzählt er mit verschiedenen Stimmen die Geschichte von Helden und schönen Frauen, hält das Publikum in Spannung, lässt die Puppen auf der Bühne agieren und bedient gleichzeitig mit den Füßen eine Rassel, womit besonders aktionsgeladene Szenen unterstrichen werden. Dialoge verschiedener Akteure werden durch einen dumpfen Schlag mit einem Holzhammer getrennt.
Die Handlung wird von einem Gamelan-Orchester begleitet, das hinter dem
Dalang
sitzt.
Auf Java nimmt das Publikum bei traditionellen Vorführungen je nach Geschlecht verschiedene Plätze ein. Nur die Frauen sitzen vor der Leinwand und können die Schatten sehen. Männer beobachten das Geschehen von der anderen Seite, wo sie neben den bunten Puppen den
Dalang
und das Orchester beobachten können. Auf Bali sitzen alle Zuschauer vor der Leinwand. Normalerweise dauert eine Aufführung etwa zwei bis vier Stunden.
Wayang Kulit-Schattenspielfigur
Der Kecak-Tanz zum Sonnenuntergang am Pura Luhur Uluwatu ist ein beeindruckendes Erlebnis.
Kecak („Affentanz“)
Der
Kecak
-Tanz ist einer der faszinierendsten Tänze auf Bali und (neben den
Sanghyang
-Tänzen) der einzige, der ohne Orchesterbegleitung auskommt. Um seinen magischen Charakter voll zum Ausdruck zu bringen, wird er erst nach Einbruch der Dunkelheit aufgeführt. 80 bis 120 Männer, nur mit kurzen, schwarz-weiß karierten Lendentüchern bekleidet, sitzen in mehreren konzentrischen Kreisen um einen freien Platz, in dessen Mitte ein Armleuchter mit Öllämpchen steht.
Auf dem freien Platz führen kostümierte Tänzer und Tänzerinnen in kurzen Szenen die Haupthandlung des
Ramayana
auf, die Geschichte von Rama und seiner schönen Frau Sita, die von dem Dämonenfürsten Rawana entführt und mithilfe des Affengenerals Hanuman gerettet wird (s. S. 139 , Kasten).
Die begleitende Musik liefert der Chor der sitzenden Männer, die Hanumans Affenheer darstellen. Während des gesamten Tanzes, der etwa eine Stunde dauert, stoßen die Männer rhythmische
cak-cak-cak
-Laute aus, unterbrochen von wildem Kriegsgeschrei, Zischen und Summen und einigen melodischen Sequenzen, das Ganze so abwechslungsreich strukturiert wie eine Gamelan-Komposition.
Die Dramatik wird noch verstärkt durch die ekstatischen Bewegungen des Chors, das gleichzeitige Hin- und Her- und Auf- und Abwogen der Körper, das Schwenken der Arme und das Vibrieren der ausgestreckten Hände.
Der
Kecak
entwickelte sich aus einem sakralen Trance-Tanz
(Sanghyang)
. In seiner heutigen Form, mit den eingebauten
Ramayana
-Szenen, wurde der Tanz erstmals 1931 aufgeführt, und zwar für einen Film deutscher Produktion, der, obwohl einer der ältesten, immer noch einer der besten Filme über Bali ist, die je gedreht wurden:
Die Insel der Dämonen
(Produzent, Regie: Victor Baron von Plessen; Kamera: Dr. Dahlsheim; Drehbuch, Choreografie: Walter Spies). Eine
Kecak
-Tanzaufführung in passender Umgebung kann man täglich zum Sonnenuntergang am Uluwatu-Tempel in Süd-Bali besuchen (s. S. 190
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