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Ball der Vampire

Ball der Vampire

Titel: Ball der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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meine Cousine getötet zu haben. Er hatte behauptet, es sei Hadleys Idee gewesen, zum St.- Louis-Friedhof zu gehen und dort den Geist der Voodoo-Königin Marie Laveau anzurufen. Diese Szene hier ließ jedoch vermuten, dass Waldo selbst den Ausflug vorgeschlagen hatte.
    »Was hat er da in der Hand?«, fragte Amelia so leise wie möglich, und Patsy kam von der Galerie herein, um nachzusehen.
    »Eine Broschüre«, erwiderte sie in ebenso gedämpftem Ton wie Amelia. »Über Marie Laveau.«
    Hadley sah auf ihre Armbanduhr und sagte etwas zu Waldo. Etwas Unfreundliches, ihrer Miene und der Kopfbewegung zur Tür hin nach zu urteilen. Es war ein »Nein«, so deutlich ausgesprochen, wie Körpersprache es nur ermöglichte.
    Und dennoch war sie am nächsten Abend mit ihm gegangen. Weshalb hatte sie ihre Meinung geändert? Was war in der Zwischenzeit passiert?
    Hadley ging durch den Flur ins Schlafzimmer, und wir folgten ihr. Als wir uns noch einmal nach Waldo umdrehten, sahen wir ihn das Apartment verlassen. Die Broschüre legte er auf das Tischchen neben der Tür.
    Es hatte etwas seltsam Voyeuristisches, mit Amelia, der Königin und Andre in Hadleys Schlafzimmer zu stehen und zuzusehen, wie sie den Bademantel aus- und ein sehr schickes Kleid anzog.
    »Das hat sie zur Party in der Nacht vor der Hochzeit getragen«, sagte die Königin leise. Hadley trug ein hautenges, tief ausgeschnittenes rotes Kleid, das mit dunkelroten Pailletten besetzt war, und dazu traumhaft schöne Krokopumps. Hadley wollte dafür sorgen, dass die Königin ihren Verlust wirklich bedauerte.
    Wir sahen Hadley vorm Spiegel stehen, sich verschönern, zweimal die Frisur ändern und sehr lange über die richtige Lippenstiftfarbe grübeln. So langsam legte sich bei mir die erste Faszination, und von mir aus hätten wir diese Rekonstruktion etwas »vorspulen« können. Doch die Königin konnte gar nicht genug davon bekommen, ihrer Geliebten zuzusehen. Ich würde mich nicht beschweren, zumal die Königin ja die Rechnung bezahlte.
    Hadley drehte sich vor ihrem Standspiegel hin und her, schien zufrieden mit dem, was sie sah, und brach plötzlich in Tränen aus.
    »Oh, mein Schatz«, flüsterte die Königin. »Es tut mir so leid.«
    Ich wusste haargenau , wie Hadley sich fühlte, und zum ersten Mal spürte ich zu meiner Cousine so etwas wie eine verwandtschaftliche Bindung, die in den langen Jahren der Trennung verloren gegangen war. Diese Rekonstruktion zeigte die Nacht vor der Hochzeit der Königin, und Hadley würde auf eine Party gehen, auf der die Königin und ihr Verlobter als Paar auftreten würden. Und in der Nacht darauf würde sie an ihrer Hochzeit teilnehmen müssen; jedenfalls nahm sie das an. Sie wusste ja nicht, dass sie dann bereits tot sein würde, ein für allemal und endgültig tot.
    »Es kommt jemand«, rief Bob leise, seine Stimme wehte durch die offenen Fenster zu uns herein. In der Phantomwelt der Geistergestalten musste die Türklingel geläutet haben, denn Hadley richtete sich plötzlich auf, warf einen letzten Blick in den Spiegel und riss sich deutlich sichtbar zusammen. Mit inzwischen schon vertrautem Hüftschwung ging Hadley den Flur entlang, im Gesicht ein kühles Lächeln.
    Sie öffnete die Tür, und da Patsy die reale Tür offen gelassen hatte, konnten wir es diesmal auch wahrnehmen. Jake Purifoy trug einen Smoking und sah sehr elegant aus, ganz wie Amelia gesagt hatte. Ich spähte zu Amelia hinüber, als er ins Apartment trat; sie betrachtete die Phantomgestalt betrübt.
    Es gefiel ihm nicht besonders, dass er die Geliebte der Königin abholen musste, das sah man, aber er war viel zu diplomatisch und höflich, um Hadley gegenüber irgendeine Andeutung zu machen. Geduldig stand er da, während sie nach einem winzigen Handtäschchen griff, ihr Haar ein letztes Mal ordnete, und dann gingen die beiden hinaus.
    »Sie kommen die Treppe runter«, rief Bob, und wir traten auf die Galerie hinaus und schauten ihnen ans Geländer gelehnt hinterher. Die beiden Phantomgestalten stiegen in einen glänzenden Wagen und fuhren aus dem Innenhof hinaus. Und dort endete auch der Bereich, der mit dem Zauber belegt war. Der Geisterwagen löste sich genau dort in nichts auf, wo die anderen Vampire die Zufahrt zur Straße bewachten. Sigebert und Wybert standen mit großen Augen feierlich ernst da, Jade Flower wirkte verdrossen, und Rasul lächelte leicht amüsiert, als würde er schon jetzt an die gute Geschichte denken, die er den anderen Wachleuten in der

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