Ball der Vampire
über die Kleiderständer hinweg fing Tara meinen Gesichtsausdruck auf. Portia blätterte im Hochzeitskatalog, und so zwinkerte Tara mir zu. Ganz offensichtlich war sie höchst erfreut über diese reiche Kundin; und ganz offensichtlich stand auch nichts mehr zwischen uns. Was für eine Erleichterung.
»Dasselbe Modell in unterschiedlichen Farben - zueinander passenden Farben, natürlich - wirklich eine originelle Idee«, sagte Tara. »Wie viele Brautjungfern werden es denn sein?«
»Fünf für jede«, erwiderte Portia, deren Aufmerksamkeit ganz von der Katalogseite vor ihrer Nase gefesselt war. »Kann ich den Katalog mit nach Hause nehmen? Dann können Halleigh und ich ihn uns heute Abend gemeinsam ansehen.«
»Außer diesem habe ich nur noch ein anderes Exemplar. Weißt du, › Isabelle ‹ geizt unglaublich mit diesen verflixten Katalogen«, erzählte Tara mit einem charmanten Lächeln. Tara konnte richtig dick auftragen, wenn es nötig war. »Aber du darfst ihn mit nach Hause nehmen, wenn du mir hoch und heilig versprichst, ihn mir morgen zurückzubringen!«
Portia hob wie zum Schwur die Hand und klemmte sich den dicken Katalog unter den Arm. Sie hatte eins ihrer Anwaltskostüme an, einen schmalen braunen Tweedrock mit passendem Jackett und darunter eine Seidenbluse. Dazu trug sie beigefarbene Strümpfe und Pumps mit niedrigem Absatz, die wiederum zu ihrer Handtasche passten. Wie langweilig.
Portia war ganz aufgeregt, und ihre Gedanken schlugen fast Purzelbäume vor Glück. Sie wusste, dass sie neben Halleigh als Braut etwas alt wirken würde, aber Gott sei Dank würde sie schließlich doch noch eine Braut werden. Sie würde ihren Spaß haben und Geschenke und Aufmerksamkeit und schöne Kleider bekommen, gar nicht zu reden davon, dass sie dann wirklich einen eigenen Ehemann hätte. Portia sah vom Katalog auf und entdeckte mich hinter dem Hosenständer. Ihr Glück war so umfassend, dass sie sogar mich gleich darin einschloss.
»Hallo, Sookie!«, rief sie geradezu strahlend. »Andy hat mir erzählt, wie du ihm geholfen hast, seine kleine Überraschung für Halleigh vorzubereiten. Das war wirklich reizend von dir.«
»Hat Spaß gemacht«, sagte ich und bedachte sie mit meiner Version eines strahlenden Lächelns. »Stimmt es, dass man auch dir gratulieren kann?« Ich weiß, eigentlich soll man nicht der Braut, sondern nur dem Bräutigam gratulieren, aber Portia machte das sicher nichts aus.
Nein, es machte ihr gar nichts aus. »Ja, ich werde heiraten«, bestätigte sie. »Und wir haben uns für eine Doppelhochzeit mit Andy und Halleigh entschieden. Der Empfang wird bei uns zu Hause stattfinden.«
Natürlich. Wozu in einer prachtvollen Villa wohnen, wenn man dort nicht mal den Hochzeitsempfang geben konnte?
»Das macht bestimmt eine Menge Arbeit, so eine große Hochzeit auszurichten bis - ja, wann eigentlich?«, fragte ich und versuchte, mitfühlend und besorgt zu klingen.
»April. Das kannst du laut sagen.« Portia lachte. »Großmutter ist schon halb verrückt. Sie hat bereits jeden Partyservice angerufen, den sie kennt, um für das zweite Wochenende im April zu buchen, und ist schließlich bei Extrem (Elegante) Events gelandet, weil die eine Absage hatten. Und außerdem bekommt sie heute Nachmittag von der Firma Wald & Gestalt aus Shreveport Besuch.«
Wald & Gestalt war die erste Adresse für Gartenarchitektur in unserem Landkreis, zumindest wenn man ihren allgegenwärtigen Werbeanzeigen glauben durfte. Und wenn die Bellefleurs sowohl Wald & Gestalt als auch Extrem (Elegante) Events beauftragt hatten, hieß das nichts anderes, als dass diese Doppelhochzeit das gesellschaftliche Ereignis des Jahres in Bon Temps werden würde.
»Wir planen eine Hochzeitsfeier im Freien und wollen im Garten hinter der Villa Zelte aufstellen«, erzählte Portia. »Falls es regnet, müssen wir in die Kirche ausweichen und den Empfang im Bürgerhaus abhalten. Aber wir hoffen natürlich das Beste.«
»Klingt wunderbar.« Etwas anderes fiel mir dazu wirklich nicht ein. »Wie schaffst du es mit deiner Arbeit bei all den Hochzeitsvorbereitungen?«
»Irgendwie wird's schon gehen.«
Ich wunderte mich, dass solche Eile herrschte. Warum warteten die glücklichen Paare nicht bis zum Sommer, wenn Halleigh Schulferien hatte? Warum warteten sie nicht, bis Portia ihren Terminkalender für eine standesgemäße Hochzeit samt anschließenden Flitterwochen freigeschaufelt hatte? Und war der Mann, den sie heiraten wollte, nicht
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