Ball der Vampire
Boss?«
»Oh, ja.« Felicia wirkte ganz überrascht über meine Frage. »Aber er ist natürlich kein Softie.«
Softie war nun wirklich das letzte Wort, das man in einem Satz mit Eric benutzen konnte.
»Und man darf ihm nicht in die Quere kommen. Das verzeiht er einem nicht«, fügte sie nachdenklich hinzu. »Aber solange man seinen Pflichten ihm gegenüber nachkommt, tut er dasselbe für einen.«
Ich nickte. Das passte mehr oder weniger zu meinem Eindruck von Eric, und in mancherlei Hinsicht kannte ich Eric wirklich sehr gut... in manch anderer Hinsicht dafür auch wieder gar nicht.
»Hier ist es viel besser als in Arkansas«, sagte Felicia.
»Was war in Arkansas denn so schlimm?«, fragte ich, weil ich einfach nicht anders konnte. Felicia war der einfältigste Vampir, den ich je getroffen hatte.
»Peter Threadgill«, erwiderte sie. »Der König. Er hat gerade Ihre Königin geheiratet.«
Sophie-Anne Leclerq von Louisiana war ganz und gar nicht meine Königin, doch aus lauter Neugier wollte ich das Gespräch gern fortsetzen.
»Was ist denn so schlimm an Peter Threadgill?«
Das war eine Frage, an der Felicia zu knabbern hatte. Sie grübelte. »Er ist nachtragend und neidisch auf alles und jeden«, sagte sie stirnrunzelnd. »Nie zufrieden mit dem, was er hat. Es reicht ihm nicht, der älteste und stärkste Vampir in seinem Bundesstaat zu sein. Und als er endlich König wurde - ein Aufstieg, auf den er jahrelang hingearbeitet hat -, war er noch immer nicht zufrieden. Plötzlich war der Staat nicht mehr gut genug, verstehen Sie?«
»So was wie: Jeder Staat, der mich zum König nimmt, kann nur ein schlechter Staat sein?«
»Ja, genau!«, rief Felicia, als wäre ich wahnsinnig klug, weil mir ein solcher Satz eingefallen war. »Er verhandelte monatelang mit Louisiana, und sogar Jade Flower wollte zum Schluss nichts mehr über die Königin hören. Dann stimmte sie der Verbindung urplötzlich zu. Und eine Woche nach den Feierlichkeiten war der König schon wieder verdrossen. Auf einmal war auch das nicht mehr gut genug. Sie sollte ihn lieben. Sie sollte alles für ihn aufgeben.« Felicia schüttelte den Kopf über die Launen des königlichen Herrschers.
»Dann war es also keine Liebesheirat?«
»Das ist der letzte Grund, aus dem Vampirkönige und -königinnen heiraten«, erklärte Felicia. »Im Moment ist er gemeinsam mit der Königin zu Besuch in New Orleans. Ich bin nur froh, dass ich am anderen Ende des Staates wohne.«
Ich verstand den Sinn eines solchen Besuchs eines verheirateten Königspaares zwar nicht ganz, hoffte aber, früher oder später noch dahinterzukommen.
Ich hätte gern noch mehr gehört, doch es wurde Zeit für mich, wieder an die Arbeit zu gehen und mich um meine Tische zu kümmern. »Danke, dass Sie vorbeigekommen sind, Felicia, und machen Sie sich bloß keine Sorgen. Ich freue mich, dass Sie für Eric arbeiten.«
Felicia lächelte mich an, ein strahlend schönes Bild mit strahlend weißen Zähnen. »Ich bin froh, dass Sie mich nicht töten wollen.«
Ich erwiderte ihr Lächeln, wenn auch etwas zögernd.
»Jetzt, da ich weiß, wer Sie sind, werden Sie sicher keine Gelegenheit bekommen, sich an mich anzuschleichen«, fuhr Felicia fort. Plötzlich sah mich aus Felicias Augen wieder die echte Vampirin an, und ich schauderte. Es könnte fatal sein, Felicia zu unterschätzen. Klug war sie nicht. Aber grausam.
»Ich habe nicht vor, mich an jemanden anzuschleichen, schon gar nicht an einen Vampir«, versicherte ich ihr.
Sie nickte mir knapp zu, und dann glitt sie so schnell aus der Tür, wie sie gekommen war.
»Was war das denn?«, fragte Arlene mich, als wir gleichzeitig an der Bar standen und auf die nächsten Bestellungen warteten. Ich sah, dass Sam ebenfalls zuhörte.
Ich zuckte die Achseln. »Sie arbeitet im Fangtasia, in Shreveport, und wollte mich bloß kennen lernen.«
Arlene starrte mich ungläubig an. »Müssen die sich jetzt schon bei dir vorstellen? Sookie, du musst die Toten unbedingt mal ruhen lassen und dich mehr den Lebenden zuwenden.«
Ich starrte zurück. »Woher hast du denn diese Weisheit?«
»Herrgott, du tust immer, als könnte ich nicht selber denken.«
Solche Gedanken hatte sich Arlene ihr ganzes Leben lang noch nicht gemacht. Arlenes zweiter Name lautete Toleranz , und das vor allem deshalb, weil sie alles viel zu leicht nahm, um irgendeine eigene moralische Haltung zu haben.
»Na ja, ich bin einfach überrascht«, erwiderte ich. Mir war nur zu deutlich bewusst,
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