Ball der Vampire
wie hart ich da gerade einen Menschen beurteilt hatte, den ich immer als Freundin betrachtet hatte.
»Nun, ich gehe jetzt immer mit Rafe Prudhomme in die Kirche.«
Ich mochte Rafe Prudhomme, er war ein ruhiger Mann Mitte vierzig und arbeitete für die Pelican State Title Company. Aber ich hatte nie Gelegenheit gehabt, ihn näher kennen zu lernen oder mir mal seine Gedanken näher anzusehen. Das war vielleicht ein Fehler gewesen. »In welche Kirche geht er denn?«
»Er gehört zur Bruderschaft der Sonne, dieser neuen Kirche.«
Mir sank das Herz, fast im wörtlichen Sinn. Ich hielt mich erst gar nicht damit auf, zu erwähnen, dass diese Bruderschaft eine Ansammlung von bigotten Eiferern war, die vor allem Hass und Angst zusammenhielt. »Das ist eigentlich gar keine richtige Kirche, weißt du. Gibt's denn hier in der Nähe eine Gemeinde der Bruderschaft?«
»In Minden.« Arlene wich schuldbewusst meinem Blick aus. »Ich wusste, das würde dir nicht gefallen. Aber ich habe auch den katholischen Priester, Pater Riordan, dort gesehen. Selbst der findet's also okay. Wir waren an den letzten beiden Sonntagabenden dort.«
»Und glaubst du das Zeug, das sie erzählen?«
Doch da rief einer von Arlenes Gästen nach ihr, und sie war nur zu froh, dass sie gehen konnte.
Sam und ich sahen einander in die Augen, und unsere Blicke waren gleichermaßen besorgt. Die Bruderschaft der Sonne war eine Anti-Vampir- und Anti-Toleranz-Bewegung, die immer mehr an Einfluss gewann. Einige der Gemeinden der Bruderschaft waren nicht militant, aber viele von ihnen predigten Hass und Angst in ihrer extremsten Form. Wenn die Bruderschaft eine geheime Abschussliste führte, so stand ich mit Sicherheit drauf. Die Gründer der Bruderschaft, Steve und Sarah Newlin, waren aus ihrer einträglichsten Kirche in Dallas vertrieben worden, weil ich ihre Pläne durchkreuzt hatte. Seitdem hatte ich ein paar Mordanschläge überlebt, aber es bestand immer die Gefahr, dass die Bruderschaft mich aufspürte und mich aus dem Hinterhalt angriff. Sie hatten mich in Dallas gesehen, sie hatten mich in Jackson gesehen, und früher oder später würden sie herausbekommen, wer ich war und wo ich wohnte.
Es gab wirklich jede Menge, worüber ich mir ernsthaft Sorgen machen musste.
Kapitel 11
Am nächsten Morgen tauchte Tanya bei mir zu Hause auf. Es war Sonntag, ich hatte frei und war ziemlich guter Laune. Immerhin würde Crystal wieder gesund werden, Quinn schien mich zu mögen, und von Eric hatte ich nichts mehr gehört; vielleicht würde er mich nun endlich in Ruhe lassen. Ich versuche immer optimistisch zu sein. Der Lieblingsbibelspruch meiner Großmutter lautete: »Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.« Sie hatte mir erklärt, das würde bedeuten, man solle sich um das Morgen keine Sorgen machen und auch nicht um die Dinge, die man sowieso nicht ändern kann. Nach dieser Philosophie versuchte ich zu leben, auch wenn das an den meisten Tagen ganz schön schwierig war. Heute war es einfach.
Die Vögel zwitscherten und piepsten, die Insekten summten, und in der pollenschweren Luft lag so viel Frieden, dass man ihn glatt für eine weitere Pollenvariante hätte halten können. Ich saß in meinem rosa Bademantel auf der vorderen Veranda, trank Kaffee, hörte eine Talkshow auf Red River Radio und fühlte mich richtig gut, als ein kleiner Dodge Dart meine Auffahrt heraufgetuckert kam. Ich erkannte den Wagen nicht, aber ich erkannte die Fahrerin. Meine friedvolle Stimmung verpuffte in einem Anfall von Misstrauen. Jetzt, da ich wusste, dass die Bruderschaft der Sonne ganz in der Nähe eine neue Gemeinde hatte, machte mich Tanyas Neugier noch argwöhnischer. Es gefiel mir gar nicht, dass sie einfach zu mir nach Hause kam. Die Höflichkeit gebot es, sie nicht gleich wieder wegzuschicken - dafür hatte sie mir keinen Grund gegeben -, doch ich lächelte sie zur Begrüßung nicht an, als ich die Füße auf den Boden stellte und aufstand.
»Guten Morgen, Sookie!«, rief sie, als sie aus dem Auto stieg.
»Tanya«, sagte ich, nur um die Begrüßung nicht gänzlich zu ignorieren.
Auf halbem Weg zur Veranda hielt sie inne. »Äh, ist alles okay?«
Ich sagte kein Wort.
»Ich hätte wohl erst anrufen sollen, hm?« Sie versuchte gewinnend und reumütig zu wirken.
»Wäre besser gewesen. Ich mag keine unangemeldeten Besuche.«
»Entschuldigung, nächstes Mal ruf ich vorher an, versprochen.« Sie setzte den Weg zur Veranda fort und kam bis an die
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