Ball der Vampire
wurde...«
Und plötzlich wusste ich es, wusste alles, was er mir erzählen würde. Ich richtete mich auf der Untersuchungsliege auf und schlug mir, nach Luft ringend, die Hand vor die Brust, weil ich spürte, wie mein Herz zu zerspringen drohte. Und Bill redete immer weiter, obwohl ich wild den Kopf schüttelte.
»Hadley sprach oft von dir und deinem Talent, um die Königin zu beeindrucken und ihr Interesse wachzuhalten. Und die Königin wusste, dass ich aus Bon Temps stamme. Ich habe manche Nacht darüber nachgedacht, ob sie den alten Compton wohl umbringen ließ, um die Sache ein wenig zu beschleunigen. Aber vielleicht ist er wirklich an Altersschwäche gestorben.« Bill sah zu Boden und bemerkte meine linke Hand nicht, die ihm ein deutliches »Stopp« signalisierte.
»Sie befahl mir, an den Ort meines menschlichen Daseins zurückzukehren, mich mit dir anzufreunden und dich, wenn nötig, zu verführen...«
Ich konnte nicht mehr atmen. Ganz egal, wie fest ich die Hand an die Brust drückte, ich konnte nicht verhindern, dass mein Herz zersprang, das Messer immer tiefer in mein Fleisch drang.
»Sie wollte sich dein Talent zunutze machen«, sagte er und wollte noch mehr sagen. Meine Augen standen so voller Tränen, dass ich ihn nicht mehr deutlich sah, den Ausdruck in seinem Gesicht nicht mehr erkennen konnte, und es war mir auch egal. Aber solange er in meiner Nähe war, durfte ich nicht weinen. Das hätte ich mir niemals erlaubt.
»Raus hier«, stieß ich schließlich mühsam hervor. Was immer er sonst noch zu sagen hatte, ich konnte einfach nicht ertragen, dass er den Schmerz, den er mir bereitete, auch noch mit ansehen durfte.
Er versuchte mir direkt in die Augen zu blicken, aber die standen voller Tränen. Was immer er mir zu übermitteln versuchte, es drang nicht zu mir durch. »Bitte, lass mich zu Ende erzählen«, sagte Bill.
»Ich will dich nie wieder sehen, mein ganzes Leben lang nicht«, flüsterte ich. »Niemals.«
Er sagte kein Wort. Seine Lippen bewegten sich, als versuchte er, Worte zu formen. Doch ich schüttelte den Kopf. »Raus«, wiederholte ich mit so erstickter Stimme voller Hass und Seelenqual, dass sie gar nicht mehr wie meine eigene klang. Bill drehte sich um und ging durch den Vorhang hindurch und aus der Notaufnahme hinaus. Eric sah mir nicht ins Gesicht. Gott sei Dank. Flüchtig legte er die Hand auf mein Bein, tätschelte es, und dann ging auch er.
Ich wollte schreien. Ich wollte jemanden mit meinen bloßen Händen umbringen.
Ich musste jetzt allein sein. Ich konnte nicht zulassen, dass irgendjemand mich so leiden sah. Dieser Schmerz war an eine so tiefe Wut gefesselt, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Ich war krank vor Zorn und Schmerz. Der Vampirbiss von Jake Purifoy war nichts gewesen dagegen.
Ich konnte nicht still liegen bleiben. Mit einiger Mühe stieg ich aus dem Bett. Ich war natürlich noch immer barfuß, und seltsam unbeteiligt dachte ich, wie unglaublich schmutzig meine Füße doch waren. Ich taumelte aus dem Untersuchungsbereich heraus, entdeckte die Schwingtüren zum Wartezimmer und hielt darauf zu. Das Gehen war echt ein Problem.
Eine Krankenschwester mit Klemmbrett im Arm eilte auf mich zu. »Miss Stackhouse, in einer Minute kommt ein Arzt zu Ihnen. Es tut mir leid, dass Sie warten mussten...«
Ich drehte mich zu ihr um, und sie wich erschrocken zurück. Ich ging weiter auf die Türen zu, mit unsicheren Schritten, aber mit klarer Absicht. Ich wollte hier raus. Was danach kommen sollte, wusste ich nicht. Ich erreichte die Türen, stieß sie auf und schleppte mich durch das überfüllte Wartezimmer. In dem bunten Gemisch von Patienten und Verwandten, die auf einen Arzt warteten, fiel ich gar nicht weiter auf. Manche waren noch schmutziger und blutiger als ich, manche älter - und wieder andere viel jünger. Mit einer Hand stützte ich mich an der Wand ab und tastete mich vorwärts, auf die Eingangstür der Notaufnahme zu, nach draußen.
Ich schaffte es.
Draußen war es viel ruhiger, und es war warm. Es ging ein Wind, aber nur ein sehr milder. Barfuß und ohne jeden Cent stand ich unter den grellen Lichtern der Tür. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich im Verhältnis zum Apartment befand, und wusste auch nicht, ob ich dahin gehen sollte, aber ich war jedenfalls nicht mehr im Krankenhaus.
Ein Obdachloser kam auf mich zu. »Haste 'n bisschen Kleingeld, Schwester?«, fragte er. »Hab auch grad 'ne Pechsträhne.«
»Sehe ich so aus, als hätte ich irgendwas ?«,
Weitere Kostenlose Bücher