Ball der Vampire
hindurch und entriegelte die Tür. Die Alarmanlage ging nicht los. Ich war mir ziemlich sicher gewesen, dass die Polizei den Code nicht kannte und daher auch nicht aktivieren konnte, als sie nach getaner Arbeit - was immer das gewesen sein mochte - gegangen war.
In der Wohnung herrschte ein wüstes Durcheinander von unserem Kampf mit Jake Purifoy. Da erwartete mich eine neuerliche Putzaktion, morgen früh ... oder wann immer mein Leben weiterging. Im Badezimmer zog ich mir die Kleider aus und sah mir eine Minute lang an, in welchem Zustand sie waren. Dann ging ich über den Flur, öffnete das nächstliegende Fenster und warf die Sachen in hohem Bogen über das Geländer der Galerie. Wenn doch bloß alle Probleme so leicht zu beseitigen wären, dachte ich und hatte gleich ein schlechtes Gewissen, weil ich noch mehr Durcheinander schaffte, das dann irgendein anderer aufräumen musste - immerhin schien meine eigene Persönlichkeit so weit wiederhergestellt zu sein, dass ich dieses Verhalten nicht als das von Sookie Stackhouse akzeptieren konnte. Mein schlechtes Gewissen reichte allerdings nicht so weit, dass ich runtergegangen wäre, um die dreckigen Klamotten wieder einzusammeln. Noch nicht.
Ich schob einen Stuhl unter die Tür mit der zerbrochenen Glasscheibe, tippte die Zahlenkombination, die Amelia mir genannt hatte, in die Alarmanlage und stellte mich unter die Dusche. Das Wasser brannte auf meinen vielen Kratz- und Schnittwunden, und der tiefe Vampirbiss begann wieder zu bluten. Mist. Meine Vampircousine hatte natürlich keine Hausapotheke benötigt. Schließlich fand ich ein paar runde Baumwollpads, die sie wahrscheinlich zum Abschminken benutzt hatte, und in einem der Kleidersäcke fand ich ein lächerlich buntes Halstuch mit Leopardenmuster. Ich drückte die Pads auf die Wunde und zog das Halstuch so fest darum, wie es ging.
Wenigstens waren diese abscheulichen Satinlaken jetzt meine geringste Sorge. Unter Schmerzen streifte ich mir mein Nachthemd über, legte mich ins Bett und betete einfach nur um Bewusstlosigkeit.
Kapitel 16
Als ich aufwachte, war ich ganz zerschlagen und hatte dieses schreckliche Gefühl, dass ich mich jeden Augenblick an einige wirklich schlimme Dinge erinnern würde.
Mein Gefühl trog mich nicht.
Doch die schlimmen Dinge mussten noch warten, denn der Morgen hielt eine Überraschung für mich bereit. Claudine lag neben mir auf dem Bett. Auf einen Ellbogen aufgestützt sah sie mich mitfühlend an. Und Amelia saß am Fußende des Bettes in einem Sessel, das verbundene Bein auf einem Hocker abgelegt. Sie las.
»Was machst du denn hier?«, fragte ich Claudine. Da ich am Abend zuvor schon Eric und Bill getroffen hatte, fragte ich mich, ob mir eigentlich jeder, den ich kannte, überallhin folgte. Vielleicht würde jeden Moment Sam in der Tür stehen.
»Ich habe dir doch gesagt, dass ich dein Schutzengel bin«, erwiderte Claudine. Ich kannte keine Elfe, die fröhlicher und unbekümmerter war als Claudine. Wie ihr Zwillingsbruder Claude war sie wunderschön, vielleicht sogar noch schöner, denn ihr liebenswerter Charakter spiegelte sich in ihren Augen. Nur äußerlich, im Spiel der Farben, glichen sie einander völlig; schwarzes Haar, weiße Haut. Heute trug sie hellblaue Caprihosen und dazu eine farblich abgestimmte, schwarz-blau gemusterte Tunika. Sie sah ätherisch schön aus, jedenfalls soweit man in Caprihosen ätherisch aussehen konnte.
»Das musst du mir erklären, wenn ich aus dem Bad zurück bin«, sagte ich und dachte an all das Wasser, das ich getrunken hatte, als ich gestern Abend endlich einen Wasserhahn erreicht hatte. Nach meiner Wanderung hatte ich enormen Durst gehabt. Anmutig schwang sich Claudine aus dem Bett, und ich versuchte unbeholfen, es ihr gleichzutun.
»Langsam«, riet Amanda mir, als ich zu schnell aufstand.
»Wie geht's deinem Bein?«, fragte ich sie, als die Welt wieder an ihren Platz gerückt war. Claudine hielt mich sicherheitshalber am Arm fest. Es tat gut, Claudine zu sehen, und ich war erstaunlich froh, dass Amelia da war, und sei es humpelnd.
»Tut ziemlich weh«, sagte sie. »Aber im Gegensatz zu Ihnen bin ich im Krankenhaus geblieben und habe die Wunde richtig behandeln lassen.« Sie klappte das Buch zu und legte es auf den kleinen Tisch neben dem Sessel. Sie sah bestimmt besser aus als ich, aber sie war nicht mehr die strahlende, gutgelaunte Hexe, die sie gestern noch gewesen war.
»Nach der Lektion, die uns beiden da gemeinsam
Weitere Kostenlose Bücher