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Ball der Versuchung

Ball der Versuchung

Titel: Ball der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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darunter mindestens vier Vampire in dunklen Anzügen und mit Sonnenbrillen.
    Einer davon war Oliver, er sah gelangweilt aus. Natürlich - Eves Familie hatte unter Brandons Schutz gestanden, und als Brandon gestorben war, verblieben sie unter Olivers Herrschaft, weil er so etwas wie Brandons Boss gewesen war. Olivers Erscheinen hatte weniger mit echten Gefühlen zu tun, sondern eher mit PR-Arbeit.
    Pater Joe ging zur Kanzel und begann, einen Menschen zu preisen den Claire nie kennengelernt hatte und von dem sie bezweifelte, dass Eve ihn erkannte; neben den Daten und Fakten seines Lebens schilderte er einen Charakter, der erheblich besser schien, als alles, was seine Tochter je erwähnt hatte. Die Art und Weise, wie Mrs Rosser nickte und weinte, war oscarreif.
    »Was für ein Haufen Mist«, flüsterte Shane Claire zu. »Ihr Dad hat sie geschlagen, weißt du? Ich meine Eve.«
    Claire warf ihm einen entsetzten Blick zu.
    »Merk dir das«, sagte er abschließend. »Und vergieß keine Tränen. Nicht hierfür.«
    Shane konnte einer der unbarmherzigsten Menschen sein, die sie je kennengelernt hatte, dachte Claire. Nicht dass er unrecht gehabt hätte. Er war nur... hart.
    Aber es half. Die Emotionen, die in der Luft lagen und von Eves Mutter noch intensiviert wurden, spülten über sie hinweg und versicherten, ohne dass sie mehr als ein Brennen in den Augen fühlte. Als Pater Joe seine Trauerrede beendet hatte, begann die Orgel zu spielen und Mrs Rosser war als Erste am Sarg.
    »Oh Gott«, seufzte Eve leise, als sich ihre Mutter dramatisch über das Holz warf und aufschrie. Theatralische Schreie, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen. »Ich glaube, ich gehe besser mal...«
    Michael begleitete sie an den Sarg. Vielleicht lag es an seiner männlichen Aura, an seinem engelhaften Gesicht oder seinem Vampirblut - jedenfalls gelang es ihm, Mrs Rosser wegzulocken und zu ihrer Bank zurückzuführen, wo sie vollends heulend zusammenbrach.
    Eve stand einige Minuten mit durchgedrücktem Rücken und geneigtem Kopf am Sarg, dann ging sie weg.
    Tränen tropften unter ihrem Schleier hervor und fielen auf ihr schwarzes Kleid, aber sie gab keinen Ton von sich.
    Claire ging am Sarg vorbei, warf jedoch nur einen kurzen Blick auf Eves Dad; er sah... unnatürlich aus. Nicht widerwärtig, aber eindeutig nicht am Leben. Sie schauderte und nahm Shanes Arm, dann folgten sie Eve, die wortlos an ihrer Mutter vorbei dem Ausgang zusteuerte.
    Fast wäre Eve mit ihrem Bruder zusammengestoßen.
    Jason war unauffällig hereingeschlüpft. Soweit Claire erkennen konnte, hatte er sich nicht - womöglich noch nie - umgezogen und den ungewaschenen Geruch, den er ausströmte konnte man schon aus einem Meter Entfernung wahrnehmen.
    Außerdem sah er high aus. »Nette Verkleidung, Schwesterchen«, sagte er grinsend.
    Eve starrte ihn an und riss den Schleier von ihrem Gesicht. »Was willst du hier?«
    »Trauern.« Er lachte leise. »Was auch immer.«
    Eve schaute demonstrativ auf die Seite, auf der die Detectives Hess und Lowe saßen. »Ich glaube, du gehst jetzt besser.« Sie hatten ihn noch nicht entdeckt, aber das würden sie sicher gleich. Alles, was es bräuchte, wäre eine erhobene Stimme oder ein Fingerschnipsen von Eve.
    »Er ist auch mein Dad.«
    »Dann erweise ihm ein wenig Respekt«, sagte sie. »Verschwinde.«
    Sie ging an ihm vorbei. Die anderen folgten ihr, auch wenn Shane seine Schritte verlangsamte und Claire ihn erst am Ärmel zupfen musste, damit er weiterging.
    Jason machte eine Na-los-doch -Geste. Shane schüttelte den Kopf. »Das ist den Ärger wirklich nicht wert«, sagte er.
    Und dann waren sie draußen im Vorraum, weg von dem erstickenden Blumenduft und dem unterschwelligen Geruch des Todes und alles, was Claire denken konnte, war: Das verstehen sie also darunter, Abschied zu nehmen?
    Aber Eve sah besser aus, und das war alles, was zählte. »Lasst uns einen Hamburger essen gehen«, sagte sie.
    Es wurden verschiedene Alternativvorschläge gemacht, aber dieser setzte sich durch und Claires Stimmung hob sich, als sie aus der Kirche hinaus und in das abgedunkelte Parkgebäude zu Michaels Auto gingen.
    Sie wurden aufgehalten.
    Michael merkte es zuerst - er blieb wie angewurzelt stehen und drehte sich um sich selbst, als würde er versuchen, ein Geräusch zu lokalisieren, das der Rest von ihnen nicht hören konnte.
    Ein geschmeidiger Schatten löste sich von den Betonsparren über ihnen, landete in der Hocke und grinste sie an.
    Ysandre.

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