Ball der Versuchung
über ihre Wangen lief. Ihr Haar war blond gefärbt und hing unordentlich um ihr Gesicht. Wenn sie für die Rolle der Ophelia in der Hamlet-Aufführung der Stadt vorsprechen würde, dann hätte sie den Job wahrscheinlich in der Tasche, dachte Claire.
Eves Mutter stürzte sich auf Claire und hing schluchzend und wie ein nasses Handtuch an ihrer Schulter, wobei sie Claires weiße Bluse mit Mascara beschmierte. »Danke, dass du gekommen bist!«, heulte sie und Claire tätschelte ihr verlegen den Rücken. »Ich wünschte, du hättest meinen Mann kennengelernt. Er war ein so guter Mensch und hatte so ein schweres Leben...«
Eve stand daneben. Sie sah abwesend aus und so, als wäre ihr ein wenig übel. »Mom. Lass sie. Sie kennt dich nicht einmal.«
Mrs Rosser trat zurück und unterdrückte einen weiteren Schluchzer. »Sei nicht so grausam, Eve, nur weil du deinen Vater nicht geliebt hast... „
Das war so ziemlich das Härteste, was Claire je gehört hatte. Sie wechselte einen gequälten Blick mit Shane.
Michael stellte sich zwischen Mutter und Tochter, was verdammt tapfer von ihm war. Vielleicht lag es am Vampiren. »Mrs Rosser. Das mit ihrem Mann tut mir sehr leid.«
» Danke , Michael, du warst schon immer ein guter Junge. Und danke, dass du dich um Eve gekümmert hast, als sie von zu Hause wegging.«
Mrs Rosser putzte sich die Nase, deshalb bekam sie nicht mit, als Eve in bissigem Tonfall sagte: »Du meinst, als ihr mich auf die Straße gesetzt habt?«
»Schreib uns ein«, sagte Michael zu Claire, dann nahm er Eve am Arm und führte sie in die Kirche. Claire schrieb hastig ihre Namen in das Buch, nickte Mrs Rosser zu - die ihrer Tochter mit einem Gesichtsausdruck hinterhersah. bei dem sich Claire der Magen umdrehte - und packte Shane am Arm, um den beiden zu folgen.
Sie war schon einmal in dieser Kirche gewesen. Sie war schön - nicht besonders ausgefallen, aber still und friedlich. Kreuze waren weit und breit keine zu sehen, aber im Moment stand ohnehin der große schwarze Sarg am Ende des Raumes im Mittelpunkt. Sie war überrascht von den sanften Kurven des Holzes und wie sehr sie der Sarg an das Blutmobil erinnerte.
Claire schauderte und packte Shane noch fester am Arm, als sie neben Michael und Eve auf die Kirchenbank glitten.
Etwa fünfzehn Leute hielten sich im Altarraum auf und von Minute zu Minute wurden es mehr. Einige Männer in Anzügen - vom Bestattungsinstitut, wie Claire annahm - stellten weitere Blumengebinde auf beiden Seiten des Sarges auf.
Irgendwie schien das alles nicht real zu sein. Und das Geräusch von Mrs Rossers anhaltendem Schluchzen und Heulen, mit dem sie jeden eintretenden Trauergast begrüßte, machte alles noch unheimlicher.
Eve schlüpfte aus der Kirchenbank und trat an den Sarg heran. Sie starrte einige lange Augenblicke auf ihn hinunter, beugte sich vor und legte etwas hinein. Dann kam sie zurück und nahm wieder Platz. Sie hatte den Schleier über das Gesicht gezogen, aber obwohl er die Konturen dämpfte, konnte man erkennen, dass ihre Miene darunter starr und hart war.
»Er war ein Hurensohn«. sagte sie, als sie sah, dass Claire sie beobachtete. »Aber trotzdem war er mein Dad.«
Sie lehnte sich an Michaels Schulter und er legte den Arm um sie.
Schließlich betrat Mrs Rosser den Kirchenraum und nahm direkt vor den vieren in der ersten Reihe Platz. Einer der Angestellten des Bestattungsinstituts reichte ihr eine ganze Schachtel Papierraschentücher. Sie zog eine Handvoll heraus und schluchzte weiter.
Dann trat ein großer, gut aussehender Mann in schwarzem Talar mit weißem Chorhemd und roter Stola hinter den Blumengebinden hervor, kniete vor Mrs Rosser nieder und tätschelte ihr die Hand. Der sagenhafte Pater Joe, nahm Claire an. Er schien nett zu sein - ein wenig ernst und jünger, als sie erwartet hatte. Seine goldbraunen Augen schauten forschend hinter einer rechteckigen Brille mit Goldrand hervor, sein Haar war braun. Er hörte sich mit mitfühlender, aber distanzierter Miene Mrs Rossers Ode an ihren Mann an und nickte, wenn sie eine Pause machte. Sein Blick zuckte ein oder zwei Mal zur Uhr und schließlich beugte er sich vor und flüsterte ihr etwas zu. Sie nickte.
In den letzten Minuten waren noch mehr Leute gekommen, sodass die Kirche fast halb voll war. Als Claire sich umdrehte, entdeckte sie vertraute Gesichter: die Detectives Joe Hess und Travis Lowe, die ihr zunickten, als sie hinten in der Kirche ihre Plätze einnahmen. Sie erkannte noch mehr Leute,
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