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Ball der Versuchung

Ball der Versuchung

Titel: Ball der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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weißt du? Myrnin. Und das war er schon, solange ich ihn kenne, auch wenn es in letzter Zeit sicherlich noch schlimmer geworden ist.« Oliver bekam einen versonnenen Blick. »Er liebte die Jagd so sehr, aber danach war er immer eine pathetische Heulsuse. Es überrascht mich nicht, dass er seine eigene Schwäche auf irgendeine... mythische Krankheit schieben möchte. Manche Menschen sind für dieses Leben einfach nicht gemacht.«
    Von allen Dingen, die Claire erwartet hätte, erwischte sie das hier völlig unvorbereitet. »Sie glauben also nicht, dass es diese Krankheit gibt?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Nur weil Myrnin und ein paar andere … gestört sind, heißt das noch lange nicht, dass wir alle untergehen.«
    »Aber … Sie können sich nicht, ähm... „
    »Fortpflanzen?«, sagte Oliver völlig emotionslos. »Vielleicht wollen wir das gar nicht.«
    »Sie haben versucht, Michael in einen Vampir zu verwandeln.« Oh, das hätte sie jetzt nicht sagen dürfen, echt nicht; Oliver verzog das Gesicht und sie sah seinen Schädel unter dieser glatten bleichen Haut. In seinen Augen flackerte es rot auf. »Das behauptet Michael.«
    »Das sagt Amelie. Sie wollten... Sie wollten ihre eigene Hausmacht. Ihre eigenen Gefolgsleute. Aber Sie haben es nicht geschafft. Das hat Sie überrascht, nicht wahr? Denn mit einem Mal … gelingt es Ihnen nicht.«
    »Kind«, sagte Oliver, »du solltest sorgfältig darüber nachdenken, was du als Nächstes zu mir sagst. Sehr, sehr sorgfältig.«
    Er starrte sie wieder lange Zeit schweigend an und dieses Mal schaute Claire weg. Sie zupfte unsichtbare Flusen von ihrem Rucksack. »Ich sollte jetzt arbeiten«, sagte sie. »Und Sie sollten ohne Amelies Wissen überhaupt nicht hier sein.«
    »Woher willst du wissen, dass sie es nicht weiß?«
    »Es wäre noch jemand anderes hier und würde Sie beobachten, wenn Sie davon wüsste«, bemerkte Claire und erntete dafür ein kleines, kaltes Lächeln.
    »Kluges Mädchen. Na schön. Befiehlst du mir jetzt zu verschwinden?«
    Ich glaube nicht, dass ich Ihnen irgendetwas befehlen kann, Oliver, aber wenn Sie möchten, dass ich Amelie anrufe...« Sie holte ihr Handy heraus, klappte es auf und scrollte durch das Adressbuch.
    Oliver dachte darüber nach, sie umzubringen. Sie sah diesen Gedanken wie ein Wetterleuchten über sein Gesicht huschen und hätte die Nummer fast aus purem Reflex gewählt.
    Dann war es vorüber und er lächelte, stand auf und nickte ihr zu. »Nicht notwendig, die Gründerin mit solchen Lappalien zu belästigen«, sagte er. »Ich gehe. Ich würde es ohnehin nicht vertragen, jetzt noch mehr von diesem haarsträubenden Unsinn zu lesen.«
    Er ließ die Zeitschrift auf einen Haufen Magazine fallen, die neben dem Sessel verstreut lagen, und ging mit müheloser Eleganz um die Bücherstapel und die nicht zusammenpassenden Möbel herum. Er schien sich nicht schnell zu bewegen, aber bevor sie blinzeln konnte, war er weg, nur noch ein Schatten auf der Treppe.
    Claire atmete zitternd aus, nahm die Betäubungspistole aus dem Rucksack und ging zu Myrnin.
    ***
    »Ausgezeichnet«, sagte Myrnin und starrte auf seine Hände hinunter. Er ballte sie zu Fäusten, drehte sie um und streckte die Finger wieder aus »Ich habe mich schon seit..., na ja seit Jahren nicht mehr so gut gefühlt. Meine Hände waren taub - wusstest du das eigentlich?«
    Das war ein Symptom, das Myrnin vergessen hatte zu erwähnen. Deshalb notierte Claire es in ihrem Notizbuch. Die Countdown-Uhr, die sie als Ergänzung für das Labor im Internet bestellt hatte, hängte sie an die Wand. Die roten, flimmernden Zahlen erinnerten sie beide daran, dass Myrnin nach der Behandlung mit der derzeitigen Rezeptur maximal fünf Stunden der Klarheit blieben.
    Myrnin folgte ihrem Blick zur Uhr und die oberflächliche Nervosität verschwand aus seinem Gesicht. Er sah noch immer wie ein junger Mann aus, wenn man von den Augen absah. Wenn man darüber nachdachte, war es unheimlich, dass er schon Generationen, bevor sie überhaupt geboren wurde, so ausgesehen hatte, und auch noch lange, nachdem sie tot und begraben sein würde, so aussehen würde. Er liebte die Jagd so sehr, hatte Oliver gesagt. Eigentlich gab es für Vampire nur eine Art der Jagd. Die Jagd auf Menschen.
    Er lächelte sie an und in erster Linie war es dieses Lächeln, das sie für ihn eingenommen hatte - ein nettes, sanftes Lächeln, das sie dazu einlud, ein herrliches Geheimnis mit ihm zu teilen. »Dank für die Uhr, Claire. Das ist

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