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Balla Balla

Balla Balla

Titel: Balla Balla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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ein wenig und dachte nach. »Was wollte dieser Drecksack überhaupt hier?«, fragte er dann.
    »Nichts«, sagte Plotek, was so natürlich nicht ganz stimmte. Und dachte, was willst du überhaupt hier?
    Wenny schien auch darüber nachdenken zu wollen und machte wieder eine lange Pause, in der er sich abermals über das Haar strich und gotterbärmlich schniefte.
    »Wie geht’s dir?«, fragte er schließlich und machte eine Miene, als wäre er in Wahrheit nicht weiter interessiert.
    »Geht so«, antwortete Plotek ähnlich desinteressiert und sah auf das kleine Staubhäufchen, das sich auf seinem Plumeau gebildet hatte.
    »Und selbst?«
    »Hm, nicht so«, erwiderte Wenny und vermittelte dabei den Eindruck, als wollte er sich gleich neben Plotek ins Bett legen. Wenny druckste noch ein wenig herum und rückte dann endlich mit der Sprache heraus.
    »Kann ich offen sprechen?«, fragte er und sah mit einem Seitenblick zu Piotr, der die Schachfiguren auf das Brett stellte. Plotek nickte und dachte, einem russischen Schachgroßmeister mit einem scharfen Revolver und noch schärferem Wodka im Nachtkasten braucht man nichts zu verheimlichen. Der weiß ohnehin alles.
    »Du bist doch der Einzige, auf den ich mich noch verlassen kann«, sagte Wenny vertrauensselig und ein wenig leiser noch als zuvor. Plotek zuckte mit den Schultern und dachte, was wird das, wenn es fertig ist.
    »Das mit Ivo und Jo ist nicht mit rechten Dingen zugegangen«, sagte Wenny jetzt noch leiser. Seine Stimme klang brüchig. Klar, dachte Plotek, Mord geht nie mit rechten Dingen zu.
    »Ich habe da so meine Vermutungen«, fügte Wenny hinzu und hielt sich noch immer bedeckt.
    Dann geh zur Polizei, dachte Plotek, oder beauftrage einen Detektiv oder setz dich mit Arno ins Benehmen, den scheint nämlich Ähnliches umzutreiben. Aber lass mich damit in Ruhe.
    »Und einen Verdacht habe ich auch. Ich möchte natürlich niemanden reinreiten und denunzieren. Ich brauche Beweise, verstehst du?«
    Mit kindlicher Offenheit sah er Plotek an. »Und da dachte ich, vielleicht könntest du mir helfen und ...«
    Der spinnt doch, dachte Plotek, ich war mal Schauspieler, ja, bin jetzt krank, habe ein Schädel-Hirn-Trauma, einen Rippenbruch und leide darüber hinaus seit neuestem höchstwahrscheinlich unter einer Zwangsneurose, genauer unter einer pathologischen Detailversessenheit – wie kann ich da Aufgaben übernehmen, die mich schon gedanklich überfordern?
    »Du warst früher immer kollegial und integer«, sagte Wenny und versuchte, mit alten Geschichten zu hausieren. »Und das hat sich doch bestimmt nicht verändert.«
    Woher will der das denn wissen, dachte Plotek und fing an, eine innere Abwehr zu entwickeln.
    »Bitte, hilf mir«, flehte Wenny und griff nach Ploteks Hand, die zu waschen Plotek augenblicklich den Impuls verspürte.
    Wie stellst du dir das vor, wollte Plotek sagen. Wenny aber ließ ihn erst gar nicht zu Wort kommen. Er drückte weiterhin Ploteks Hand, als wäre sie ein Stoffelefant, und wurde immer rührseliger und flehentlicher.
    »Ich fühle mich bedroht«, schluchzte er und wischte sich über sein verschwitztes Gesicht.
    »Von wem?«
    »Keine Ahnung. Ich bekomme seit Tagen nächtliche Anrufe und hier, schau ...«
    Er zog einen zerknitterten Zettel aus der Tasche und hielt ihn Plotek unter die Nase.
    »Der steckte an meiner Windschutzscheibe«, sagte Wenny und schniefte wieder.
    »Der nächste bist du!«, las Plotek halblaut, während Wenny jetzt tatsächlich still vor sich hin weinte. Plotek hatte so seine Probleme mit weinenden Menschen. Schon immer. Weinende Frauen konnte er nicht ausstehen, weinende Männer noch weniger. Und weinende Männer mit langen Haaren waren für ihn unerträglich. Da spürte er eine physische Abneigung. Die Härchen auf seinen Unterarmen stellten sich auf und eine Gänsehaut überzog seinen Körper großflächig. Er durfte der Sentimentalität jetzt keinen Platz einräumen, sonst würde Wenny alle Hemmungen verlieren. Er musste einfach ganz emotionslos weiterfragen. Das half manchmal.
    »Warum?«, fragte Plotek so nüchtern wie ein Fallmanager von der Arbeitsagentur und befreite seine Hand aus Wennys Umklammerung.
    »Weiß nicht«, schluchzte Wenny wieder, »irgendwie hat das wohl mit Jo und Ivo zu tun, vielleicht auch mit Benny.«
    »Gehen Sie doch zur Polizei«, sagte Piotr vom anderen Bett, schon ein wenig ungeduldig.
    Wenny lachte jetzt in einer Mischung aus Verzweiflung und Galgenhumor. »So lange du nicht mit einem

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