Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Balla Balla

Balla Balla

Titel: Balla Balla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
Vom Netzwerk:
Messer im Bauch auf der Couch liegst, tun die nichts für dich.«
    Verständnisvolles Nicken von Piotr und solidarisches Nicken von Plotek.
    »Kann ich mich auf dich verlassen?«, fragte Wenny nach einer längeren Pause.
    »Hm«, machte Plotek und wusste nicht, wie das aussehen sollte.
    »Danke.«
    »Können wir?«, fragte nun Piotr und zeigte auf die Schachfiguren.
    »Bis bald«, sagte Wenny, stand auf und ging zur Tür. Bevor er hinausging, warf er Plotek noch einen Blick zu.
    »Mmh«, machte Plotek und dachte dabei an den Kaiser, der wo auch mal Weltmeister wurde und behauptet hatte: »Es gibt nur eine Möglichkeit: Sieg, Unentschieden oder Niederlage.«
    Plotek nickte und strich die Falten von der Bettdecke. »Weiß beginnt!«, sagte Piotr und Plotek dachte, klar, wie immer und dann verliere ich wieder – wie immer.

8

    »Schieß doch, schieß«, schrie Rainer von Plorre, der Starreporter und Phrasenmäher aus dem Fernseher.
    Und sie schossen. Und Plotek stand an der Torwand, nackt und gefesselt an Armen und Beinen, festgenagelt wie Jesus am Kreuz. Seine Knie schlotterten, die Zähne klapperten und in den Augen hockte die Angst.
    »Es wird einen Sieger geben und zwar einen endgültigen«, hörte er Rainer von Plorre martialisch krächzen und dann sah er Matthäus und Brehme, die noch entschlossener auf die Torwand ballerten. Bloß gut, dass beide so schlecht trafen. Mit den Bällen, den neuen WM-Bällen, die für ein paar Cent von kleinen asiatischen Kinderfingern zusammengeflickt wurden, damit die großen Pranken der deutschen Sportmittelhersteller sich die Hosentaschen besonders vollschaufeln konnten. Als hätten die beiden ruhmvollen ehemaligen Nationalspieler die grüblerischen Gedanken gehört, ließen sie die Bälle plötzlich liegen und nahmen fein geschliffene scharfe Solinger Küchenmesser zur Hand, die sie mit voller Wucht auf die Torwand schleuderten. Aber vergiss es. Auch die trafen nicht. Zumindest nicht Plotek. Versager, hätte jetzt Plotek denken können, wenn er gedacht hätte. Aber plötzlich ging das Denken nicht mehr. Seltsam – ob das mit der pathologischen Detailversessenheit zu tun hatte? Keine Ahnung. Vielleicht lag es aber auch einfach an der Angst, jeder Atemzug könnte der letzte sein. Aber dem war keineswegs so. Als die beiden Sportler zu kleinen, bestens in der Hand liegenden Schusswaffen wechselten und kleine Löcher in Plotek hineinschossen, atmete er wider Erwarten einfach weiter. Er war von vorwitzigen hässlichen Löchern übersät, aus denen eine braune, dünne Flüssigkeit sickerte, die nach Dosensuppe roch. Der ganze Plotek war perforiert wie eine Mückenklatsche, ein Nudelsieb und tropfte, als wäre er von Kopf bis Fuß komplett inkontinent.
    »Das ist ja ekelhaft«, schrien die beiden ehemaligen Nationalkicker und ließen endlich von ihm ab.
    »Das ist ja ekelhaft«, schrie auch Rainer von Plorre, »das hat ein Nachspiel.«
    »Nein!«, schrie Plotek, »nein, bitte nicht, nein, kein Nachspiel!« Er schlug vor Entsetzen die Augen auf und war natürlich erleichtert, dass er nur geträumt hatte. Allerdings war einer der beiden Spieler, die wo Weltmeister waren, tatsächlich in seinem Zimmer, zwar nicht leibhaftig, aber immerhin sichtbar. Aus dem Fernseher an der Decke sah er zu Plotek herab und sagte: »Das ist natürlich bedauerlich, aber das gab es schon immer im Fußball und wird es immer geben. Wo gehobelt wird, da sinken Späne.«
    Fallen, dachte Plotek, wenn schon, dann fallen Späne. Und der ehemalige Nationalspieler fuhr fort: »Das sind natürlich Fouls, wo wir auch als Spieler nicht gerne sehen.«
    Was Plotek jetzt sah, war eindeutig eine illustre Diskussionsrunde im Deutschen Sportfernsehen. Neben dem ehemaligen Nationalspieler saßen im Halbrund Arno Brunner, eingeladen als Spielervermittler, daneben der Dosensuppenhersteller Gerhard-Frank Stadelmaier als Sponsor und Förderer junger Fußballtalente, je ein aktiver und ein aus den Diensten entlassener Trainer, ein Manager und zuletzt der Starreporter Rainer von Plorre, der jetzt bedächtig in die Runde fragte: »Sind da vielleicht Kräfte am Werk, die mit Fußball wenig zu tun haben?«
    Betretenes Schweigen in der Runde, während Plotek dachte, wo ist eigentlich Piotr. Das Bett neben ihm war auf jeden Fall leer. Vielleicht pissen oder Wodka-Nachschub holen, überlegte er.
    »Na ja, die Fans fragen sich natürlich, muss das sein«, fuhr Rainer von Plorre fort.
    Und Plotek fragte sich, was? Was muss sein?

Weitere Kostenlose Bücher