Ballade der Liebe
neigte den Kopf zur Seite. „Sagten Sie nicht, ein beharrliches vorsichtiges Werben sei angebracht, solange die Kleine sich ziert?“ Er machte ein nachdenkliches Gesicht. „Wenn Ayrton sie auf der Bühne singen lässt, wird sie zugänglicher, nehme ich an. Wann, denken Sie, wird das sein?“
„Ich glaube, er will sie in zwei Wochen im Chor einsetzen“, erklärte Flynn.
Ayrton hatte sich von Roses Talent beeindruckt gezeigt, Flynn allerdings auch anvertraut, dass ihr Stimmumfang für eine größere Rolle nicht ausreiche. Obgleich sie eine rasche Auffassungsgabe hatte, würde es eine Weile dauern, bis ihre Stimme ausgebildet war. Nach Flynns Meinung eignete Roses Stimme sich sehr gut für Konzerte in Vauxhall, wo sie Lieder sang, die das einfache Volk verstand. Auch in einem kleineren Theater hätte sie gewiss Erfolg.
„Nun, was meinen Sie?“
Flynn räusperte sich. „Verzeihung, Sir. Ich habe nicht zugehört.“
Tanner trat an die Anrichte und goss Brandy in ein Glas, das er Flynn unter die Nase hielt. „Trinken Sie. Das hilft gegen Kater.“
Schon der Geruch verursachte ihm Übelkeit, dennoch setzte er gehorsam das Glas an, leerte es in einem Zug und schüttelte sich angewidert.
Der Marquess machte es sich in einem Stuhl bequem. „Ich sehe schon, ich muss meine Bemühungen verstärken und mir einen Plan zurechtlegen.“
Soweit Flynn beurteilen konnte, hatten sich seine Bemühungen um Rose bislang in Grenzen gehalten, abgesehen von der Tatsache, dass es ihm gelungen war, Greythorne zu entlocken, dass er sie zum Dinner ausführen wollte, wobei Flynn sich fragte, wie er das angestellt haben mochte. Er hatte im Scherz zwar ein gewonnenes Duell erwähnt, doch das war gewiss Unsinn, auch wenn er mit einer blutenden Wunde im Gesicht nach Hause gekommen war.
Würde Tanner sich tatsächlich größeren Anstrengungen unterziehen, wäre Flynn von einer drückenden Last befreit. Aber es lag an ihm, dem Vermittler, die Vorarbeit zu leisten, und Tanner würde die Früchte seiner Bemühungen ernten.
„Hier ist mein Plan.“ Tanner schenkte sich etwa die Hälfte der Menge Brandy ein, die er Flynn als Medizin verabreicht hatte. „Schluss mit Gesangsstunden und ähnlichem Firlefanz. Wir machen dem Vater ein großzügiges Angebot, eine stattliche Geldsumme für ihn und die Frau, mit der er zusammenlebt. Vielleicht eine Apanage und eine Wohnung …“
„Für den Vater?“ Das erschien Flynn unnötig großzügig.
Erstaunt sah Tanner ihn an. „Na ja, Sie sagten doch, dieses Frauenzimmer sei habgierig. Wenn sie genug Geld bekommt, hält sie den Mund und lässt Miss O’Keefe in Ruhe. Selbstredend bieten Sie der schönen Rose gleichfalls finanzielle Zuwendungen an und ein hübsches Haus, wenn möglich in der Nähe von St. James. Wichtig ist, dass wir Greythorne ausstechen.“
Flynns Kopfschmerzen ließen allmählich nach. „All diese Bedingungen wollen Sie erfüllen, ohne sich ihrer Gunst sicher zu sein?“
Tanner machte eine unwirsche Handbewegung. „Dankbarkeit ist ein wirksames Aphrodisiakum.“
Dem stimmte Flynn im Stillen zu. Roses Dankbarkeit hatte dazu geführt, dass er sich um Haaresbreite zu einer unverzeihlichen Unbesonnenheit hatte hinreißen lassen.
„Sie wollen Miss O’Keefe ein Haus kaufen, ihrem Vater und seiner Gefährtin eine Wohnung und monatlichen Unterhalt zahlen, ohne jede Garantie?“
Tanner grinste. „Klingt verrückt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Es ist ein Spiel. Jede Wette ist mit einem Risiko verbunden. Wir müssen es darauf ankommen lassen. Wir wollen Greythorne doch nicht den Sieg überlassen, wie?“
In diesem Punkt war Flynn völlig seiner Meinung.
An diesem Abend streifte Lord Greythorne durch den Vergnügungspark, wich allerdings vorsichtig den Pfützen aus, peinlich darauf bedacht, seine glänzend polierten Stiefel nicht zu beschmutzen. Er verabscheute es, auf durchweichten Kieswegen stapfen zu müssen, aber Tanner hatte ihn maßlos erzürnt, und er brauchte dringend Abkühlung.
Verfluchter Tannerton. Nicht genug, dass er ihn auf höchst unfeine Art zum Fechtduell gefordert hatte, der Gipfel der Frechheit war, dass er sich durch schäbige Hinterlist den Sieg ergattert hatte. Fechten war eine elegante Sportart, ein gefährlicher Tanz mit der Gewalt, voller Rhythmus und Anmut. Nicht dieses plumpe, verbissene Hin und Her, dieses Herumfuchteln mit der Klinge, wie Tannerton es praktiziert hatte. Und dann hatte er ihm auch noch seine maßgeschneiderte Hose aufgeschlitzt
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