Ballade der Liebe
– allein das würde Greythorne ihm nie verzeihen.
Mit finsterer Miene starrte er auf den Weg, der vor ihm lag. Tannerton hatte einen kleinen Sieg errungen, aber er selbst würde den Hauptgewinn einstecken – er hatte große Pläne mit Miss Rose O’Keefe, Pläne, in denen sein Rivale keinen Platz hatte.
Er rieb sich die Hände, die in weichen Seidenhandschuhen steckten und seine Finger wie eine zweite Haut umspannten. Verstohlen musterte er die Frauen, denen er begegnete, und stellte sich vor, wie seine Finger einen schlanken weißen Hals umspannten und zudrückten.
Erregung und Begierde wuchsen. Er setzte seine Suche eifriger fort. Rose O’Keefe musste noch warten. In dieser Nacht hoffte Greythorne, eine andere Blume zu pflücken. Eine Blume, die beinahe jede Nacht im Vergnügungspark anzutreffen war. Er hatte sie beobachtet. Und heute Nacht würde er sie nehmen.
Greythorne ließ den Blick durch die Menge schweifen, in der Gewissheit, sie mühelos zu entdecken. Er machte noch eine Runde durch den Park und begegnete einigen Damen und Herren aus seinem Bekanntenkreis, mit denen er höfliche Belanglosigkeiten austauschte. Niemand wusste, dass er eine Maske in seiner Tasche trug, niemand ahnte, welch verbotenen Vergnügungen er sich bald hingeben würde.
Im Augenblick allerdings dämpften irritierte Zweifel seine prickelnde Vorfreude. Wenn er das Mädchen nicht fand, was dann?
Da drang helles Lachen an sein Ohr, und er versteckte sich hinter einem Säulentempel, um zu sehen, wer vorüberging.
Sie war es! Wieder hing sie am Arm dieses vertrottelten Sir Reginald. Ihr flammend rotes Haar wallte ihr über die Schultern, mit aufreizendem Hüftschwung tänzelte sie den Weg entlang. Greythorne trat tiefer in den Schatten und stülpte sich die schwarze Stoffmaske übers Gesicht. Dann folgte er dem ungleichen Paar unauffällig und gemächlich. Er wusste, seine Chance würde kommen.
Und sie kam. Sir Reginald entfernte sich von der Rothaarigen, um einen Herrn zu begrüßen, und Greythorne sprach sie an.
„Hat man Sie allein gelassen, Miss?“
Sie wandte sich ihm zu, musterte ihn von Kopf bis Fuß, für seinen Geschmack allzu dreist und freimütig. „Ich bleibe nie lang allein, Sir. Suchen Sie Gesellschaft?“
Er verneigte sich.„Es wäre mir ein großes Vergnügen, Sie zu begleiten, Miss.“
Ausgelassen warf sie den Kopf in den Nacken. „Nennen Sie mich Katy.“
„Katy“, murmelte er und blickte ihr tief in die Augen. Sie lächelte kokett.
Schnell flog sein Blick in Sir Reginalds Richtung. „Stört der Herr in Ihrer Begleitung sich nicht daran, wenn ich Sie anspreche?“
„Sir Reggie?“ Sie machte ein amüsiertes Gesicht. „Um den brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.“
Er nahm sie beim Arm und entfernte sich mit ihr ein paar Schritte von ihrem bisherigen Begleiter. „Ich gestehe, ich sehne mich nach mehr als nur nach netter Plauderei, meine liebe Katy.“
„Tatsächlich, Sir?“ Sie klimperte mit den Wimpern. „Ich wünsche mir auch etwas mehr als Plauderei, allerdings steht mir der Sinn nach einem wohlhabenden Kavalier.“
Er nahm ihre Hand, führte sie in die Innenseite seines Gehrocks und ließ sie seinen prall gefüllten Münzbeutel fühlen.
Ihre Augen blitzten zufrieden. „Wollen wir gehen, Sir?“
Sie hakte sich bei ihm unter, und er führte sie durch den Arkadengang. „Ich schlage vor, wir vergnügen uns nicht in einer zugigen Laube am Dark Walk. Ich besitze ein großes Haus, einen vorzüglichen Weinkeller und ein behagliches Boudoir, wo wir uns die ganze Nacht amüsieren können. Ich biete Ihnen Anregungen, die Sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorgestellt haben.“
Ihr gurrendes Lachen hatte er nicht vergessen, seit er ihr zum ersten Mal begegnet war. Er legte seine behandschuhten Finger an ihre Wangen und presste einen feuchten Kuss auf ihre vollen, verführerischen Lippen.
„Mein Wagen wartet.“
Am Sonntagmorgen kleidete Rose sich zum Kirchgang an und ließ Lettys höhnisches Gespött über ihre Scheinheiligkeit ungerührt über sich ergehen. Sie musste ins Freie, wollte frische Luft schnappen. Sie brauchte Ablenkung, damit sie nicht ständig an Flynn dachte.
Den ganzen gestrigen Tag und die vergangene Nacht konnte sie an nichts anderes denken als an ihn. Sie sehnte sich nach ihm. Sie brauchte ihn. Sie brauchte das, was Miss Hart mit Sloane gefunden hatte.
Liebe.
Aber durch die Liebe wäre Roses Schicksal besiegelt. Würde sie die Liebe zulassen, wäre das
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