Ballade der Liebe
Himbeermarmelade für Katy und sich, während Madame Bisou Tee einschenkte.
„Was ist passiert?“, fragte Rose und setzte sich.
„Der Kerl sprach mich im Park an. Er machte einen anständigen Eindruck, elegant gekleidet und so“, berichtete Katy. „Also bin ich mit ihm gegangen.“
Madame Bisou verschränkte die Arme vor der Brust, wodurch ihr mächtiger Busen gefährlich aus dem Mieder quoll. „Obwohl ich dich gewarnt habe. Genau wie ich sagte, er war einer dieser Männer …“
„Die Spaß daran haben, Frauen zu quälen“, beendete Rose den Satz, die sich an Madame Bisous Warnung vor wenigen Tagen erinnerte, und legte tröstend ihre Hand auf die der Freundin. „Ein unerträglicher Gedanke, dass ein solcher Verbrecher frei herumläuft. Hat er dich ausgepeitscht?“
„Ja. Aber ich konnte mich von den Fesseln befreien und packte ihn an der Stelle, wo es am meisten wehtut.“ Katy lächelte tapfer und fasste sich allmählich wieder. „Er stürzte nach vorn auf die Knie, ich raffte meine Kleider zusammen und rannte um mein Leben. Es war mir völlig einerlei, dass ich nackt war. Zum Glück war es noch dunkel und die Straßen menschenleer. In einer schmalen Gasse zog ich mich an und lief nach Hause. Wie du siehst, habe ich es überstanden.“
„Meine arme Katy!“ Rose drückte ihre Hand.
Die Freundin entzog sie ihr. „Die Striemen heilen bald. Ich glaube nicht, dass viele Narben bleiben.“
„Wo hat er dich denn ausgepeitscht?“, fragte Rose.
Katy senkte den Blick auf ihren Marmeladentoast. „Er brachte mich in ein Haus und sagte, er wolle mir seinen Weinkeller zeigen.“
„Ich meinte eigentlich, an welchen Körperstellen er dich gepeitscht hat.“
„Ach so!“ Katy schüttelte den Kopf über das Missverständnis. „Vorwiegend auf den Bauch. Er versuchte, meine Scham zu treffen.“
Rose stand auf und umarmte Katy sehr vorsichtig. „Es tut mir schrecklich leid, dass dir das passiert ist.“
„Mir wird ganz übel bei dem Gedanken“, bemerkte Madame voller Abscheu.
Katy blinzelte heftig. „Es ist vorbei, und ich habe es überstanden. Wir wollen nicht mehr darüber sprechen.“ Spielerisch knuffte sie Rose in die Seite. „Nun erzähle du mir. Hast du den Marquess endlich erhört? Willst du uns die Neuigkeiten mitteilen?“
Rose spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. „Noch nicht.“
Verständnislos schaute Katy sie an. „Benimmst du dich ihm gegenüber immer noch stocksteif wie ein Holzklotz?“
„Sie ist nur schüchtern“, erklärte Madame. „Und vergiss nicht, was ich euch eingeschärft habe, Katy. Tu so, als interessiere dich der Mann nicht, und er holt dir die Sterne vom Himmel.“ Sie wandte sich an Rose. „Was hat Tanner dir geschenkt? Schmuck? Hat er dir schon ein Haus angeboten? Der Marquess ist ein ausgesprochen großzügiger Liebhaber. Mit diesem Gönner hast du wirklich großes Glück.“
Rose konnte sie kaum ansehen. „Er hat mir Gesangsstunden ermöglicht. Und wenn ich gut bin, darf ich vielleicht im King’s Theatre auftreten.“
„Gesangsstunden!“ Katy schnaubte verächtlich.
„Höchst merkwürdig“, meinte Madame Bisou sinnend.
„Er hat mir auch einen Ring geschenkt, und ich … ich vermute, es folgen weitere Geschenke.“ Rose legte eine Pause ein. „Aber ich fürchte, mein Vater gibt diesem anderen Mann den Vorzug. Diesem Lord Greythorne.“
„Um Himmels willen! Rate ihm bloß davon ab“, sagte Madame Bisou entsetzt. „Greythorne hat einen schlechten Charakter. Er gehört zu dieser Sorte Männer, die Frauen gerne leiden sehen. In meinem Haus hat er jedenfalls keinen Zutritt.“
Rose bekam große Augen.
Madame Bisou erhob sich. „Ich muss gehen. Nimm Tanner, ma petite. Etwas Besseres kann dir nicht passieren. Er ist ausgesprochen großzügig. Alle Mädchen, die ich kenne, haben von ihrer Beziehung zu ihm profitiert.“ Sie tätschelte Katys Wange. „Und für dich suchen wir auch einen wohlhabenden Gönner. Vauxhall ist nicht der richtige Ort für dich. Von jetzt an gehst du nur noch in Begleitung eines Herrn hin, dem ich vertraue. Gewiss nicht mit Sir Reginald. Er hat jämmerlich versagt. Du verbringst deine Abende im Spielsalon. Die Herren, die dort verkehren, kenne ich und lege meine Hand für sie ins Feuer.“
Katy lächelte verschmitzt. „Und den Gewinner behalte ich im Auge, genau das werde ich tun.“
Sobald Madame Bisou sich zurückgezogen hatte, wandte Katy sich an Rose. „Der Mann trug eine Maske, aber ich habe ihn
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