Ballard, James G.
Einige schienen Sauls
Beschwerde zu unterstützen, denn sie nickten zustimmend, aber andere
schüttelten zweifelnd den Kopf und sahen mehrmals unsicher zu Jonas hinüber,
dessen geistige Überlegenheit sie anzuerkennen schienen.
»Saul!« warf der hagere Captain
schließlich ein, nachdem er lange mit schlecht verhehlter Ungeduld zugehört
hatte. Ransom fiel auf, daß er seine großen schmalen Hände wie ein Schauspieler
gebrauchte. Er sah die Brücke offenbar als Bühne an, auf der er endlich eine
Hauptrolle spielen konnte. »Saul, wir weisen niemand ab. Alle brauchen jetzt
unsere Hilfe. Denk daran, daß es dort draußen nichts anderes mehr gibt.«
»Aber, Jonas ...«
»Saul!«
Der blonde Bootsmann gab auf und
nickte wortlos. Als die Männer über die Gangway von Bord gingen, sah er Jonas
noch einmal vorwurfsvoll an, folgte dann aber schweigend seinen Leuten.
Jonas starrte den schwarzen Gestalten
nach, die im Halbdunkel zwischen den Lagerhäusern untertauchten. Dann ging er
auf der Brücke des Wracks auf und ab, blieb wieder stehen und sah zu den
Rauchschwaden über der Stadt auf.
Neben Ransom stöhnte der alte
Landstreicher auf seiner Matratze und betastete eine blutende Platzwunde am
Hinterkopf. Von Zeit zu Zeit schien er bei Bewußtsein zu sein, versank dann
aber wieder in einen Dämmerzustand und starrte mit wilden, traurigen Augen zum
Himmel hinauf.
Ransom erhob sich und tastete sich
durch den Laderaum. Jonas erschien über ihm und winkte ihn näher heran. Der
Captain lächelte Ransom zu, als habe er nur darauf gewartet, daß sein
Gefangener erwachte. Er rief den Posten heran und ließ ihn eine Leiter in den
Laderaum stellen.
Ransom kletterte mühsam bis fast zum
Geländer hinauf. Dann beugte Jonas sich vor und faßte ihn unter den Achseln. Er
zog Ransom zu sich an Deck und drückte ihn dort in eine sitzende Stellung.
Ransom zeigte nach unten auf den
Landstreicher. »Er ist verletzt. Können Sie ihn heraufholen lassen? Ich bin
Arzt und möchte ihn versorgen.«
»Selbstverständlich.« Jonas gab dem
Posten einen Wink. »Du kletterst hinunter und hebst ihn hoch, bis ich ihn zu
fassen bekomme.« Er hielt die Leiter fest und sagte dabei zu Ransom: »Sie sind
also Arzt? Ausgezeichnet. Sie kommen mit uns, denn wir brauchen jeden auf
unserer Suche.«
Ransom lehnte sich gegen die Reling
und spürte, daß sein Kopf allmählich klarer wurde. »Welche Suche meinen Sie?
Wonach wollen Sie suchen?«
»Nach einem neuen Fluß.« Jonas machte
eine unbestimmte Handbewegung, die den ganzen Horizont umfaßte. »Irgendwo dort
draußen. Mein Bootsmann sagt den anderen, sie sollen über mich lachen, aber ich
habe ihn gesehen!« Er schien seine Prahlerei fast selbst zu glauben.
Von der Straße her ertönten wieder
viele rasche Schritte. Ransom hörte sie näherkommen. Er wartete ungeduldig,
während der Posten mit einem Netz über der Schulter in den Laderaum stieg.
Innerhalb der nächsten Minute war jede Chance zur Flucht vorbei. Drei Meter vor
ihm lag die Gangway.
Neben dem Lagerhaus begann eine
schmale Gasse, die auf die Hauptstraße führen mußte.
Jonas lehnte sich über das Geländer,
wobei sein Körper wie ein Taschenmesser abknickte. Der Landstreicher war in das
Netz eingehüllt, und Jonas streckte seine langen Arme aus und hob ihn zu sich
herauf, als sei er ein Fischer, der einen gewaltigen Fang an Land zog.
Ransom stand auf, als wolle er ihm
dabei helfen, drehte sich jedoch rasch um und rannte auf die Gangway zu. Als
die Bretter unter seinen Füßen schwankten, rief Jonas ihm etwas nach. Er schien
ihn vor einem folgenschweren Irrtum bewahren zu wollen, aber Ransom hatte
inzwischen den Kai erreicht und bog in die dunkle Gasse ab.
Hinter dem Lagerhaus sah er die
Fischer auf dem Rückweg zum Schiff. In den Netzen zwischen ihnen hing ein Mann,
der sich noch immer heftig zur Wehr setzte. Der blonde Bootsmann marschierte an
der Spitze der kleinen Gruppe. Als er Ransom sah, nahm er sofort die Verfolgung
auf.
Ransom rannte weiter an den Häusern
entlang, aber Saul hatte ihn schon nach dreißig Meter Strecke eingeholt. Da er
Ransom nicht festhalten konnte, trat er nach seinen Füßen, um ihn so zu Fall zu
bringen.
Plötzlich tauchten zwei schwarze
Gestalten hinter einem Auto auf und stürzten sich mit gefletschten Zähnen auf
den Bootsmann. Ransom rannte keuchend zwanzig Meter weiter und blieb dann an
einen anderen Wagen gelehnt stehen, während die beiden Schäferhunde noch immer
knurrend an Saul hochsprangen und
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