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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
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nach seinen Fäusten schnappten.
    »Doktor! Hierher!«
    Ransom drehte sich um und erkannte
Quilter, an dessen Gürtel noch immer der tote Pfau hing. Der Junge zeigte die
Straße entlang und setzte sich in Bewegung. Ransom ließ die kläffenden Hunde
hinter sich und folgte hinkend Quilter, dessen prächtige Schleppe den Staub an
seinen Fersen aufwirbelte.
    Da er in dem Gewirr der engen Straßen
und Gassen bald die Orientierung verloren hatte, hielt er sich dicht an
Quilter. Trotzdem verlor er ihn einige Male aus den Augen, als der Junge
Gartenzäune überkletterte und dabei in den dichten Rauchschwaden der Abfallfeuer
verschwand.
    Schließlich kletterten sie über eine
niedrig Brüstung in das ausgetrocknete Flußbett hinunter, wo Ransom weit links
von sich die Straßenbrücke erkannte. Vor ihnen am Wasser stand Philip Jordan in
seinem Boot auf eine Stange gelehnt und beobachtete aufmerksam das
höhergelegene Ufer. Quilter ging rasch auf ihn zu.
    Ransom folgte ihm den Abhang hinab,
blieb aber kurz bei einem gestrandeten Leichter stehen. Die Sonne versank
bereits am westlichen Horizont, und die Rauchschwaden schienen dunkler und zahlreicher
geworden zu sein, aber das Flußbett strahlte noch immer fast geisterhaft weiß.
    »Ransom! Schneller, Doktor! Sie
können sich später ausruhen.«
    Als Philip Jordan ihn so barsch
anrief, drehte Ransom sich erstaunt nach ihm um. Die Verbindung zwischen
Quilter, dem grotesken Kaliban seiner Alpträume, und dem jungen Ariel des
Flusses war ihm unbegreiflich und nicht ganz geheuer. Er gab sich einen Ruck
und ging zum Boot hinunter, wo seine Füße am Wasser im Schlamm einsanken.
Philip Jordan beobachtete ihn ungeduldig und forderte ihn mit einer herrischen
Geste auf, endlich einzusteigen, weil er fahren wollte.
    Quilter saß allein im Heck und glich
einem im Wasser treibenden Buddha, dessen Gesicht im Widerschein der öligen
Oberfläche durch unzählige Flecken entstellt war. Als Ransom seinen Platz
eingenommen hatte, stieß Quilter zwei schrille Pfiffe aus, deren Echo von der
Brüstung zurückgeworfen wurde. Einer der Hunde erschien auf der Stützmauer,
sprang in den Staub hinunter und rannte auf das Boot zu. Er setzte mit wehendem
Schwanz über Ransom hinweg, drängte sich dicht an Quilter und winselte in die
beginnende Abenddämmerung hinaus. Quilter wartete und beobachtete weiter das
Ufer. Dann runzelte er kurz die Stirn. Der Schäferhund jaulte nochmals leise.
Quilter nickte Philip Jordan zu, und dann zerteilte der Bug des Skiffs rasch
die dunkel spiegelnde Oberfläche, während der Pfauenschweif wie ein
juwelenbesetztes Segel über dem Kielwasser hing.
    Fünf Kilometer vor ihnen stieg die
Silhouette der Stadt aus der Abenddämmerung auf, die allmählich alle Lücken
schloß. Mount Royal schien sich in einen feuerspeienden Vulkan verwandelt zu
haben, dessen Krater immer wieder neue Rauchschwaden ausstießen.

5
     
     
    Nach einer Nacht voll Lärm und
Gewalttätigkeiten begann Ransom am nächsten Morgen mit seinen Vorbereitungen
zur Abfahrt. Als die letzten Schüsse endlich kurz vor Tagesanbruch verhallten,
schlief er auf der Couch im Wohnzimmer ein, ohne sich weiter um das
ausgebrannte Haus auf der anderen Straßenseite zu kümmern, obwohl dort noch
immer Funken wie Glühwürmchen durch die Nacht flogen.
    Er war erst nach sieben Uhr abends
völlig erschöpft nach Hause gekommen, nachdem Quilter und Philip Jordan ihn vor
den Fischern gerettet hatten. Larchmont war ruhig und friedlich. Von Zeit zu
Zeit tauchten auf der Straße Fackeln auf, wenn Johnstones Miliz ihren Rundgang
machte. Die Männer schlossen methodisch sämtliche Türen der verlassenen Autos
und löschten die Abfallfeuer in den umliegenden Gärten. Nur in Lomax' Villa
waren die Fenster hell erleuchtet.
    Ransom ließ die Badewanne vollaufen,
kniete davor nieder und trank langsam aus der hohlen Hand. Dann massierte er
Gesicht und Hals in dem abgestandenen Wasser. Er dachte an Philip Jordan und
Quilter, zwischen denen es zu einem seltsamen Einverständnis gekommen zu sein
schien. Allein diese Tatsache entfremdete ihm Larchmont mehr als Jonas und
seine Fischer, die nur nach einem phantastischen Fluß Ausschau hielten. Als er
aus dem Boot gestiegen war, hatte er Philip Jordan anzusprechen versucht, aber der
junge Mann war seinem Blick ausgewichen. Er hatte wortlos seine Stange ins
Wasser gestoßen und das Boot rasch davongestakt, so daß Ransom verwirrt am Ufer
zurückblieb und dem ungleichen Paar nur sprachlos

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