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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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berücksichtigte und von der momentan herrschenden Durchschnittstemperatur von 20 Grad Celsius ausging.
    »Wir können also von einer mittleren Mindestliegezeit von fünf bis sieben Tagen ausgehen, unter Annahme einer sofortigen Besiedelung durch die Tierchen«, hatte Steffen ihm und David freudestrahlend mitgeteilt. Erst als David gebeten hatte, berufliche Themen nun bitte nicht mehr anzusprechen, schließlich sei dies eine private Runde, hatte Steffen seinen Vortrag beendet. Es war sonst gar nicht seine Art, bei Tisch derartige Unappetitlichkeiten auszubreiten, doch von diesem Fliegenthema schien er absolut fasziniert.
    Nachdem Georg seine Gedanken an Steffens Profession energisch verdrängt hatte, mundete ihm die Dorade aufs Trefflichste, und er erkundigte sich sofort nach dem Rezept. Vor allem der Jus aus dem Gemüse, dem Wein, dem Fisch und bestem Olivenöl, einfach nur aufgetunkt mit einem Stück Weißbrot, war ein unvergleichlicher Genuss.
    »Das hört sich wirklich nicht sehr aufwendig an und passt hervorragend zu diesem warmen Wetter. Muss ich demnächst auch mal probieren. Nur ob die beiden jungen Damen das mögen? Julia und Judith werden immer komplizierter mit ihren Essgewohnheiten«, seufzte Georg.
    »Wie alt sind deine Töchter eigentlich genau?«
    »Sie werden im September 14. Ich dachte immer, wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, wie man so sagt, langsam selbstständig werden, dann wird es einfacher. Bisher hab ich davon noch nichts gespürt. Vielleicht liegt das ja an den unterschiedlichen Auffassungen von Erziehung, Freiheit und Selbstständigkeit von Astrid und mir.«
    »Womit wir beim Thema wären: Was war denn nun heute Morgen in St. Lorenz-Nord?«
    »Ach, Steffen«, seufzte Georg, »die Wohnung war nicht schlecht, wirklich. Ich soll dich übrigens von dem Makler grüßen. Vielen Dank auf jeden Fall, dass du mir den Tipp gegeben hast. Aber wenn das mal alles so einfach wäre.«
    »Du hast also noch gar nicht mit Astrid gesprochen«, stellte Steffen fest und sah Georg verwundert an. »Typisch ihr Heteromänner. Reden ist nicht euer Ding. Das könnte uns nicht passieren, was, Darling? Schwatzhafte Jungs, die wir sind.«
    Schmunzelnd strich er mit der Hand leicht über Davids rote Locken, den die Aussage seines Partners offensichtlich belustigte. Der Ausdruck ›schwatzhaft‹ wäre Georg im Zusammenhang mit seinen Freunden nie in den Sinn gekommen, denn beide schienen ihm eher ruhig und zurückhaltend, aber vielleicht redeten sie untereinander wirklich mehr über ihre Beziehung. Steffen vermutete richtig, er hatte nicht mit Astrid gesprochen.
    Als Steffen und David ihre Hochzeitsreise nachgeholt hatten, vor ein paar Wochen im Mai, hatte Georg während ihrer Abwesenheit das Haus gehütet. Astrid und er hatten nach Absprache eine kurze Auszeit von ihrer Beziehung genommen, um sich Gelegenheit zu geben, mit etwas Abstand über die sich häufenden Meinungsverschiedenheiten und Probleme in ihrer Ehe nachzudenken. Danach hatte Georg eigentlich geglaubt, zu einer Entscheidung gekommen zu sein.
    Bei einem Essen zu dritt, kurz nach der Rückkehr der Freunde, hatte er ihnen noch euphorisch berichtet, wie heilsam diese drei Wochen allein in ihrem Haus für ihn gewesen waren und wie erkenntnisreich. Und dass er zu einer wichtigen Entscheidung gelangt war. Doch nachdem die Wogen des Alltags wieder über ihm zusammengeschlagen waren, hatte er sich der jahrelang geübten Routine ergeben. Wahrscheinlich musste der Leidensdruck noch größer werden, bevor er seine Bequemlichkeit endlich abstreifte, und es erforderte wohl auch mehr Mut. Natürlich hatte er Angst vor Astrids Reaktion, und was wäre mit den Kindern? Er hatte ja schließlich auch eine große Verantwortung den Mädchen gegenüber. Je länger er sich damit beschäftigte, desto komplizierter und unlösbarer erschien ihm die Sache. Plötzlich war er sich gar nicht mehr so sicher gewesen, und Zweifel hatten begonnen, seine vermeintlich unumstößliche Entscheidung zu durchlöchern.
    »Ich weiß, ich hätte längst mit Astrid reden sollen«, nickte Georg ziemlich trübsinnig, »aber ich hab es bisher einfach nicht geschafft.«
    »Das kann ich verstehen. Schließlich habt ihr ja einen großen Teil eures Lebens zusammen verbracht, das lässt sich nicht so von heute auf morgen beenden. Wie lange seid ihr jetzt zusammen?«
    »Mehr als 15 Jahre.«
    »Mein Gott! 15 Jahre. Fast so lange kennen wir uns ja schon, Schorsch. Ich weiß noch, wie du damals aus

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