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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Gedanken wieder ab zu Henning. Er war ein eher ruhiger Typ, machte selten viele Worte, und wenn er redete, hatte es Hand und Fuß. Allerdings war er ihr in den letzten Tagen noch stiller erschienen als sonst, fast verschlossen. Als sie ihn vorgestern darauf ansprach, hatte er wieder nur Quatschkram gesagt, jedoch ohne zu lächeln. Irgendwas hatte er.
    Was für eine unglaublich heiße Nacht. Es war überhaupt ein Ausnahmesommer. Seit Wochen strahlte jeden Tag die Sonne, und das Wasser der Ostsee hatte sich auf fast 24 Grad erwärmt. So musste es sich an den Stränden der Karibik anfühlen, wo Gesche noch nie gewesen war. Micki, der mit ein paar Schulfreunden nach Spanien gefahren war, um dort das soeben bestandene Abitur weiterzufeiern, sandte neidische SMS. Hier oben an der Lübecker Bucht hatten sie das bessere Wetter!
    Gesche war heute Nachmittag mit Thea und den anderen zum Strand bei Sierksdorf gefahren. Das Kind hatte fast die ganze Zeit im Wasser verbracht, mit den anderen gespielt und getobt und lag seit Stunden in seinem Bett in tiefstem Schlummer, obwohl es da oben bestimmt fast genauso heiß war wie in der Küche. Dominik war wie jeden Tag um halb zehn auf sein Zimmer gegangen. Das machte er sommers wie winters, es war eine der Regelmäßigkeiten, die ihm Sicherheit gaben. Auch Svenja hatte sich zurückgezogen. Sie hatte die Stunden am Meer scheinbar auch sehr genossen. Jedenfalls hatte Gesche sie schon lange nicht mehr so fröhlich und ausgelassen erlebt.
    Ihre Gedanken landeten wieder bei Henning. Er schien ihr so grüblerisch und verschlossen wie oft in den ersten Jahren, nachdem sie den Graswurzelhof übernommen hatten. Die finanzielle Belastung durch die Kredite bereitete ihnen damals große Sorgen. Dann wurden ein paar Tiere krank, und zwei extrem trockene Sommer und eine Schädlingsplage machten ihnen zu allem Übel auch noch zu schaffen. Sie waren beide keine gelernten Landwirte und machten anfangs viele Fehler beim Wirtschaften. Doch inzwischen lief es, zumindest nach Gesches Eindruck, eigentlich ganz gut auf dem Hof.
    Hatte sich Henning wieder einmal über Matthiesen geärgert? Ihr Nachbar pflegte stets sein Vorurteil ihnen gegenüber als einer Horde bekiffter Hippies, verbreitete Gerüchte über den Graswurzelhof und seine Bewohner und steckte mit Sicherheit hinter manchem überraschenden Besuch der Behörden oder der Ordnungshüter. Und mit dem neuen Verwalter des Golfplatzes gab es Meinungsverschiedenheiten wegen der Spritzmittel an den Grundstücksgrenzen, was natürlich eine Menge Zeit kostete. Aber Henning in seiner nüchternen Art ließ sich durch solche Dinge normalerweise nicht aus der Ruhe bringen.
    Oder hing es zusammen mit Kurt, der sich die ganze Woche wieder nicht hatte blicken lassen, obwohl gerade so viel zu tun war? Nein, das war Quatsch. Dass Kurt sich vor der Arbeit drückte, wo er nur konnte, vor allem, wenn man ihn gut hätte brauchen können, war inzwischen hinlänglich bekannt. Er fehlte nicht wirklich auf dem Hof. Außerdem war es ganz schön, beim Essen sein eitles Geschwätz nicht hören zu müssen.
    Vielleicht gab es wieder Ärger mit Holger und Peggy, den Altlasten, wie Henning sie mit Galgenhumor nannte. Die beiden hatten ständig Geldprobleme, saßen oft genug mit bei Tisch oder nahmen sich aus dem Kühlschrank, was sie brauchten. Der stillen Übereinkunft, dass man dafür etwas für die Hofgemeinschaft zu leisten habe, kamen sie widerwillig und nur höchst selten nach. Wenn sie völlig klamm waren, bedienten sie sich ohne Gewissensbisse aus der Gemeinschaftskasse, um davon Alkohol, Zigaretten und wer weiß was zu kaufen.
    Ach ja, sie hatte sich doch immer ein Leben in einer großen Gemeinschaft gewünscht, spöttelte Gesche über sich selbst und seufzte. Endlich schien die richtige Konsistenz erreicht, und sie gab einen Löffel Marmelade auf eine Untertasse, die sie vorher extra in den Kühlschrank gestellt hatte. Die Masse gelierte. Schnell verteilte Gesche sie in die bereitgestellten Gläser, verschloss diese mit ihren Schraubdeckeln und stellte sie für kurze Zeit auf den Kopf. Genießerisch leckte sie die Reste der Johannisbeermarmelade vom Löffel. Köstlich, das frische Aroma der roten und schwarzen Früchte und genau die richtige Mischung aus Süß und Säuerlich. Jetzt hieß es nur noch, alle Gerätschaften und den Herd reinigen und dann endlich hinaus in den Garten mit einem schönen Glas Weißwein, darauf hoffend, dass die Nacht langsam kühler würde.
    Ihr

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