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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Wahrscheinlich hätte Bohm auch mit Baumaschinen handeln können und es genauso gut hingekriegt. Er war ein Perfektionist, das zeigte sich vom Baustil seiner Zentrale bis zu den Buchstaben seines Logos. Öko & Frisch entsprach mit seinem smarten Image, der großen Auswahl, seinen hellen, geräumigen Läden den Bedürfnissen moderner Konsumenten. Das hatte nichts mehr mit den manchmal etwas verkramten Lädchen der Pioniergeneration zu tun. Ist ja auch richtig so, ging es dem Kommissar durch den Kopf, wenn dadurch immer mehr Leute die Biosachen kaufen. Nur weil ich am liebsten in die kleinen Läden gehe, ist meine Einstellung dazu halt ziemlich nostalgisch.
    »Wie kommt’s, dat der Staroske dann trotzdem wieder bei Ihnen gearbeitet hat?«, hakte Jansen nach. Die Frage schien dem Unternehmer unangenehm zu sein.
    »Na ja, regelmäßig gearbeitet hat er hier nicht. Er hat hin und wieder ausgeholfen. Mal hier, mal da. Wie soll ich das sagen?«
    Auf der Suche nach einer Erklärung fuhr er mit dem Finger an der Tischkante entlang.
    »War ein richtig armes Schwein, der Kurt. Da konnte ich eben nicht Nein sagen.«
    »Und wann haben Sie Herrn Staroske zum letzten Mal gesehen?«
    »Das kann ich Ihnen jetzt gar nicht genau sagen. Vielleicht so vor zwei Wochen? Ich hatte in unserer Filiale in der Altstadt einen Termin, und da hat er dort gerade ausgeholfen.«
     
    »Hier hast du dein Müsli«, sagte Angermüller zu seinem Kollegen, als sie wieder im Wagen saßen, und hielt ihm den Kilobeutel aus Klarsichtfolie mit der Mischung aus Getreideflocken, Rosinen und Nüssen unter die Nase.
    »Ich hab noch nie gern Müsli gegessen, und nach dem heutigen Morgen rühr ich das Zeug sowieso nie mehr an.«
    Als Bohm ihnen gesagt hatte, dass Kurt Staroske auch hier in der Zentrale ab und zu eingesetzt worden war, hatten sie sich noch kurz das Zentrallager von Öko & Frisch zeigen lassen. Besonders stolz war der Firmenchef auf die neue, computergesteuerte Siegelrandbeutelmaschine, mit der Öko & Frisch unter anderem die hauseigene Müslisorte abpackte. Doch als Angermüller fragte, ob auch Staroske daran gearbeitet hatte, wurde dies verneint mit dem Hinweis, dass der mit dem Computersystem nicht umgehen konnte. Trotzdem bat Angermüller interessiert um eine Probe der Flockenmischung, und Bohm schenkte ihm eine Tüte.
    »Ich hab’s ja nich so mit Bio und kenn mich da nich so aus«, meinte Jansen. »Aber den Chef von so ’nem Ökoladen hab ich mir immer ganz anders vorgestellt.«
    »Mit Gesundheitslatschen und Strickstrümpfen, ja?«
    »Irgendwie so.«
    »Auch wenn du es noch nicht gemerkt hast, Claus, Bio ist im Trend. Und Öko & Frisch ist kein Bioladen, sondern eine Einzelhandelskette auf Expansionskurs. Immer mehr Leute kaufen die Sachen.«
    »Dat dauert bei mir noch«, entgegnete Jansen. »Nur wat mich an diesem Erfolgsmenschen sehr gewundert hat, war seine Großzügigkeit gegenüber dem Staroske. Ich kann mir dat nich vorstellen, dat der Typ den um Tausende, wenn nich Zigtausende von Euros schädigt, und der Bohm nimmt dat einfach so hin und lässt den weiterhin aus Barmherzigkeit in seinen Läden jobben. Dat passt nicht zu dem. Der war bestimmt stinksauer auf den Staroske!«
    »Das mit der Barmherzigkeit ist auf jeden Fall nur Gesülze, Claus, so sehr der Mann auch von seinen menschengemäßen Arbeitsbedingungen gepredigt hat. Der hat den Staroske für einen Hungerlohn da schuften lassen. Immer wenn Not am Mann war oder wenn’s um irgendwelche Drecksarbeit ging, dann musste der ran. Hast ja gehört: Lager putzen, Maschinen reinigen, Autos waschen, Müll sortieren. Ab und zu mal in einem Laden helfen, war schon eine richtige Belohnung. Wahrscheinlich hat der Bohm sich gedacht, dass er auf diese Weise wenigstens ein bisschen was von seinem Geld zurückholen kann. Mit Menschenfreundlichkeit hatte das garantiert nichts zu tun.«
    »Allerdings nich«, bekräftigte Jansen, »jetzt nach Moisling?«
     
    Erstaunt und ein bisschen verunsichert sah Anke Mewes aus. Wieder trug sie Shorts und ein leichtes Top, doch heute schien sie sich mit Lippenstift und Wimperntusche etwas zurechtgemacht zu haben, dachte Angermüller.
    »Ach, Sie«, sagte Mewes ohne große Begeisterung, als sie die beiden Polizisten vor ihrer Wohnungstür stehen sah. »Was wollen Sie denn noch?«
    »Guten Tag, Frau Mewes. Können wir vielleicht einen Moment zu Ihnen hereinkommen?«, fragte Angermüller freundlich. »Wir haben ein paar Fragen und hier im Treppenhaus …«
    Leise

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