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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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wissenschaftlich untersucht wurde. Wahrscheinlich blieb den Leuten, die hier tagtäglich arbeiteten, auch gar nichts anderes übrig. In jedem Toten auf dem Tisch das Individuum zu sehen, das er einmal gewesen war, über sein Leben und sein oft grausames Ende nachzudenken, das würde wahrscheinlich niemand lange aushalten. Auch er selbst versuchte, das in diesen Momenten zu abstrahieren. Er wusste, dass Steffen trotzdem einen hohen ethischen Maßstab anlegte im Umgang mit seinen Patienten, wie er sie manchmal nannte, und bestrebt war, den Toten nach getaner Arbeit ihre Würde zurückzugeben.
    Wenig später bekräftigte der Rechtsmediziner seine Annahme: Brüche am Zungenbein und an den Kehlkopffortsätzen mit umgebenden Einblutungen plus die Einblutungen in den geraden Halsmuskeln seien das eindeutige Zeichen eines Würgevorgangs. Die Platzwunde am Hinterkopf beschrieb er als Teil eines Schädel-Hirn-Traumas, einer leichten bis mittelschweren Gehirnerschütterung. Und die Lage der Kopfverletzung in der sogenannten Hutkrempenlinie ließe sich mit einem Sturzgeschehen vereinbaren, meinte er.
    »Am Gehirn zeigt sich kein Hinweis auf Verletzungen, aber es könnte im Zusammenhang mit dem SHT ersten Grades zu einer Bewusstlosigkeit gekommen sein. Eine Todesursächlichkeit kommt der Verletzung am Hinterkopf jedoch nicht zu. Ich fasse abschließend zusammen«, verkündete Steffen von Schmidt-Elm seiner nach über zwei Stunden ziemlich erschöpften Zuhörerschaft, »der Tod ist durch Ersticken eingetreten, hervorgerufen durch massive Gewalteinwirkung gegen den Hals des Opfers. Allerdings haben wir hier noch eine Besonderheit, die das Ersticken begünstigt hat.«
    Der Rechtsmediziner machte eine kurze Pause und warf einen Blick in sein jetzt wieder gespannt lauschendes Publikum.
    »In der Luftröhre, bis hinein in die kleinen Bronchien, finden sich eine Anzahl Partikel, die dort nicht hingehören. Die müssen zu Lebzeiten des Mannes dahin gekommen sein, noch bevor man ihn gewürgt hat, denn er hat sie eingeatmet – warum auch immer. Nicht freiwillig, nehme ich an.«
    Jetzt hielt Steffen eine Pinzette hoch. Angermüller konnte auf die Entfernung überhaupt nicht erkennen, was sich zwischen den Greifern befand.
    »Wir werden das noch en détail untersuchen, aber nach erster Inaugenscheinnahme würde ich sagen, es handelt sich hauptsächlich um Getreideflocken, etwas angefeuchtet, aber noch gut erkennbar. Müsli sozusagen.«
     
    »Oh Mann, ich dachte, dat geht nie vorbei«, beschwerte sich Jansen, als sie draußen vor dem Institut im Sonnenlicht standen.
    »Und womit toppen wir jetzt dieses Highlight des Tages?«
    »Ich stell’ am Behördenhochhaus mein Rad ab, und danach fahren wir zusammen zur Zentrale von Öko & Frisch, wie besprochen.«
    »Müsli essen?«
    »Witzig, Claus«, erwiderte Angermüller trocken. »Du rufst bitte inzwischen beim Kollegen Niemann an. Der soll mal die Daten von deinem Rockstar und seiner Freundin bei der DASTA abfragen. Und später werden wir uns um die Ernährungsgewohnheiten von Kurt Staroske kümmern. Ich muss jetzt aufs Rad!«
    Kurz darauf stieg Angermüller in der Welsbachstraße zu seinem Kollegen in den Dienstwagen und sie schlängelten sich an einigen Straßenbaustellen durch dichten Verkehr über die Moislinger Allee, Buntekuhweg, Padelügger Weg in Richtung Gewerbegebiet Roggenhorst. In einem schicken Neubau, in dessen geschwungenen Formen Angermüller als Vater zweier Waldorfschülerinnen sofort anthroposophische Architekturelemente erkannte, residierte die Firma Öko & Frisch. Der rückwärtige Teil des Gebäudekomplexes schien Lagerräume und Ähnliches zu beherbergen. Laster mit der Aufschrift ›Öko & Frisch‹ waren davor abgestellt. Auf dem Dach gab es Sonnenkollektoren, und eine außergewöhnliche Konstruktion von Jalousien regelte die Lichteinstrahlung vor den vielen Fenstern des Verwaltungsgebäudes. Mit der kleinen Grünanlage drum herum, die aus einer Wiese, ein paar Bäumen und einem kleinen Teich bestand, um den sich ein paar Bänke gruppierten, strahlte das Ganze eine fast erholsame Atmosphäre aus.
    »Einen schönen guten Tag! Wie kann ich Ihnen helfen?«
    Die junge Dame am Empfangstresen war sehr hübsch und unglaublich freundlich, adrett in eine weiße Bluse mit grünem Kragen gekleidet, auf dem das Firmenlogo angebracht war.
    »Kriminalpolizei? Hoffentlich nichts Unangenehmes. Aber ich fürchte, Sie haben leider Pech!«, antwortete sie auf den Wunsch der Beamten, mit

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