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Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Titel: Ballsaison: Palinskis siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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diese auch zu stellen«, ergänzte Wiegele gutmütig. »Ich muss mich entschuldigen, aber die ganze Angelegenheit geht mir mehr an die Nieren, als mir lieb ist .« Er schüttelte mit gespielter Verzweiflung den Kopf. »Da fährt man auf Urlaub und will nur an Fußball denken. Und dann das. Man kann seiner Bestimmung eben nicht entrinnen .« Sein Lachen klang etwas gequält.

     
    * * *

     
    In der Schweiz war man trotz der späten Stunde noch wacker am Schaffen.
    In Zürich lag seit Kurzem der mündliche Bericht der Rechtsmedizin zur Obduktion von Arthur Mellnig vor. Ursache für den Tod des 41-jährigen Schiedsrichters war die schwere Verletzung der Medulla Oblongata durch die Fraktur des Dens Axis und der Riss der Bänder, also ein klassischer Genickbruch gewesen. Fachmännisch herbeigeführt, wie der Pathologe ausdrücklich angemerkt hatte.
    Kurz danach war dem Toten ein spitzer Gegenstand, etwa ein Schraubenzieher, in das linke Ohr eingeführt, mit großer Wucht durch das Labyrinth und die Schnecke sowie den knöchernen Bereich der Schädelbasis und die daran anliegende harte Hirnhaut getrieben worden und so ins Kleinhirn eingedrungen. Durch die Lage der Leiche war es dabei dank der Schwerkraft noch zu leichten Blutungen aus dem Ohr und der Nase gekommen. Diese Attacke war, isoliert betrachtet, mit Sicherheit nicht tödlich und in Hinblick auf den Genickbruch überflüssig gewesen. Dennoch war sie erfolgt.
    Warum rammte jemand, wahrscheinlich eine Frau, die dem Mann vorher möglicherweise noch Geschlechtsverkehr, auf jeden Fall aber eine Ejakulation beschert hatte, dem bereits ermordeten Opfer dann auch noch einen Schraubenzieher ins Hirn?
    Wahrscheinlich hatte die Vorgangsweise etwas Symbolisches an sich, etwas von der Art: »Du hast etwas gehört, was du nicht hättest hören sollen. Und das muss getilgt werden .«
    Das klang irgendwie plausibel, fand Oberleutnant Beat Vonderhöh. Obwohl er zugeben musste, dass seine Schlussfolgerung durch die Informationen beeinflusst worden waren, die er aus Nyon erhalten hatte.
    In der UEFA-Zentrale tagte der Sicherheitsbeauftragte noch immer oder schon wieder mit dem Präsidium der Schiedsrichterkommission und einigen Vertretern der Fedpol. Aktueller Anlass für das derzeitige Treffen war ein am späteren Abend eingegangenes E-Mail mit dem lapidaren Text: Verräter müssen eben sterben. Ohne Unterschrift.
    Die Botschaft war von einem Internetcafé in Salzburg abgesetzt worden, das täglich von einigen Hundert Menschen aufgesucht wurde.
    Damit war nun auch dem letzten Anwesenden klar, welches Motiv zur Ermordung von Kollege Arthur Mellnig geführt haben musste. Und dass die richtigen Probleme für die UEFA mit diesem Todesfall erst begonnen hatten. Oder wie es das englische Präsidiumsmitglied Sir Brian Paranoy so treffend formulierte: »Gott sei uns gnädig, aber das könnte der Anfang vom Ende unseres Sports sein .«
    Das Zitat sollte in den nächsten Tagen als Schlagzeile durch die Weltpresse gehen und Mellnigs Namen posthum einen Bekanntheitsgrad knapp unter jenem Arnold Schwarzeneggers einbringen.

3
    Mittwoch, 4. Juni, vormittags
    Palinski fröstelte, ihm war richtiggehend kalt. Hatte sich Wilma wieder einmal im Schlaf an seiner Bettdecke vergriffen und sie ganz einfach zu sich hinübergezogen? Das war schon ein, zwei Mal so gewesen. Aber im Schlaf, und daher hatte er ihr auch nicht wirklich böse sein können deswegen.
    Vorsichtig öffnete er die Augen, schloss sie aber sofort wieder. Wo war er eigentlich, ging es ihm erschrocken durch den Kopf? Was er gesehen hatte, waren nicht die üblichen Lichtreflexionen und Schatten an der vertrauten Schlafzimmerdecke, sondern ein altes, ziemlich hässliches Haus im gelborangen Licht der nächtlichen Straßenbeleuchtung.
    Unter sich spürte er auch nicht die vergleichsweise weiche Matratze seines Bettes, sondern … hartes Holz.
    Langsam kehrte die Orientierung wieder zurück. Nachdem Palinski neuerlich die Augen geöffnet hatte, stellte er fest, dass er auf einer Bank am Äußeren Gürtel saß, keine zehn Meter entfernt von der Einmündung der Döblinger Hauptstraße.
    Er blickte auf seine Uhr, die exakt 3.08 Uhr anzeigte.
    Das wüste Champagnisieren nach dem Besuch des Chinarestaurants mit Juri, der Russe hatte weit mehr als die Hälfte seines Lottogewinns in Moët &Chandon angelegt und zuletzt auch noch eine Lokalrunde geschmissen, war kurz nach 1.00 Uhr zu Ende gegangen. Der Weg nach Hause, der für Palinski knapp 500 Meter

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