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Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Titel: Ballsaison: Palinskis siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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betrug, hatte ihn zwangsläufig beim ›Flotten Heinzi‹ vorbeigeführt, der das Angebot seines Würstelstandes bereits ganz auf die Fußball-EM und die ausländischen Schlachtenbummler abgestimmt hatte. Plötzlich gab es beim Burenwurstkönig auch Wiener Würstchen, Bouletten und Fleischpflanzerln, ja, sogar einen Lieferanten für Currywurst hatte er irgendwo aufgetrieben.
    Jetzt wusste Palinski endlich auch, was ihm schon die ganze Zeit über gefehlt hatte. Nämlich etwas Handfestes zwischen den Zähnen, um das leicht flaue Gefühl im Magen wieder loszuwerden. Wild entschlossen testete er Boulette, Fleischpflanzerln und Fleischlaberl hintereinander und konnte keinen wirklichen Unterschied feststellen. Die verschiedenfarbigen, an ordinären Zahnstochern befestigten Fähnchen (Berlin, Bayern und Wien) waren die einzige Möglichkeit, die drei faschierten Laibchen auseinanderzuhalten.
    Aber es hatte ihm gemundet und Palinskis Gesamtzustand von leicht betrunken und angeschlagen zu wohlig matt und müde gewandelt.
    Und so war er noch etwa zwanzig Meter weitergegangen, unter dem Stadtbahnbogen durch, um dann auf der auf der anderen Seite vorgefundenen Bank Platz zu nehmen.
    Da war es dann wohl passiert, er war ganz einfach eingeschlafen.
    Inzwischen hatte sich Palinski wieder erhoben und einige körperliche Übungen gemacht, um sich etwas aufzuwärmen. Wenn man die drei angedeuteten Kniebeugen und das bisschen Rotieren mit den Armen überhaupt so nennen konnte.
    Bis auf ein leichtes Kopfbrummen fühlte er sich besser als nach dem Verlassen des Cafés ›Kaiser‹ vor inzwischen … ja, fast schon zwei Stunden. Jetzt war er bereit, die restlichen 300 Meter bis zu seinem Zuhause auch noch zu bewältigen.
    Obwohl um diese Tageszeit selbst auf dem sonst so stark frequentierten Döblinger Gürtel so gut wie kein Verkehr mehr herrschte, wartete Palinski folgsam, bis die Fußgängerampel von Rot auf Grün schaltete, ehe er die Straße überquerte. Bewusst langsam setzte er Schritt vor Schritt und registrierte unbewusst, dass der Himmel im Osten schon langsam heller wurde. Bald würde die Nacht vorbei sein und damit auch alles Böse und alle Gefahren, die die Dunkelheit in sich barg. Oder angeblich verbergen sollte, denn Mario hatte kein Problem damit.
    Ungefähr vor dem Hause Billrothstraße 2 angelangt, holten zwei zunächst völlig unabhängig scheinende Ereignisse Palinski abrupt aus seinem lustvollen Sinnieren.
    Da war einmal das heisere Röhren eines starken Motors, wahrscheinlich eines Porsches oder etwas dieses Kalibers, das in der relativen Stille der Nacht schon viel früher zu hören war, ehe der aus der Stadt kommende Flitzer auch optisch in Erscheinung trat.
    Gleich darauf vernahm Palinski ein von vorne links kommendes Geräusch, das er zunächst nicht recht zuordnen konnte. Keine drei Sekunden später sah er einen Mann unbestimmten Alters, der, aus der Billrothstraße kommend, rannte, so schnell er konnte. Offenbar um sein Leben sprintete, denn er wurde von zwei auch nicht gerade langsam wirkenden Typen verfolgt. Einer der beiden, er befand sich keine zwanzig Meter hinter dem Verfolgten, hatte, falls sich Palinski nicht sehr irrte, sogar einen Revolver in der Hand. Oder eine Pistole, auf diese Entfernung konnte Palinski das nicht so genau erkennen. Aber selbst dann hätte er raten müssen, denn trotz seiner Tätigkeit kannte er sich mit Schusswaffen einfach nicht aus.
    Der von vielleicht 200 oder mehr Pferdestärken erzeugte Motorsound war inzwischen bedrohlich nahe gekommen, denn der starke Wagen überquerte eben den inneren Döblinger Gürtel.
    Der fliehende Mann überquerte in der Zwischenzeit die Döblinger Hauptstraße. Zunächst die stadteinwärts führende Fahrspur sowie die Straßenbahngeleise.
    Was nun folgte, war bei aller Schrecklichkeit des Ereignisses auf eine sehr bizarre Art lustig. Ein perfektes Beispiel dafür, dass Gott, sofern es einen gab, gelegentlich einen Hang zu schwarzem Humor haben musste. Später würde Palinski an diesen gezeichneten Witz denken müssen, in dem ein Autofahrer in der Wüste in voller Fahrt die einzige Palme im Umkreis von 200 Meilen und mehr gerammt hatte. Im Moment war ihm aber alles andere als zum Lachen zumute.
    Der fliehende Mann hatte inzwischen mit zwei Schritten die Fußgängerinsel mit der Straßenbahnstation Richtung stadtauswärts gequert und die dahinter befindliche Absperrung mit einer vor allem in Anbetracht der Tageszeit durchaus eleganten Flanke

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