Ballsaison: Palinskis siebter Fall
wartete, blickte sich Wiegele vorsichtig um. Was hatte der Autofahrer hier gesucht, was sein rücksichtsloses Verhalten erklärte?
Wiegele glaubte, plötzlich unregelmäßigen Atem zu hören, gefolgt von leisem Stöhnen. Er machte einige Schritte in den Wald und stolperte fast über die gekrümmt am Boden liegende Gestalt.
»Schnell, Rudi, hier liegt ein Schwerverletzter !« , rief er seinem Kollegen zu, der seinem Gesprächspartner noch schnell zusagte, sich gleich wieder zu melden, ehe er die Verbindung mit dem Kommissariat unterbrach.
Barberini hatte so eine kleine Leuchte am Schlüsselbund, mit der man nicht wirklich etwas sehen konnte. Damit versuchte er, die Gestalt am Boden anzuleuchten. Der Fokus war aber viel zu klein, um mehr als nur eine wirre Abfolge winziger Ausschnitte menschlichen Leidens zu ermöglichen.
Aber das Wenige, was die beiden Männer erkennen konnten, reichte völlig, um Barberini sofort wieder zum Telefon greifen zu lassen. Er wählte neuerlich das Koat Döbling, informierte Inspektor Haberfellner und ersuchte dringend um einen Notarztwagen.
* * *
Da Palinskis Lieblingsrestaurant unter den Nachwirkungen eines Wasserrohrbruches zu leiden und den Betrieb für einige Tage eingestellt hatte, hatten sich die Paare Mario und Wilma sowie Helmut und Franca Wallner heute ausnahmsweise einmal im ›Drachen von Shanghai‹ getroffen. Das, Sie haben es sicher erraten, Chinarestaurant lag etwa 100 Meter unterhalb vom Italiener, Richtung Stadt.
Der Anruf Inspektor Haberfellners hatte seinen Chef erreicht, während die Runde noch lustig an ›Ente gebraten‹ und ›Chicken Chop Suey‹ herumgekiefelt und sich ehrlich bemüht hatte, die Glasnudeln nicht von den Stäbchen rutschen zu lassen.
Oberinspektor Helmut Wallner, der Leiter der Kriminalabteilung am Kommissariat Hohe Warte, hatte kurz zugehört und sich ein knappes »Ich bin gleich da« abgerungen, ehe er sein Handy wieder weggesteckt hatte.
»Zwei Sicherheitsbeamte des DFB-Teams haben beim Joggen in der Nähe der Jägerwiese eine schwerverletzte Person gefunden, die auf dem Weg ins Krankenhaus verstorben ist«, hatte er der Runde erklärt. »Willst du mitkommen ?« , hatte er dann noch von Mario wissen wollen. »Einer der beiden Jogger ist dein Freund Wiegele .«
Natürlich hatte Palinski gewollt, und so waren die beiden vor knapp zehn Minuten am Fundort des kurz danach Verstorbenen eingetroffen.
»Das sind auch nicht ganz die Umstände, unter denen ich mir unser Wiedersehen vorgestellt habe«, Wiegele lächelte Palinski müde an. »Aber man kann sich das leider nicht immer aussuchen .« Dann berichtete er Wallner und den anderen von Anfang an.
»Der vielleicht 45-jährige Mann hat noch gelebt, als wir ihn gefunden haben«, stellte er schließlich fest, »aber bei der Schwere der Kopfverletzungen habe ich schon befürchtet, dass er es nicht schaffen wird. Übrigens hat er noch versucht, mir etwas zu sagen. Es hat wie ›Ohsche isse‹ und ›Ähwlin‹ oder so ähnlich geklungen. Es schien ihm wichtig zu sein, denn er hat sich sehr angestrengt .«
»Gibt es irgendwelche Hinweise auf die Identität des Opfers ?« , wollte Wallner wissen.
»Wir haben bei dem Mann nichts gefunden, das auf seine Identität schließen lässt, keine Brieftasche, keinen Führerschein, nichts«, berichtete Haberfellner. »Lediglich ein teuer aussehendes Taschentuch mit dem Monogramm S.H. Einmal benutzt, vollgerotzt. Das Ganze sieht vordergründig nach Raubüberfall aus. Aber hier, in dieser Umgebung kann ich mir das eigentlich nur schwer vorstellen .« Er deutete auf den nunmehr ausgeleuchteten Fundort. »Nun ja, die Kollegen von der Spurensicherung werden schon noch den einen oder anderen Hinweis finden .«
»Haben Sie vielleicht erkennen können, ob es sich bei dem rücksichtslosen Fahrer des Wagens mit der Gänserndorfer Nummer um einen Mann oder eine Frau gehandelt hat ?« Wallner hatte sich an die beiden Jogger gewandt, doch sowohl Wiegele als auch Barberini winkten ab. »Der Wagen ist mit voll aufgeblendeten Scheinwerfern auf uns zugerast«, stellte der karenzierte Hauptkommissar fest. »Wir mussten uns vor allem einmal in Sicherheit bringen und haben keine Zeit gehabt, auf den Fahrer zu achten. Da war es schon Glück, zumindest einen Teil des Kennzeichens erkannt zu haben .« Er klang ein wenig verstimmt.
»Das ist mir schon klar«, wiegelte Wallner ab, »das war nicht böse gemeint. Eigentlich eine dumme Frage, aber …« »Ihre Pflicht,
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