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Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Titel: Ballsaison: Palinskis siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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hatte keine Frau gesehen, auf die diese Beschreibung zugetroffen hätte. Auch unter den von der Bahnhofspolizei aufgenommenen Personalien fanden sich keine, die auch nur annähernd auf die als attraktiv und aufregend bezeichnete Rothaarige gepasst hätte.
    Da der Mord nach Aussagen des Rechtsmediziners zwischen 2.00 und 4.00 Uhr morgens stattgefunden hatte, konnte die Mörderin, und um die handelte es sich dabei, da war sich Vonderhöh ganz sicher, den Zug ja auch schon an der Grenze oder gar noch in Österreich, etwa in Feldkirch verlassen haben.
    Mit jeder weiteren Stunde, die verging, reduzierte sich die statistische Wahrscheinlichkeit einer Klärung des Falles gegen null hin. Wenn jetzt nicht sehr bald eine entscheidende Entwicklung eintrat, konnte er den Akt nur mehr schließen und der Fedpol übergeben. Die Bundespolizei würde die Angelegenheit dann noch in Verbindung mit der laufenden Aktion ›Saubere EURO 08‹ in Obacht halten bzw. mit den österreichischen Kollegen ausmauscheln. Aber mit einer gezielten systematischen Aufklärung wäre es dann vorbei. Er seufzte.
    Andererseits, wenn wirklich das internationale Verbrechen hinter der Tat steckte, wie vermutet wurde, wenn der Mord tatsächlich nur ein kleines Steinchen im gigantischen Puzzle globaler Spielmanipulationen und Wettschiebungen sein sollte, dann hatte er, der kleine Kantonspolizist, ohnehin keine Chance.
    Obwohl, schön wäre es schon, an der Lösung eines Falles dieses Kalibers entscheidend mitzuwirken. Und gut für die Karriere.

     
    * * *

     
    Die Polizei in Osnabrück wollte sich die Sache zunächst genauso einfach machen, wie die Polizei das auch in allen anderen Städten Deutschlands, nein Europas gemacht hätte. Kinder liefen schon einmal weg, hieß es da vorerst einmal. Ausreißer kämen in der Regel nach ein, zwei Tagen ganz von selbst wieder nach Hause und so weiter und so fort. Und vor allem, man dürfte Vermisstenanzeigen erst nach 24 Stunden entgegennehmen.
    Leider, aber das war Vorschrift.
    Da platzte der Oma der Kragen, und sie stellte laut und dezidiert fest, dass es sich bei dem entführten Kind um die 13-jährige Tochter von Tobias Nachen, der Nummer eins im Tor der Nationalmannschaft, handle. Der in den nächsten Tagen ein wichtiges Spiel gegen …, na egal, jedes Spiel des deutschen Teams in der Europameisterschaft war wichtig. Und dessen Konzentration gewiss unter der nervlichen Belastung einer entführten Tochter leiden würde. Ob er …, Else Pleschke blickte auf das Namensschild des Beamten vor ihr, Klaus Dieter Hasenklever, tatsächlich die Schuld dafür übernehmen wollte, falls ›unsere Jungs‹ am Sonntag nicht siegten?
    Als dann noch Hauptwachtmeister Jürgen Fendersen, der die Pleschkes kannte, zufällig vorbeikam und bestätigte, das Binchen am Morgen beim Bahnhof in einen schwarzen Mercedes oder BMW steigen gesehen zu haben, gab es für Hasenklever keinen Grund mehr, das Werkel nicht doch in Bewegung zu setzen. Und zwar blitzartig.
    Er nahm jetzt nicht nur hurtig die Anzeige auf, sondern setzte auch gleich die gesamte Maschinerie in Gang. Und die war bei Entführung der Tochter des Nationaltorwarts in möglicher Tateinheit mit Beeinflussung eines oder mehrerer Spielergebnisse bei der Fußball-EM zulasten des deutschen Teams nicht ohne. Wirklich nicht.
    Und so nahmen die Dinge ihren Lauf.

     
    * * *

     
    Palinski hatte den ganzen Tag über Termine gehabt. Keine sonderlich wichtigen, aber lästige Gespräche führen müssen. Das Anstrengende dabei war vor allem, dass er in der Nacht zuvor lediglich knapp vier Stunden Schlaf bekommen hatte. Dazu kam noch ein erheblicher Mangel an Konzentration, da er immer wieder an das Geschehen am frühen Morgen denken musste. Falls er die bisherigen Informationen richtig deutete, war das, womit er es da zu tun hatte, wirklich eine ernste, eine große Sache. Eine internationale Verschwörung halt.
    Diese Einschätzung wurde noch durch die Schlussfolgerungen verstärkt, die sich Palinski beim Versuch aufdrängten, mit den beiden von Branko Miscovic ausdrücklich als vertrauenswürdig bezeichneten Personen Kontakt aufzunehmen: Der an der Botschaft in Wien tätige Legationsrat Dr. Jure Jablovec war heute Morgen mit einem schweren Herzinfarkt ins Allgemeine Krankenhaus gebracht worden, wo man dem 34-jährigen Diplomaten allerdings nicht mehr helfen konnte.
    Und Professor Mirko Szentosiewic, bisher stellvertretender Leiter der Delegation, die die Verhandlungen mit der EU führte,

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