Ballsaison: Palinskis siebter Fall
darüber in seiner Datenbank finden konnte.
* * *
Nach dem total missglückten Versuch, die schwarzen Schafe unter den Schiedsrichtern mithilfe des Lügendetektors erkennen und damit ausschalten zu können, waren den Verantwortlichen der UEFA nicht mehr sehr viele Sicherheitsmaßnahmen geblieben. Einerseits waren die für einen Einsatz vorgesehenen Referees in streng bewachten Hotels in Österreich und der Schweiz untergebracht und von der Öffentlichkeit hermetisch abgeschirmt worden. Wobei selbst der Standort der beiden mit allem erdenklichen Luxus ausgestatteten Fünf-Sterne-Häuser ein streng gehütetes Geheimnis war. Dass sämtliche ein- und ausgehenden Telefonate der Schiedsrichter überwacht wurden, versteht sich von selbst. Es war wie im Hochsicherheitsgefängnis, allerdings erheblich komfortabler.
Einen gewissen Schutz versprachen sich die Verantwortlichen auch aus der möglichst späten Bekanntgabe der konkreten Besetzungen für die einzelnen Spiele. So würden die Namen der Schiedsrichter und ihrer Assistenten für das heute um 18.00 Uhr in Basel stattfindende Eröffnungsspiel und das zweite Spiel der Gruppe A um 20.45 Uhr in Genf erst bei der Pressekonferenz um 14.00 Uhr bekannt gegeben werden.
Von diesem Zeitpunkt an bis nach dem Ende des jeweiligen Spieles würden auch die Familienmitglieder der nominierten Referees unter Polizeischutz stehen, um sämtliche Eventualitäten auszuschließen.
Natürlich stand die UEFA auch noch in ständigem Kontakt mit den großen Buchmachergesellschaften, die den Europäischen Verband von jeder Entwicklung informieren wollten, die auf Absprachen oder sonstige Unregelmäßigkeiten im Spielbetrieb schließen ließ.
Während er sich für die Pressekonferenz fertig machte, dachte Generalsekretär de Graaf wehmütig an seine Jugend zurück. Damals war Fußball n u r ein faszinierendes Spiel gewesen. Die Fouls und Regelverstöße hatten sich auf die 90 Minuten am Spielfeld beschränkt, und die Freude am Spaß war der größte Gewinn.
Und heute? Ein gigantisches Geschäft mit all seinen negativen Nebenerscheinungen. Irgendwie hatten sie alle in den letzten Jahrzehnten ihre Unschuld verloren. Und der Fußball mit ihnen.
* * *
Gegen 14.00 Uhr traf der kleine Konvoi mit Renata Brionigg, Erika Fuscheé und den anderen Damen am Hagler Hof in Neustein ein. Der kleine, zu Ottenschlag zählende Weiler lag etwa zwei Kilometer außerhalb der Ortschaft in Richtung Traunberg. Das war wiederum die Gemeinde, aus der Josefa Thaler stammte, eine 92 Jahre alte wie auch immer mit Renata Brionigg verwandte Frau. Josefa saß in einem bequemen Stuhl vor dem Haus und genoss sichtlich ihre Rolle als Überraschung für den Ehrengast. Flankiert wurde die alte Dame von Onkel Alois und Tante Mali, vor Josefa warteten die beiden Volksschülerinnen Rosi Ansbacher und Helga Rettenbauer mit dem Willkommenstrunk, einem echten doppelt gebrannten Obstler vom Nachbarn.
Natürlich hatte der hohe Besuch auch den Bürgermeister und seinen Vize, die dazugehörigen Frauen und die zwölfköpfige Stadtkapelle auf die Beine gebracht und veranlasst, sich ebenfalls vor dem 1543 erstmals urkundlich erwähnten Hof aufzubauen.
Kaum war der Wagen eines Ehepaares aus Darmstadt, er Studienrat mit den Fächern Mathematik und Geometrie und sie Hausfrau, irrtümlich in die Zufahrt zum Hof eingebogen und langsam nach vorne gerollt, als die Musik auch schon mit ›Oh du mein Österreich‹ loslegte. Die beiden Deutschen, denen ihr ehrliches Erstaunen ins Gesicht geschrieben stand, schluckten den angebotenen Schnaps und lobten die Gastfreundschaft auf dem Lande in höchsten Tönen, ehe sie ihre Fahrt fortsetzten.
Gerade noch rechtzeitig genug, um die Ankunft der eigentlichen Ehrengäste nicht zu behindern. Die Waldviertler waren aber nicht nur gastfreundlich, sondern auch lernfähig. Daher blickten sie jetzt zunächst einmal misstrauisch auf die verspiegelten Scheiben des kleinen Reisebusses. Wahrscheinlich wollten sie sich zuerst einmal versichern, dass ihre musikalischen Perlen nicht wieder bloß an verirrte Touristen verschwendet wurden.
Als Renata Brionigg endlich aus dem Bus stieg, rief Josefa Thaler ganz aufgeregt: »Des muass die klane Reni vom Martin sein, mei, is die groß worn!«, stemmte sich aus dem Stuhl hoch und humpelte dem Ehrengast entgegen.
Und da gab es auch für die Neuauflage von ›Oh du mein Österreich‹ kein Halten mehr, der Schnaps floss wie auch einige Tränen, und der
Weitere Kostenlose Bücher