Baltasar Senner 03 - Busspredigt
scheint der Mordverdacht gegen mich ausgeräumt zu sein.«
»Seien Sie sich nicht zu sicher. Wenn die Polizei keine anderen Verdächtigen findet …«
»Sie sind zu pessimistisch, Hochwürden. Die werden schon den richtigen Täter überführen.«
»Immerhin haben Sie kein richtiges Alibi. So was macht einen in den Augen der Kripo verdächtig.«
»Bei meiner Mutter waren sie richtig lästig. Dabei weiß die Arme gar nichts darüber, was Anton in der letzten Zeit gemacht hat.«
»Glauben Sie, ich könnte einmal mit Ihrer Mutter sprechen? Mich würde interessieren, wie sie Anton früher erlebt hat.«
»Ich kann sie fragen. Sie redet nicht gerne über die Zeit. Mein Vater war damals Ihr Chef, müssen Sie wissen. Er hatte hier in der Region eine Fabrik.«
»Er war als Unternehmer ansässig im Bayerischen Wald, tatsächlich? Das wusste ich gar nicht. Erzählen Sie mir mehr.«
»Fragen Sie meine Mutter, die kann Ihnen die Geschichte besser erzählen. Ich war damals noch nicht auf der Welt und weiß alles nur aus zweiter Hand.«
»Anton traf kurz vor seinem Tod auf eine Gruppe Jugendlicher.« Baltasar nannte die Namen und beschrieb die Personen. »Sie behaupten zwar, es wäre ein spontanes Zusammentreffen gewesen, aber ich frage mich, ob es wirklich nur Zufall war. Kennen Sie jemanden von denen? Haben Sie eine Idee, ob es eine Verbindung zu Ihrem Vater gibt?«
Quirin lehnte sich zurück und trank betont langsam aus seinem Glas.
»Ich weiß nicht. Kann sein, dass mir solche Youngsters irgendwann mal über den Weg gelaufen sind, aber erinnern kann ich mich sicher nicht. Sie gehören nicht zu meinem Freundeskreis. Außerdem wohn ich ganz woanders.« Er stellte das Glas wieder ab. »Ich wüsste auch nicht, was mein Vater mit denen zu schaffen gehabt haben soll. Könnten ja seine Enkel sein.«
Quirin erzählte Baltasar, was er mit seinem Erbe plante: eine Reise, eine neue Stereoanlage, ein neues Auto. »Vielleicht ziehe ich in das Haus meines Vaters. Mir gefällt’s hier. Dann sind wir bald Nachbarn.«
*
Wolfram Dix lenkte das Auto auf einen Parkstreifen am Straßenrand und schaltete den Motor aus.
»Warum halten wir?«, fragte Oliver Mirwald.
»Schauen Sie sich das an.« Der Kommissar zeigte auf eine Weide, die sich bis zum Waldrand zog. »Da.«
»Was da? Ich sehe nur Landschaft, den Bayerischen Wald in Reinkultur sozusagen. Deswegen halten wir?«
»Gucken Sie genauer hin. Dort am Zaun. Bei der Tränke.«
Eine Schweinefamilie grub gerade den Boden um. Die Ferkel drängten sich um ihre Mutter, suchten nach dem besten Platz, schoben sich gegenseitig weg.
»Ist das nicht lieb anzuschauen?« Dix strahlte.
»Das sind nur Schweine. Die sind mir als Schinken am liebsten. Fahren wir weiter.«
»Genießen Sie den Anblick, Mirwald. Freilaufende Tiere, das ist selten, sogar im Bayerischen Wald. Bei euch in Norddeutschland wachsen die vermutlich nur noch in Hallen mit Kunstlicht auf. Und hier: reine Natur, Bio-Landwirtschaft und gute Luft.«
»Das nennen Sie gute Luft?« Dix’ Assistent kurbelte das Fenster wieder hoch. »Hier stinkt’s nach Gülle. Das Parfum des Bayerischen Waldes.«
»Das heißt hier Odel, nicht Gülle. Ein natürlicher Dünger. Landwirtschaft duftet eben nicht nur nach Ringelblumen. Außerdem sind Schweine äußerst intelligent, viel intelligenter als Hunde. Und viel reinlicher, auch wenn es auf der Wiese anders aussieht.«
»Ihr Biologieunterricht in allen Ehren, Herr Dix, aber wir müssen weiter. Sie können mich ja später zu einem Schweinsbraten einladen und mir alle Details über die Zucht von Ferkeln oder das Wegschaufeln von Gülle, Verzeihung, Odel erzählen.«
»Ich wollte Ihnen eine Freude machen und Ihnen was Typisches für diesen Landstrich zeigen, und Sie denken nur ans Essen, Mirwald. Jetzt habe ich selber Hunger.«
Dix startete den Motor. Den Rest der Fahrt pfiff er ein Lied und hörte selbst dann nicht auf, als Mirwald das Radio lauter drehte.
Sie bogen in die Straße zum Pfarrhaus ein. Ein Auto kam ihnen entgegen.
»War das nicht dieser Quirin Eder?« Mirwald sah dem Fahrer hinterher. »Was wollte der bei dem Pfarrer?«
»Werden wir ja gleich erfahren.«
Dix parkte vor dem Eingang. Bislang war es ein netter Ausflug gewesen. Das Wetter passte, diese Region war eine Gegend zum Erholen. Er musste die Chancen einfach nutzen, die sich ihm boten, aus dem muffigen Büro in Passau herauszukommen und die verfluchten Aktenberge hinter sich zu lassen.
»Ermittlungen« – das
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