Bamberger Verrat
Firmenkasse abgezweigt hat?«
»Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Alte das nicht bald bemerkt hätte. Aber wer weiÃ, Martin war nicht dumm.«
»Wissen Sie vielleicht, warum Herr Kostner seinen Sohn entlassen hat? Worum ging es denn bei dem Streit?«
Georg Burgis zuckte bedauernd mit den Schultern. »Auch da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen. Wir wussten ja zunächst nicht mal, dass er Martin rausgeschmissen hat. Erst nach ein paar Tagen, als er nicht mehr auftauchte und Frau Motschenbacher erzählte, dass sein Büro ausgeräumt sei, habe ich beim Alten mal nachgefragt, was denn mit Martin los ist. Er ist mir fast ins Gesicht gesprungen und hat dann geknurrt: âºDer junge Mann wird sich in Zukunft woanders umschauen müssen.â¹Â«
»Das klingt ⦠interessant«, sagte Claudia Jung und machte sich eine weitere Notiz.
Werner schraubte sich von seinem Hocker und gab Herrn Burgis die Hand.
»Vielen Dank, Sie haben uns sehr geholfen. Und Sie wissen ja, wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt â¦Â« Er gab ihm seine Karte.
Als sie aus der düsteren Werkstatt ins Freie traten, spiegelten sich in den Pfützen im Hof die ersten flüchtigen Sonnenstrahlen.
11
Benno verwünschte sich zum dreihundertsiebzigsten Mal an diesem Vormittag für seinen Satz mit der Zahnpastatube. Aber im Grunde wusste er genau, dass das nur der berühmte letzte Tropfen gewesen war. Hanna und er hatten sich in den letzten Monaten beinahe dauernd gestritten.
Nein, so auch wieder nicht. Immer, wenn sie etwas unternommen hatten, vertrugen sie sich prächtig. Sie hatten einfach Spaà an denselben Sachen, so unterschiedlich sie auch waren: Rockkonzerte und Poetry Slam im Morph Club oder im Jazzkeller, klassische Musik bei den Symphonikern, die GenieÃermesse in den Haas-Sälen mit regionalen Spezialitäten oder der Bauernmarkt am Samstag früh auf der Promenade, Radeln in den fast unberührten Tälern der HaÃberge, Wandern zu Orchideen und Felsen in der Fränkischen Schweiz, eine Kanutour auf dem Obermain, Weineinkaufen am Steigerwaldrand, Künstlerfest in der Villa Concordia und, natürlich, »Auf-den-Keller-Gänge«. Kaum lassen die Temperaturen das Sitzen im Freien zu, geht der Bamberger fast zwanghaft »auf den Keller«, Biergärten über tiefen Felsenkellern, in denen die Fässer gelagert werden.
Wehmütig erinnerte sich Benno an die kleinen Auseinandersetzungen, die manchmal über die Frage entstanden waren, welchen der Keller in Bamberg und drum herum man nun besuchen wollte, und an die oft etwas heftigeren Diskussionen, wer denn mit dem Heimfahren dran sei. Ach, wenn Hanna nur zurückkäme, würde er bestimmt versprechen, in neunzig Prozent aller Fälle die Heimfahrt zu übernehmen; er wollte sowieso etwas weniger Bier trinken, denn es schmeckte zwar so gut â neun selbstständige Brauereien gab es noch in der Stadt und Hunderte im Umkreis, und fast alle Biersorten schmeckten nach mehr als einem Seidla â, aber es machte so dick.
Gemeinerweise konnte Hanna so viel trinken und essen, wie sie wollte, ohne dass man irgendetwas davon sah. Aber er legte sich im Sommer immer eine kleine Wampe zu. »So viel Sex kann man gar nicht treiben, um das wieder abzuarbeiten«, hatte Hanna mal gesagt und war in ihr rundes, buntes Lachen ausgebrochen. Und dann â¦
Benno rief sich innerlich zur Ordnung. Nein, gestritten hatten sie eigentlich fast immer nur zu Hause, um lächerliche Kleinigkeiten. Seine Wohnung war für zwei Individualisten halt doch etwas zu klein. Vielleicht, wenn sie beide ein eigenes Arbeitszimmer hätten oder zumindest Hanna, wo sie so viel Unordnung machen konnte, wie sie wollte. Aber wo sollte man in Bamberg schon eine Vier-Zimmer-Wohnung herkriegen, die man auch noch bezahlen konnte? Bamberg war zwar keine Boom-City, wurde aber als Wohnort zunehmend beliebter, für Leute, die hier arbeiteten ebenso wie für solche, die hier ihren Lebensabend verbringen wollten, und dazu kam auch noch die wachsende Zahl der Studenten. Bezahlbarer, ja selbst teurer Wohnraum war deshalb extrem knapp. Und was sollte werden, wenn sie mal Kinder â¦? Ein Haus mit Garten wäre ⦠Er musste sich unbedingt mal wieder erkundigen, wie weit sein Bausparvertrag â¦
Das Telefon klingelte. Es war Frau Schnelein, die Sozialarbeiterin aus dem Gefängnis, eine überaus nette,
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