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Bamberger Verrat

Bamberger Verrat

Titel: Bamberger Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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besiegelte. Aber er machte nicht nur
notgedrungen
mit, er stieg intensiv in die Planung ein und entwickelte auch eigene Ideen.
    Volk und Teuber instruierten ihn genau, wie er sich Sonja Novak gegenüber zu verhalten habe. Er solle ihr sagen, dass
sie etwas Besonderes habe, das ihn fessle
. Er solle ein intimes Verhältnis mit ihr anfangen und erzählen, dass er sich bei der Grenzpolizei entpflichten lassen und in den Westen gehen wolle. Aber er wolle sich vorher mit jemandem unterhalten, der diesen Schritt schon gemacht habe. Wenn Sonja Novak ihn bitte, ihr bei der Flucht zu helfen, solle er sich nur zögerlich darauf einlassen. Das würde glaubwürdiger wirken.
    Kromm hielt seine Instruktionen genau ein. Er traf Sonja und fuhr mit ihr nach Karl-Marx-Stadt, wo sie über Nacht blieben. Allerdings konnte er Sonja nicht dazu verführen, Franz an die Grenze zu locken; dennoch bekam er für dieses Treffen zwanzig Mark von der Stasi.
    Mitte Juli teilte Sonja Franz mit, dass sie wieder neuen Lebensmut gefasst und sich jetzt zur Flucht entschlossen habe. Sie habe Hans Kromm getroffen, der ihr nicht nur bei der Flucht helfen, sondern auch selbst in den Westen wolle. Auch auf Franz wirkte dieses Auftauchen seines alten Freundes aufrüttelnd. Plötzlich sah Franz eine Chance, sein aus den Fugen geratenes Leben wieder auf ein positives Gleis zu stellen.
    Er erinnert sich an die Frage des amerikanischen Geheimdienstlers nach der Gasmaske und an sein Angebot, ihm dafür eine Stelle im Forst zu verschaffen, etwas, wonach er sich mehr denn je sehnt. Hans Kromm ist ja noch bei der Grenztruppe; für ihn müsste es doch ein Leichtes sein, eine solche Maske zu besorgen; außerdem könnte Hans sich mit dem Geld, das die Amerikaner für die Maske bezahlen, ein Startkapital für ein Leben im Westen verschaffen. Franz Novak ruft die ihm übergebene Telefonnummer an und fragt nach, ob man noch an dieser Gasmaske interessiert sei. »Beiroth« bejaht dies.
    Daraufhin schreibt Novak am 21.   7.   1959 jenen fatalen Brief an Hans Kromm, der aus einem einfachen Fall von Republikflucht einen Spionagefall mit tödlichem Ausgang macht.
    Mein lieber
Hans
! Endlich, nach langer Zeit einer unglücklichen Trennung, ist es mir möglich, durch einige Zeilen etliche Worte mit Dir zu wechseln. Durch die Sonja erfuhr ich Deine Hilfsbereitschaft, ihr und zugleich mir einen edlen Freundesdienst zu leisten, und ich erkenne daran, dass Du lieber
Hans
, magst Du meine

Handlungsweise vielleicht auch anders eingeschätzt haben, letzten Endes doch Dein Herz auf meine Seite stellst. Du wirst schon allein für den Gedanken, meiner Frau zu helfen, solange ich atme, meine vollste Hochachtung genießen, und ich wünschte, ich könnte Dir diese edle Gesinnung jemals vergelten. Du weißt ja, wie sehr ich an Dir als Freund gehangen habe. Hoffentlich erleben wir die Zeit, dass wir unter friedlichen Verhältnissen und nicht über Grenzen hinweg unsere Freundschaft wieder aufnehmen können. Nun zur Sache, lieber
Hans
. Die Gefahr, meiner Frau über Berlin zu mir zu verhelfen, ist außerordentlich groß und nicht durchführbar … Das, was ich von Dir will, ist tausendmal sicherer und ungefährlicher. Ich brauche schnellstens eine Gasmaske, die Du der Sonja übergibst. Ich meine, diese zu besorgen ist kein Problem. Es verschwindet eben eine von irgendeinem, der sowieso leichtsinnig ist. Was dabei herausspringt, geht zu gleichen Teilen … Ich will Dich nicht mit all zu vielen Gedanken belasten; Du hast zu entscheiden. Wenn Du zu allem Nein sagst, bist Du in meinen Augen weiterhin mein bester Freund …
    Diese Aufforderung, eine Truppenschutzmaske zu stehlen, erfüllte den Tatbestand der Spionage. Bei der Stasi wurde daraufhin am 27.   7.   1959 der »Operativvorgang 10/59« mit der Bezeichnung »Der Verräter« angelegt; als Grund dafür steht in der Einleitung, Novak führe von Westdeutschland
aus Spionage gegen die Deutsche Demokratische Republik
durch. Ziel des Operativvorgangs war es, Novak
in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zu ziehen und festzunehmen
.
    Dafür wurden genaue Maßnahmenpläne ausgearbeitet. Der Vorgang sollte am 22.   August 1959 durchgeführt werden. Bereits am Tag vorher sollte das Ziel-Gebiet auf westlicher Seite genau beobachtet werden,
um die Tätigkeit gegnerischer Kräfte in diesem Bereich

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