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Bamberger Verrat

Bamberger Verrat

Titel: Bamberger Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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Papiere, die neben ihr auf einem kleinen Tisch lagen, und sagte: »Anfangs war er bei der Grenzpolizei, aber später arbeitete er für das Ministerium für Staatssicherheit.«
    Â»Die Stasi!«, murmelte Charly. »Hab ich mir’s doch gedacht.« Er knetete seine langen Finger. Inzwischen war von der anfänglich bemühten Haltung nichts mehr übrig. Angespannt saß er auf der Vorderkante seines Stuhls. »Die Stasi!«
    Er nickte, als habe sich eine Vermutung bestätigt: »Also deshalb sind wir 1989 so eilig weggezogen aus Erfurt! Ich war damals fünf und hab nur mitgekriegt, dass irgendetwas Schreckliches geschehen war und wir schleunigst wegmussten. Für meine Eltern war die Wende etwas Schreckliches. Später hat mein Vater nie mehr über seine Vergangenheit geredet. Und mit Fragen durfte man ihm nicht kommen, da wurde er sofort grantig. Ich wusste bis eben nicht mal, dass er bei der Stasi war.«
    Claudia Jung blätterte in ihrem Ordner: »Aber aus meinen Unterlagen geht auch hervor, dass ihm im August 1995 hier in Bamberg ein Prozess wegen Verschleppung eines Bundesbürgers in die DDR gemacht wurde. Haben Sie denn da nichts erfahren?«
    Â»1995?« Charly dachte nach. »Da war ich elf. Im August, sagen Sie? Ach, deswegen haben sie mich damals zur Oma geschickt, wo ich sonst nie hindurfte, weil sie mich angeblich verzogen hat. Gleich sechs Wochen durfte ich bleiben.« Er schaute Claudia Jung an, als könne sie ihm Halt geben. »Nein, auch von dem Prozess höre ich gerade zum ersten Mal. Sehen Sie, ich weiß so vieles nicht. Aber ich bin ja nicht blöd, ich hab doch gespürt, dass da irgendwelche Leichen im Keller liegen. Doch keiner hat je was gesagt. Deshalb hab ich ja auch so … also deshalb war ich ja so aufgeregt, als diese Frau anrief und mir sagte, sie wüsste etwas sehr Wichtiges und Gefährliches über meinen Vater.«
    Â»Und wer war diese Frau?«
    Â»Keine Ahnung. Sie hat sehr geheimnisvoll getan und gesagt, ich dürfte niemandem von ihrem Anruf erzählen. Sie hat gesagt … also, jetzt klingt das wie eine … wie … das glaubt mir kein Mensch, aber …«
    Â»Erzählen Sie halt einfach, wie es war oder woran Sie sich erinnern können.« Claudia Jung nickte ihm aufmunternd zu.
    Â»Also, da rief also vor acht Tagen diese Frau an. Ich war an dem Abend ausnahmsweise allein daheim, weil Marty weggegangen war und Tanja babysitten musste. Sie, also die Frau, fragte mich, ob ich der Sohn von Hans Kromm bin und ob ich an Informationen über die Vergangenheit meines Vaters interessiert bin. Ich sagte natürlich ›okay‹ und was für Informationen das denn sind. Sie meint, sie hat geheimes Material von der Stasi, das noch nicht mal die Gauck-Behörde hat – ich hab mich inzwischen schlaugemacht, was das denn ist, diese Behörde. Also, das wäre Material, was dort niemals hingekommen wäre, und sie würde es mir gern verkaufen, weil sie dringend Geld braucht. Fünfhundert Euro. Fünfhundert Euro sind schon eine Menge Geld für mich, aber ich wollte es unbedingt wissen. Also frag ich nur, wo wir uns treffen, damit sie mir die Sachen übergibt. Da sagt sie, also das sei eben kompliziert, weil, in den Dokumenten stünden auch Sachen über ehemalige Stasi-Offiziere, die viel Dreck am Stecken hätten und viel zu verlieren, weil sie jetzt wieder in hohen Positionen säßen. Und die hätten so ein Netzwerk gegründet, und von denen würde sie jetzt verfolgt, und deshalb bräuchte sie auch das Geld so dringend, damit sie sich aus dem Staub machen kann.«
    Werner schüttelte den Kopf. »Mal abgesehen von allem andern: Das ist doch unlogisch. Warum hat sie sich denn nicht an einen von diesen Leuten gewandt? Da hätte sie doch viel mehr Geld bekommen können?«, fragte er skeptisch.
    Claudia Jung blickte ihn kritisch von der Seite an, aber Charly nickte: »Das habe ich sie auch gefragt, und sie sagte, das hätte sie ja getan. Darum würden die sie ja jetzt verfolgen. Die würden sie jederzeit liquidieren, wenn sie sie erwischen würden. Dann flüsterte sie, sie müsse jetzt aufhören und sie würde mir eine Nachricht zukommen lassen.«
    Â»Das klingt alles … sehr … mysteriös«, meinte Claudia Jung vorsichtig.
    Â»Es klingt bescheuert, ich weiß, aber damals … also ich hab es geglaubt,

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