Bamberger Verrat
Sie sich nicht an die Polizei gewandt, wenn Sie doch dachten, dass Sie ermordet werden sollten?«, fragte Werner.
Werners Frage brachte wieder etwas Farbe in Charlys Lippen. »Pfff!«, machte er. »Dreimal dürfen Sie raten.«
»Sie hatten Bedenken wegen dieser Drogengeschichte, nicht wahr?«, ging Claudia Jung begütigend dazwischen.
Charly seufzte nur. Er sah völlig erschöpft aus, so als würde er sich nur noch mit Mühe aufrecht halten. Sein hagerer Körper krümmte sich, als er den Kopf bis zwischen die Knie sinken lieÃ.
»Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte Claudia Jung besorgt.
»Wie würde es Ihnen denn gehen, wenn Sie beobachtet hätten, wie Ihr Freund ermordet wird, und wüssten, dass eigentlich Sie dran glauben sollten?« Er hob den Kopf, lächelte Claudia Jung kläglich an und sagte leise: »Und Hunger habe ich auch.«
»Hatten Sie noch kein Frühstück?« Claudia Jung warf Werner einen vorwurfsvollen Blick zu. »Nun, das werden wir gleich ändern.«
Werner sah auf die Uhr.
»Elf Uhr siebenundzwanzig. Unterbrechung des Verhörs«, sagte er ins Mikro des Aufnahmegeräts. »Wir machen jetzt erst einmal eine Pause.«
35
Kunigunde saà wie auf Kohlen. Nein, Kohlen wären wohl eine verhältnismäÃig angenehme Sitzgelegenheit, dachte sie. Der Vergleich mit glühenden Pflugscharen wäre wohl passender. Schon drei Mal hatte sie die junge Beamtin am Anmeldungsschalter gefragt, wann denn Kommissar Sinz endlich ⦠Und jedes Mal hatte diese geduldig und ein wenig herablassend erklärt, dass der Herr Erste Hauptkommissar gerade in einer wichtigen Vernehmung sei und keinesfalls gestört werden dürfe und ob Frau Buchner nicht doch mit einem anderen Beamten â¦
Nein danke, denn Staatsanwalt Berg habe ausdrücklich gesagt â¦
Beim letzten Mal hatte die Auskunft schon etwas hoffnungsvoller geklungen: Man habe Herrn Ersten Hauptkommissar verständigt; er werde sich so bald wie möglich um sie kümmern. Doch der Minutenzeiger der Uhr über dem Tresen rückte unerbittlich vor: elf Uhr fünfzehn, elf Uhr zwanzig, elf Uhr dreiundzwanzig, elf Uhr vierundzwanzig.
Und in Kunigunde tickte die unerbittliche Uhr der Angst. Sie wäre am liebsten aufgesprungen und im Raum hin und her gelaufen. Sie beherrschte sich mühsam und griff zur Ablenkung nach einer Zeitung, die auf dem Tischchen neben den Wartestühlen lag. Es war der »Fränkische Tag«, den dort jemand mit der Titelseite nach unten nachlässig hingeworfen hatte.
Als Kunigunde ihn umdrehte, sprang ihr die fett gedruckte Titelzeile »Mord im Hain« ins Auge. Ach, der Tatort war also der Bamberger Hain! Ihr fielen wieder die vielen geschäftigen Menschen ein, die sie gestern früh vom Staatsarchiv aus beobachtet hatte.
»In der Morgenfrühe des gestrigen Tages«, las sie, »machte die Joggerin A . S . eine grausige Entdeckung: Ein Toter lag zu FüÃen des Denkmals von König Ludwig II . von Bayern, erschossen. Es war der vierundzwanzigjährige M . K ., Sohn eines bekannten Bamberger Bauunternehmers â¦Â« Kunigundes Blick fiel auf die erste gröÃer gedruckte Zwischenüberschrift des Artikels: »Lebenslanges Leid dem Verräter. Der Tote hielt einen regendurchweichten Papierzettel in der Hand mit den mysteriösen Worten ⦠Die Polizei rätselt â¦Â«
Am Rande nahm sie wahr, dass ein junger Mann in der schwarzen Uniform eines Sondereinsatzkommandos den Raum betrat. Er schlenderte hinüber zum Tresen und begann mit der Polizistin dort zu flirten.
»Na, du groÃer Held«, lächelte diese, »ist euer Einsatz schon beendet? Adrenalin schon wieder runtergefahren?« Der SEK ler stieà bedauernd die Luft zwischen den Lippen aus. »Phh! Wir kamen gar nicht dazu, uns aufzuregen. Ging alles ganz easy.« Er fuhr sich mit der Hand übers Haar. »Wir haben nur für die notwendige Sicherheit gesorgt.«
»Das muss ja ein ganz schön gefährlicher Bursche sein, dieser Charly Baumann, wenn der Chef dafür extra das SEK kommen lässt.«
Bei dem Namen Charly Baumann lieà Kunigunde die Zeitung sinken und hob den Kopf.
»Na, ihr werdet es bald wissen«, sagte der Schwarzuniformierte, »sie verhören ihn ja gerade.«
»Ich weië, nickte die junge Frau und strahlte ihn an. »Schon seit fast einer
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