Bambule am Boul Mich
los, Monsieur? Ich bin
ganz durcheinander. Hab in der Zeitung gelesen...“
„Das erklär ich Ihnen später.
Nächste Woche vielleicht. Jetzt muß ich Sie was fragen.“
„Ja, Monsieur?“
„Haben Sie bei Pauls Sachen ein
teures Exemplar von Baudelaire gesehen, Les Fleurs du Mal? “
„Ja, natürlich. Aber ich hab
das Buch nicht mehr.“
„Was haben Sie damit gemacht?“
„Nichts. Als Paul... ich
meine... also, das Buch war nicht bei Pauls Sachen, die ich behalten habe
nach... nach seinem Tod.“
„Aber es konnte jemand vermuten,
daß es bei Ihnen war?“
„Ja... vielleicht. Haben Sie
was rausgekriegt, Monsieur?“
„Ich bin noch dabei.“
„Komisch, daß Sie mich nach dem
Buch fragen... daß Sie sich ausgerechnet dafür interessieren.“
„Warum?“
„Mir hat’s nie gefallen.“
„Ach, wissen Sie, Geschmack und
Farben „Das meine ich nicht. Mir hat es nie gefallen, weil... Paul hat oft drin
gelesen. Ich hatte immer das Gefühl, es machte ihn traurig. Oh, Monsieur! Sie
haben was rausgekriegt, ja? Und was da heute passiert ist...“
„...erklär ich Ihnen später.
Guten Abend, Jacqueline. Ziehen Sie sich nett aus und verlieren Sie den Gürtel
nicht.“
„Oh, Monsieur Burma!“
Ich legte auf.
Dann nahm ich nochmal die
Blumen des Bösen in die Hand.
„Alter Freund“, sagte ich,
„deine Verse haben ihn traurig gemacht.“
Mit gutem Grund.
15
Die Motive
Zwölf Stunden später, es war
inzwischen Sonntag vormittag , klingelte es lebhaft an
der Tür. Ich zog meinen Morgenmantel über und öffnete. Vor mir stand Hélène in
ihrem Pelzmantel, leichenblaß.
„Großer Gott!“ rief ich. „Ist das
die Aufregung, mich wiederzusehen? Nach allem was Sie über mich in der Zeitung
gelesen haben? Oder schleppen Sie sich immer noch mit Ihrer gottverfluchten
Grippe rum?“
„Das kommt von der Grippe“,
antwortete sie lächelnd. „Sie sind drauf abonniert...“
Ich bat sie in mein chaotisches
Zimmer.
„Von Rückfall zu Rückfall, ja,
ja...“
„Ich hab sie durchgehend.“
Sie setzte sich und schlug die
Beine übereinander. Mit oder ohne Grippe, die Beine bleiben hübsch.
„Neulich hab ich Ihnen erzählt,
ich wär sie los. Aber das stimmte nicht.“
„Hab ich gemerkt.“
„Ich wollte nur, daß Sie mich
besuchten. Ich hatte Langeweile.“
„Sie halten mich für sehr
mutig.“
„Kann sein.“
„Und Sie wußten, daß Sie mich
noch anstecken konnten?“
„Natürlich!“
„Hexe!“
„Wollen Sie sich beklagen? Hexen
sind immer schöne Frauen.“
„Hm... Aber ich dachte, Ihr
Arzt...“
„War gelogen! Er hat mir nicht
gesagt, ich sei gesund. Dachten Sie wirklich, er hätte sich geirrt?“
„Zum Donnerwetter, ja!“
Sie lachte.
„Glauben Sie nicht, daß Ärzte
in diesem Punkt irren, mein armer Schatz. Sonst gibt’s Ärger. Und nicht nur mit
der Ärztekammer.“
Ich kriegte ihr Handgelenk zu
fassen. Der Virus war mir jetzt egal.
„Was wollen Sie damit sagen,
Sie kleine Nervensäge?“
„Lassen Sie mich los. Sie tun
mir weh!“
Ich nutzte die Situation aus
und küßte sie. War mir wirklich scheißegal, der Virus. Dann ließ ich sie los
und wischte mir den Lippenstift ab. Hätte das Zeug fast zum Frühstück
verspeist.
„Los, Kleine“, sagte ich. „Was
soll das Gerede über die Ärzte mit ihren Kunstfehlern?“
„Ach, nichts weiter. Ich wollte
Ihnen etwas mitbringen, aber es hat nicht geklappt. Na ja, Sie werden sehen.
Sie haben ja Übung darin, den Spreu vom Weizen zu
trennen. Ich war auch nicht untätig, gestern und vorgestern. Werd’s Ihnen
gleich erzählen. Aber zuerst sagen Sie mir, was an den Schlagzeilen dran ist...
mit diesem Van Straeten, dem Schwarzen, mit dieser Yolande usw. Ihr Bericht
wird bestimmt informativer sein als das, was ich gelesen habe.“
Ich setzte sie ins Bild. Sie
sollte was hören für ihr Geld, mehr als in den Zeitungen stand. Aber alles
erzählte ich ihr nicht.
„Und wer hat Ihrer Meinung nach
den Magier getötet?“ fragte sie.
„Wahrscheinlich einer seiner
,Kunden“. Kam zufällig vorbei und nutzte die günstige Gelegenheit aus. Und mich
hat er außer Gefecht gesetzt, damit ich ihn nicht bei seiner Abrechnung störte
und nicht gegen ihn aussagen konnte.“
„Keine andre Idee?“
„Keine.“
„Und de Bugemont?“
„Ausgeschlossen. Und jetzt
Sie.“
„Also... Neulich hab ich Ihnen
doch am Telefon Hilfe angeboten. Erinnern Sie sich? Sie lagen auf der Nase.
Meine Schuld. Deswegen wollte ich Ihnen helfen.
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