Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bambule am Boul Mich

Bambule am Boul Mich

Titel: Bambule am Boul Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
Art feindlichem Erstaunen an.
    „Was ist passiert?“ wiederholte
Leverrier.
    „Ich hab was für Sie.“
    „Was?“
    „Hab Sie den ganzen Tag über zu
erreichen versucht.“
    Das war keine Antwort auf seine
Frage. Der Ansicht war Leverrier auch.
    „Also, worum geht es, Monsieur?“
fragte er ungeduldig.
    „Ich möchte Ihnen ein Buch
zurückgeben, das Van Straeten Ihrem Sohn in der verhängnisvollen Nacht geklaut
hat und ich wiederum Van Straeten.“
    Er biß sich auf die Lippen, schielte
zu seiner Geliebten rüber und sah mich dann wieder direkt an.
    „Schön“, sagte er. „Ich bin in
einer Viertelstunde bei mir.“
    „Schön“, echote ich.
    Ich verbeugte mich leicht zu
der jungen Frau hin. Sie hatte sich nicht gerührt. Ihre Hand lag auf der Brust.
Entweder unterstützte sie ihren Büstenhalter, oder aber sie kitzelte sich die
Brustwarzen. War sie vielleicht verlegen? Eine sehr hübsche Puppe. Eine von
denen, die „Mama“ sagten, wenn man sie hinlegt. Der Grips in ihrem hübschen
Köpfchen war etwa erbsengroß. Mit ihr besprach der Arzt bestimmt nicht seine
Probleme.
     
    Ich wartete auf dem Bürgersteig
vor seinem Haus. Er kam, drückte auf den Knopf für den automatischen Türöffner,
schwieg die ganze Zeit, sagte nur seinen Namen vor der Conciergesloge.
    Wir standen wieder in der
Bibliothek. Er warf Hut und Mantel auf einen Stuhl. Plötzlich fing er an zu
lachen.
    „Blödmann!“ schimpfte er.
    Meinte er mich oder sich
selbst? Vielleicht uns beide. Ich holte das Exemplar von Les Fleurs du Mal aus meiner Tasche und legte es auf den Tisch. Der Arzt war darauf vorbereitet,
erschreckte sich aber dennoch.
    „Hier“, sagte ich. „Das ist
zwar kein eindeutiger Beweis. Jeder beliebige kann in einem Buch mit einer
Nadel Buchstaben durchstechen, die dann irgendeinen Satz ergeben. Kein
eindeutiger Beweis. Aber, na ja... Kein Rauch ohne Feuer.“ Er schwieg,
überlegte. Mein Benehmen verwirrte ihn. Damit hatte er nicht gerechnet.
    „Sie denken jetzt sicher“, fuhr
ich fort, „daß ich so einfach ein Beweisstück aus der Hand gebe. Auch wenn es kein
zwingender Beweis ist, ist es doch bestimmt wichtig. Ach, wissen Sie, ich hab
noch andere Trümpfe im Ärmel. Aber davon später... Hören Sie mir überhaupt zu?“
    Er schien fasziniert von dem
Buch, wagte aber nicht, es aufzuschlagen.
    „Seite 227, Gedicht 135“, half
ich ihm auf die Sprünge. Eine Märtyrin, Zeichnung eines unbekannten
Meisters.“
    Er kam zu sich.
    „Wie bitte?“
    „Sie haben sehr gut verstanden.
Ich weiß, wovon ich spreche. Und Sie auch.“
    Er sah mich an, sagte aber
nichts. Ich redete weiter:
    „ Zwei- oder
dreihunderttausend Francs für Jacqueline Carrier. Damit sie in aller Ruhe
ihre Schauspielschule absolvieren kann. Und nicht, um was zu beißen zu haben,
vor einem Saal voller Idioten ihre mittelalterliche Striptease-Nummer abziehen
muß, mit Keuschheitsgürtel, damit’s noch dämlicher aussieht.“
    Er schüttelte den Kopf.
    „Ich verstehe nicht ganz“,
sagte er. „Warum bringen Sie Ihr Anliegen so brutal vor. Mademoiselle
Carrier... Natürlich will ich ihr helfen. Würde ich sonst...“
    „Schon gut, Doktorchen. Geben
Sie sich keine Mühe. Zwei- oder dreihunderttausend Möpse. Wenn Van Straeten
noch lebte, hätte er Ihnen auf Dauer tausendmal mehr aus der Tasche gezogen.
Also, abgemacht: dreihundert Riesen für notleidende junge Künstler. Dabei kommen
Sie noch billig weg, mein Lieber.“
    Er brauste auf. Fehlte nur
noch, daß er mit den Füßen stampfte.
    „Sie sind ein Erpresser, Sie
auch! Heute dreihunderttausend. Morgen wieder dreihunderttausend. Und so geht
das immer weiter. Nein! Nein, da mach ich nicht mit!“
    „Das wäre ein Fehler.“
    Seine Empörung legte sich
wieder so schnell, wie sie gekommen war.
    „Hören Sie“, sagte er sanft.
„Ich gebe Ihnen das Geld. Aber ich werde Mademoiselle Carrier fragen, ob Sie’s
an sie weitergegeben haben. Und sehen Sie darin nicht irgendein
Schuldanerkenntnis.“
    „Geben Sie erst mal die
Moneten.“
    „Moment.“
    Er suchte und fand auf dem
Tisch ein kleines Schlüsselbund und öffnete eine der seitlichen Schubladen des Schreibtisches.
Seine Hand griff hinein, aber ich war schneller als er. Mit einem Sprung war
ich bei ihm, knallte die Schublade zu und klemmte ihm die Hand ein. Der
Revolver fiel dumpf zu Boden. Leverrier jaulte auf und warf sich in einen
Sessel.
    „Schnauze, verdammt nochmal“,
schimpfte ich. „Oder wollen Sie den ganzen Bau aufwecken?“
    Er

Weitere Kostenlose Bücher