Band 1 - Blutspur
weniger Ablenkungen, was wiederum die Konzentration steigert.«
Der Klang von Trents sanfter, kultivierter Publicitystimme drang in mein Bewusstsein und riss mich aus der Besinnungslosigkeit. Ich öffnete die Augen und verstand zunächst nicht, warum al es schwarz-weiß war. Dann erinnerte ich mich: Ich war ein Nerz. Aber ich war am Leben.
Gerade noch.
Während Trent und Sara Jane das Bewerbungsgespräch fortsetzten, kam ich zittrig auf die Füße, nur um herauszufinden, dass ich in einem Käfig saß. Schlagartig wurde mir kotzübel und ich musste darum .kämpfen, mich nicht zu übergeben. »Ich bin so was von erledigt.« Trent warf mir über seine Bril e hinweg immer wieder kurze Blicke zu, ohne sein Gespräch mit der schlanken jungen Frau im hel en Hosenanzug zu unterbrechen.
Mein Kopf schmerzte. Entweder hatte ich eine Gehirnerschütterung, oder ich war nahe dran. Meine rechte Schulter, mit der ich gegen den Tisch gepral t war, brannte, und ich hatte Schmerzen beim Luftholen. Ich zog die verletzte Vorderpfote an den Körper und versuchte mich so wenig wie möglich zu bewegen. Während ich Trent anstarrte, gab ich mir al e Mühe, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Jenks war nirgendwo zu sehen. Erleichtert erinnerte ich mich daran, dass es ihm gelungen war, zu entkommen.
Wahrscheinlich war er nach Hause geflogen, zu Ivy. Doch die beiden konnten mir jetzt auch nicht helfen.
In meinem Käfig gab es Wasser, eine Schüssel mit Trockenfutter, einen Unterschlupf für Frettchen und ein Laufrad. Als ob ich das jemals benutzen würde, dachte ich verbittert. Der Käfig stand auf einem Tisch in der hinteren Ecke von Trents Büro. Wenn man dem falschen Licht vor dem falschen Fenster trauen konnte, waren seit Sonnenaufgang erst wenige Stunden vergangen. Viel zu früh für mich. Und auch wenn ich schwer daran zu kauen hatte, würde ich mich wohl zum Schlafen in die Frettchenhütte begeben müssen.
Ich holte tief Luft und stand auf. »Aua!«, quiekte ich und wäre fast wieder zusammengebrochen.
»Oh, Sie haben ein zahmes Frettchen!«, rief Sara entzückt.
Verzweifelt schloss ich die Augen. Ich war kein zahmes Frettchen, ich war ein zahmer Nerz. Kapier's mal, Lady.
Ich hörte, wie Trent vom Tisch aufstand, und fühlte, dass die beiden sich näherten. Anscheinend war das Bewerbungsgespräch vorbei. Zeit, den Nerz anzugaffen! Als ein Schatten auf mich fiel, öffnete ich die Augen. Sie beugten sich beide über den Käfig und starrten mich an.
Sara Jane sah in ihrem Anzug sehr professionel aus. Ihr langes glattes Haar war dezent frisiert und reichte ihr bis zu den El bogen. Sie war der niedliche Typ: klein, stupsnasig und mit einer Kleinmädchenstimme ausgestattet. Ich konnte mir gut vorstel en, dass die meisten Leute sie nicht ernst nahmen. Doch sie hatte einen intel igenten Ausdruck in den Augen, der zeigte, dass sie es gewöhnt war, in einer Männerwelt zu arbeiten, und genau wusste, wie die Dinge so liefen. Wahrscheinlich wusste sie auch genau, wie sie die Fehleinschätzung ihrer Person zu ihrem Vorteil nutzen konnte.
Außerdem trug sie ein starkes Parfüm - ich nieste unter höl ischen Schmerzen.
»Das hier ist. . Angel«, sagte Trent. »Sie ist ein Nerz.« Sein Sarkasmus war sehr subtil, dröhnte aber in meinen Ohren. Er massierte sich die rechte Hand. Sie war verbunden. Ein dreifaches Hoch auf den Nerz, dachte ich.
»Sie sieht krank aus.« Sara Janes sorgfältig manikürte Fingernägel waren extrem kurz geschnitten, und ihre Hände sahen außergewöhnlich kräftig aus, fast wie die eines Arbeiters.
»Sie haben doch nichts gegen Nagetiere, Sara Jane?«
Sie richtete sich wieder auf, und ich schloss die Augen, da so das Licht wieder in den Käfig schien. »Ich hasse die Viecher, Mr. Kalamack. Ich komme von einer Farm, wo jegliches Ungeziefer augenblicklich getötet wird. Aber ich würde wegen eines Tieres nicht eine mögliche Anstel ung aufs Spiel setzen.« Sie holte langsam Luft. »Ich brauche diesen Job. Meine ganze Familie hat sich krummgelegt, damit ich zur Schule gehen konnte und von der Feldarbeit wegkam, und dafür wil ich mich jetzt revanchieren. Und dann ist da noch meine jüngere Schwester. Sie ist viel zu clever, um ein Leben lang Zuckerrüben zu ziehen. Sie wil eine Hexe werden, ihren Abschluss machen. Aber ich kann sie nicht unterstützen, solange ich keinen guten Job habe.
Ich brauche diesen Job wirklich dringend. Bitte, Mr.
Kalamack. Ich weiß, dass ich wenig Erfahrung habe, aber ich bin klug
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