Band 1 - Blutspur
hielt ein kleines, selbsthaftendes Amulett hoch. Als ich etwas erwidern wol te, warf er es in sein Glas. Was ich für Limonade gehalten hatte, qualmte, als sich der Spruch auflöste. Gelber Rauch stieg auf, den er mit einer dramatischen Handbewegung verteilte. »O Mann, das ist aber ein wirklich Fieser.«
Salzwasser? Er grinste, als er meinen offensichtlichen Schock bemerkte. »Dieser Typ im Bus. .«, stotterte ich und stolperte über die Veranda. Der gelbe Schwefel kroch die Stufen hinab, als wol te er mich finden.
»Nett, Sie kennengelernt zu haben, Ms. Morgan.« Ich taumelte auf den Gehweg und in den Sonnenschein. »Ein Vampir und ein Pixie können dich einige Tage am Leben erhalten, aber nur, wenn du in Zukunft vorsichtiger bist.«
Ich schaute die Straße hinab, in Richtung des längst verschwundenen Busses. »Der Typ im Bus. .«
Keasley nickte. »Du hast recht, wenn du denkst, dass sie zumindest nichts in Anwesenheit von Zeugen versuchen werden. Aber du musst auf Amulette aufpassen, die erst dann losgehen, wenn du al ein bist.«
Ich hatte die verzögerten Sprüche vergessen. Und woher hatte Denon das Geld? Ich verzog das Gesicht, als es mir klar wurde - es war Ivys Auslösesumme, mit der die Anschläge auf mich finanziert wurden. Na super.
»Ich bin den ganzen Tag zu Hause«, sagte Keasley. »Komm ruhig rüber, wenn du reden wil st. Ich gehe nicht mehr oft raus. Arthritis.« Vielsagend schlug er sich aufs Knie.
»Danke. . dass Sie den Fluch gefunden haben.«
»Es war mir eine Freude«, erwiderte er und sah zur Decke der Veranda, wo sich langsam ein Ventilator drehte.
Beunruhigt machte ich mich wieder auf den Weg. Wusste schon die ganze Stadt über meinen Ausstieg Bescheid?
Viel eicht hatte er es aber auch von Ivy erfahren.
Plötzlich fühlte ich mich auf offener Straße sehr verwundbar. Nervös wechselte ich die Straßenseite und hielt nach den Hausnummern Ausschau. 1593 war das kleine gelbe Haus, in dessen Vorgarten zwei ineinander verkeilte Fahrräder lagen. Das gepflegte Backsteinhaus in der anderen Richtung hatte die Nummer 1601. Zwischen den beiden gab es nur die alte Kirche. Ich erstarrte. Eine Kirche?
Ich hörte ein hohes Summen und duckte mich instinktiv.
»Hi, Rachel!« Jenks hielt an und schwebte in sicherer Entfernung von mir.
»Verdammt noch mal, Jenks!« Als ich den alten Mann lachen hörte, wurde ich rot. »Lass das sein.«
»Dein Zeug ist untergebracht«, sagte Jenks. »Ich habe dafür gesorgt, dass er al es schön ordentlich aufstapelt.«
»Es ist eine Kirche.«
»Kein Scheiß, Sherlock. Warte, bis du den Garten siehst.«
Ich blieb unbeeindruckt. »Es ist eine Kirche.«
Jenks schwebte bewegungslos in der Luft und wartete auf mich. »Es gibt einen großen Hinterhof, ideal für Partys.«
»Jenks - das ist eine Kirche. Der Hinterhof ist ein Friedhof.«
»Nicht al es davon.« Er wurde ungeduldig. »Und es ist auch keine Kirche mehr. In den letzten zwei Jahren war es eine Tagesstätte. Außerdem ist hier seit dem Wandel niemand mehr begraben worden.«
»Haben sie die Leichen umgebettet?«
»Natürlich haben sie die Leichen weggebracht. Meinst du, ich bin blöd? Denkst du, ich würde irgendwo leben, wo es tote Menschen gibt? Gott hilf mir. Das ganze Ungeziefer, das aus den Körpern kriecht, Krankheiten, Viren und jede Menge Dreck, der in den Boden sickert und sich festsetzt!«
Ich verlagerte noch einmal das Gewicht des Kartons in meinem Arm und stieg die ausladende Kirchentreppe hinauf.
Jenks hatte natürlich keinen blassen Schimmer, ob man die Leichen entfernt hatte. Die dunklen Steinstufen waren rutschig und durch jahrzehntelangen Gebrauch abgenutzt.
Schließlich stand ich vor einer hohen Doppeltür aus rotem Holz, die mit Metal beschlägen versehen war. Auf einer Seite war ein Schild angebracht: »Donna's Daycare«. Ich zog einen Türflügel auf und war erstaunt, wie schwer er war. Es gab noch nicht mal ein Schloss, nur einen Riegel an der Innenseite.
»Natürlich haben sie die Leichen weggebracht«, wiederholte Jenks und flitzte durch die Kirche. Ich hätte hundert Mäuse gewettet, dass er auf dem Weg in den Garten war, um das zu überprüfen.
»Ivy?« Ich versuchte, die Tür hinter mir zuzuknal en. »Ivy, bist du da?« Meine Stimme hal te in dem von hier aus nicht einsehbaren Altarraum. Das Echo war dumpf, als würde es durch das Buntglas abgeschwächt. Seitdem mein Dad gestorben war, hatte ich keine Kirche mehr von innen gesehen, höchstens ab und zu die kitschigen
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