Band 6 - Blutnacht
glücklich damit. Das verlieh meiner neuen Überzeugung mehr Gewicht, dass eine Entscheidung wahrscheinlich umso besser war, je weniger ich sie mochte.
Donner wurde langsam lauter, rol te über mich hinweg und starb wieder in einem Echo vor den Hügeln, die Cincy umgaben. An seine Stel e trat das zischende Geräusch des Regens. Ich atmete absichtlich langsam aus und setzte mich auf den Rand der aufwändig geschnitzten Couch, stützte den Kopf in die Hände und überblickte den kleinen, spärlichen Raum.
Mein Blutdruck sank langsam, als das plätschernde Geräusch des Regens lauter wurde, der gegen die Dachziegel schlug und auf die abgestorbenen Blät-ter prasselte. Der kleine, sechseckige Raum wirkte luftig und roch nach Kohlenstaub, was seltsam war, da das Gebäude erst errichtet worden war, als Kohle schon längst nicht mehr als Heizmaterial verwendet wurde.
Ich war vor Sonnenuntergang nach Hause gekommen, und Schuldgefühle hatten mich über die Straße zu Ceri getrieben, um mich zu entschuldigen. Als Marshai und ich wieder bei meiner Mom angekommen waren, schien er erleichtert zu sein, in sein Auto steigen zu können, nachdenklich und tief in Gedanken versunken. Und ich hatte mir geschworen, es gut sein zu lassen, bevor ich mich in eine anhängliche Quasi-Freundin verwandelte. Ich würde ihn nicht anrufen, und wenn er mich nicht anrief. . dann war es wahrscheinlich besser so.
Meine Absicht hinter dem Besuch bei Ceri war gewesen, mich zu entschuldigen und zu sehen, ob es ihr gutging. Das, und Informationen über Quens Zustand aus ihr herauszubekommen. Sie ging ihn heute Abend besuchen, aber sie hatte gesagt, dass sie mir vorher noch beibringen wol te, Licht zu machen. Es war wahrscheinlich ihre Art, sich zu entschuldigen, nachdem sie die Worte einfach nicht über die Lippen bekam. Mir war es egal, ob sie sie aussprach oder nicht, weil ich wusste, dass sie kommen würden, wenn der Schmerz, den ich ihr zugefügt hatte, nachgelassen hatte.
Ich war immer noch nicht mit dem einverstanden, was sie mit AI tat, aber sie bemühte sich, ihr Leben so gut zu leben, wie es ihr eben möglich war. Außerdem hatte ich schon sehr viel schlechtere Entscheidungen getroffen als sie, mit sehr viel weniger Macht im Hintergrund, um sie durchzusetzen.
Und ich würde nicht noch einen Freund verlieren wegen hartnäckigem Stolz und Schweigen, das aus Unverständnis geboren wurde.
Ceri suchte momentan nach einem metal enen Ring für den Kraftlinienzauber, den sie mir beibringen wol te, aber bis sie zurückkam, hatte ich nichts zu tun außer Jenks' Gargoyle anzustarren, der immer noch nicht wach war, aber sich im Dachgebälk vor dem Regen in Sicherheit gebracht hatte.
Ich hatte den ruhigen, ungeheizten Raum letzten Winter entdeckt, als ich mich vor Jenks' Brut versteckte - davor hatten Ivys Eulen hier oben gelebt und ich hatte jeden Kontakt mit ihnen gemieden und damit auch den Glockenturm -, aber erst im Sommer während der ersten Regenfäl e hatte ich seine Schönheit gesehen.
Jenks hatte seinen Kindern verboten, auch nur in die Nähe des Gargoyle zu kommen, also würden sie mich nicht belästigen. Nicht dass es wahrscheinlich war, dass sie ihren Baumstumpf bei dem Regen verlassen würden. Arme Matalina.
Ich wandte mich von der kiesfarbenen, viel eicht dreißig Zentimeter hohen Kreatur ab, die auf einem Stützbalken hockte, und ging leise zu einem Klappstuhl, um aus einem der Fenster zu sehen. Sie waren vergittert, um Tauben abzuhalten, während die Töne der Glocke nach außen dringen konnten. Wie der Gargoyle nach drinnen gekommen war, war ein Rätsel, das Jenks in den Wahnsinn trieb.
Viel eicht war er wie ein Tintenfisch und konnte sich noch durch den kleinsten Spalt zwängen.
Ich beugte mich vor, um den Kopf auf meine auf dem Fensterbrett verschränkten Arme legen zu können, schaute in die glänzende schwarze Nacht und atmete tief die schwere Luft ein, die nach feuchtem Ton und nassem Zement roch.
Ich fühlte mich warm und sicher, und ich wusste nicht, warum. Es war friedlich hier, fast wie eine Erinnerung, die mich umschlang. Viel eicht lag es an dem GarKoyle - es hieß, sie seien Wächter -, aber ich nahm es nicht an. Dieses friedliche Gefühl hatte ich hier schon gefunden, bevor er aufgetaucht war.
Ich hatte den Klappstuhl letzten Sommer hier hoch geschafft, aber das Regal, die verblichene Couch und die Kommode waren bereits hier oben gewesen. Die antike Kommode hatte eine Granitplatte, und dahinter ragte ein
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