Band 6 - Blutnacht
Bürokratensache?
»Okay.« Ich wol te seine Hand nehmen, um ihm Kraft zu geben, aber fühlte mich bei dem Gedanken irgendwie komisch, als würde er dann denken, dass ich ihn bemitleidete. Das würde ihn nur wütend machen. »Dann erzähl mir, was du dir selbst angetan hast.«
Er nahm einen rasselnden Atemzug und hielt dann die Luft an. »Etwas, das ich tun musste«, erklärte er dann beim Ausatmen.
Nett. Einfach super. »Also bin ich einfach nur hier, um deine Hand zu halten, während du stirbst?«
»Etwas in der Art.«
Ich schaute auf seine Hand, noch nicht bereit, sie wirklich zu ergreifen. Ungeschickt schob ich mich näher und der Sessel holperte über die Bambusmatte. »Zumindest hast du gute Musik«, murmelte ich, und die Falten in seinem Gesicht wurden etwas sanfter.
»Du magst Takata?«
»Was kann man daran nicht mögen?« Mit zusammengebissenen Zähnen lauschte ich auf Quens Atmung. Sie klang feucht, als ob er innerlich ertrinken würde.
Aufgewühlt schaute ich auf seine Hand, dann auf das Buch auf seinem Nachttisch. »Sol ich dir etwas vorlesen?«, fragte ich, obwohl ich eigentlich nur wissen wol te, warum ich hier war. Ich konnte nicht einfach aufstehen und gehen. Warum zur Höl e tat Quen mir das an?
Quen setzte zu einem leisen Lachen an, brach es aber dann ab und atmete dreimal tief durch, bis seine Brust sich wieder gleichmäßig hob und senkte. »Nein. Du hast schon früher beobachtet, wie der Tod langsam kam, oder?«
Gedanken an meinen Dad stiegen auf, den kalten Krankenhausraum und seine dünne, bleiche Hand in meiner, als er um Luft kämpfte, sein Körper nicht so stark wie sein Wil e. Dann an Peter, als er seinen letzten Atemzug tat und wie sein Körper in meinen Armen zitterte, als er endlich aufgab und seine Seele gehen ließ. Tränen stiegen mir in die Augen und altbekannte Trauer glitt in meine Gedanken, und ich wusste, dass ich dasselbe auch mit Kisten getan hatte, obwohl ich mich nicht daran erinnerte. Verdammt zurück bis zum Wandel. »Ein- oder zweimal«, antwortete ich.
Seine Augen ruhten auf mir, fesselnd in ihrem Leuchten.
»Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich selbstsüchtig bin.«
»Darum mache ich mir auch keine Sorgen.« Ich wol te wirklich wissen, warum er mich hierher gebeten hatte, wenn er mir dann nichts sagen wol te. Nein, dachte ich plötzlich und fühlte, wie mein Gesicht jeden Ausdruck verlor. Es ist nicht so, dass er mir nichts sagen wil , sondern er hat Trent versprochen, dass er es nicht tun wird.
Ich versteifte mich in dem kühlen Ledersessel und lehnte mich nach vorne. Quen fixierte mich, als könnte er sehen, dass ich verstanden hatte. Ich war mir Dr. Anders hinter mir sehr bewusst, als ich mit den Lippen die Worte bildete: »Was ist es?«
Aber Quen lächelte nur. »Du denkst«, meinte er, fast nur ein Hauchen. »Gut.« Das Lächeln ließ sein schmerzverzogenes Gesicht fast väterlich wirken. »Ich kann nicht. Ich habe es meinem Sa'han versprochen«, erklärte er dann. Ich ließ mich genervt in den Sessel zurückfal en und fühlte den Widerstand meiner Tasche am Rücken. Dämliche Elfenmoral. Er konnte jemanden umbringen, aber sein Wort brechen konnte er nicht.
»Ich muss die richtige Frage stel en?«, riet ich, und er schüttelte den Kopf.
»Es gibt keine Frage. Es gibt nur das, was du siehst.«
Oh Gott. Weise-alte-Mann-Scheiße. Ich hasste es, wenn er das tat. Aber ich versteifte mich, als Quens Atmung vor dem Hintergrund der leisen Musik plötzlich angestrengt klang.
Mein Puls beschleunigte sich, und ich schaute auf die dunklen Krankenhaustische. »Du musst für eine Weile stil sein«, sagte ich erregt. »Du verschwendest deine Kraft.«
Wie ein Schatten vor den grauen Betttüchern lag Quen völ ig stil , darauf konzentriert, seine Lungen weiter am Laufen zu halten. »Danke, dass du gekommen bist«, meinte er dann, und seine raue Stimme klang dünn. »Ich werde wahrscheinlich nicht lange durchhalten und ich wüsste es zu schätzen, wenn du Trent hinterher dabei hilfst, damit klarzukommen. Er hat gerade eine schwere. . Zeit.«
»Kein Problem.« Ich streckte die Hand aus und befühlte seine Stirn. Sie war heiß, aber ich würde ihm den Schnabelbecher vom Tisch nicht reichen, bevor er nicht darum bat. Er hatte seinen Stolz. Seine Pockennarben stachen hervor und ich nahm das antiseptische Wischtuch, das Dr. Anders mir schweigend reichte, um damit seine Stirn und seinen Hals zu betupfen, bis er mich böse anstarrte.
»Rachel«, sagte er
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