Band 6 - Blutnacht
oben und ließ sein langes GeSicht noch länger wirken. »Sie ruft an, damit ich eine Entschuldigung habe, abzuhauen, fal s das nötig sein sol te.«
Ich nahm noch einen Löffel Suppe, wütend auf mich selbst, weil ich hungrig war, während mein Leben gerade in Scherben zerfiel. »Muss nett sein«, murmelte ich.
Ich gab es auf, den Toast einfach nur aus Prinzip zu ignorieren, nahm eine Scheibe und tunkte sie ein. Dann wusste er eben, dass ich gerne Toast zu meiner Tomatensuppe aß.
Das hieß nicht, dass ich sie nicht mehr so essen sol te. Mit den El bogen auf dem Tisch musterte ich ihn, während ich kaute. Ich fühlte mich ausgelaugt, und das war al es einfach zu seltsam.
Takata senkte den Blick. »Ich wol te es dir sagen«, erklärte er, und mein Herz schlug einmal schwer. »Schon lange. Aber Robbie ist gegangen, als er es herausgefunden hat, und das hat deine Mutter fast umgebracht. Ich konnte es einfach nicht riskieren.«
Aber du konntest es riskieren, vor Unzeiten mit mir Kaffee zu trinken? Und du konntest es riskieren, mich letztes Jahr als Sicherheitskraft zu engagieren? Ich verdrängte meine unlogische Eifersucht und fragte: »Robbie weiß es?«
Er sah plötzlich alt aus und kniff seine blauen Augen zusammen. Ich fragte mich, ob meine Kinder, so ich denn einmal welche bekam, grüne oder blaue Augen haben würden.
»Er hat mich auf der Beerdigung deines Dads erkannt.«
Takata zog eine Grimasse. »Unsere Hände sind genau gleich.
Es ist ihm aufgefal en.« Sein Löffel zitterte, als er noch einen Schluck Suppe nahm. Schweigend tunkte ich meinen Toast wieder ein.
Ich fühlte mich so dämlich. Gott, Takata hatte mich letztes Jahr um meine Meinung zum Text von »Red Ribbons«
gebeten, und ich hatte es nicht kapiert. Er hatte versucht, es mir zu sagen, und ich war zu begriffsstutzig gewesen, um es zu verstehen. Aber wie hätte ich es auch erraten können?
»Wer weiß es noch?«, fragte ich fast ängstlich.
Er lächelte, ohne die Zähne zu zeigen, fast scheu. »Ich habe es Ripley erzählt. Aber sie hat ihre eigene Vergangenheit und wird den Mund halten.«
»Trent?«
»Trent weiß al es«, murmelte er. Als er mein Unwohlsein sah, fügte er hinzu: »Er weiß es nur, weil sein Vater einen genetischen Fingerabdruck brauchte, um die Behandlung danach abzustimmen. Mr. Kalamack hätte auch Robbies benutzen können, aber dann wäre die Reparatur langsamer vonstatten gegangen und wäre nicht so perfekt gewesen. Als dein Dad mich gebeten hat, habe ich ja gesagt. Nicht nur deinetwegen, sondern auch, damit Robbie in seiner Erinnerung nicht auch ein ganzer Sommer fehlen würde.«
Ich verzog das Gesicht, weil ich mich erinnerte. Oder eher daran erinnerte, dass ich mich nicht erinnern konnte.
»Trent weiß also, dass ich dein natürlicher Vater bin, aber er weiß nicht, warum.« Takata lehnte sich mit einem vol en Glas Milch in seinem Stuhl zurück und seine langen Beine berührten die Tischbeine auf meiner Seite, bevor er sich zurückzog.
»Es ging ihn nichts an«, sagte er defensiv.
Ich konnte meinen Toast nicht mehr schmecken und legte ihn zur Seite. Dann starrte ich in meine Suppe, sammelte meinen Mut und fragte leise: »Warum?«
»Danke«, flüsterte Takata.
In seinen Augen standen Tränen, als ich ihn ansah, aber or lächelte. Er stel te sein Glas ab und starrte aus dem Fenster in die zunehmende Hel igkeit. »Dein Dad und ich haben deine Mutter auf der Uni getroffen.«
Ich hatte das schon früher gehört, ich hatte nur nicht gewusst, dass der andere Kerl Takata gewesen war. »Sie hat gesagt, dass sie meinen Dad getroffen hat, als sie sich in einen Kraftlinienkurs eingeschrieben hat, in dem sie eigentlich nichts zu suchen hatte, weil sie es auf den Adonis von einer Hexe vor ihr abgesehen hatte, aber dann hat sie sich stattdessen in seinen besten Freund verliebt.«
Sein Lächeln wurde breiter und jetzt zeigte es auch Zähne.
»Ich würde gerne wissen, wen von uns sie für den Adonis gehalten hat.«
Verwirrt zog ich meine Suppenschüssel näher. »Aber mein Dad, Monty, ich meine, er war ein Mensch.«
Takata nickte. »Damals gab es viel mehr Vorurteile. Nein, nicht mehr, aber es hatte noch niemand Angst davor, sie offen zu zeigen. Um nicht ständig angegriffen zu werden, hat er al en erzählt, er wäre eine Hexe. Bis deine Mutter auftauchte, hat er sich sogar aus meinem Kleiderschrank bedient, um richtig zu riechen.«
Ich dachte einen Moment darüber nach, dann aß ich weiter.
»Dein Dad und ich?«,
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