Band 6 - Blutnacht
gesamte Partnerschaft eine gute Idee gewesen war. Bis zwinkerte mir von seinem hohen Sitz aus zu, und ich zwang mich dazu, loszugehen. Ein Teil von mir wartete darauf, dass er versuchte, mich vom Eindringen abzuhalten, und als er es nicht tat, fühlte ich mich besser.
»Wil st du einen Kaffee?«, fragte ich Glenn, während meine Füße sich lautlos über den rissigen Gehweg schoben. Gott wusste, dass ich einen brauchte.
Ich riss den Kopf hoch, als die Kirchentür aufflog und Ivy noch zwei besorgte Schritte auf den Treppenabsatz machte, bevor sie mich sah. Sie wurde langsamer, ging aber weiter.
Die Arme hatte sie um sich geschlungen, als wäre ihr kalt.
Die Schatten verbargen ihr Gesicht, aber ihre gesamte Haltung sprach von Angst und Sorge. Jenks war bei ihr.
»Siehst du?«, erklärte er, so stolz, als hätte er mich selbst aus dem Jenseits zurückgeholt. »Ich hab's dir doch gesagt!
Sie hat es rausgefunden, und hier ist sie jetzt. Sicher und wieder da, wo sie hingehört.«
Ivy trat auf den Gehweg und ging weiter. Ihre Aufmerksamkeit schoss kurz zu Glenn, dann konzentrierte sie sich wieder auf mich. »Du bist da«, sagte sie leise, und in ihrer seidengrauen Stimme lagen ganze vierundzwanzig Stunden vol er Sorge und Angst.
Sie blieb ein paar Schritte vor mir stehen und ließ die Arme sinken, als wüsste sie nicht, was sie mit ihnen tun sol te und hätte Angst, sie auszustrecken. Stattdessen wurde sie wütend. »Warum hast du uns nicht angerufen?«, meinte sie und nahm mir diese dämliche Papiertüte ab. »Wir hätten dich abgeholt.«
Mein Herz war schwer, als wir auf die Stufen zugingen.
Jenks flog zwischen uns und verlor silbernen Staub. »Sie ist al ein losgezogen, um einer schwarzen Hexe in den Arsch zu treten«, erklärte er, und Ivys Blick wurde scharf.
»Du bist zu Tom gegangen?«, fragte sie. »Wir sind ein Team. Das hätte ein paar Stunden Zeit gehabt.«
Ich holte Luft, und dann, genau hier am Fuß der Stufen, umarmte ich sie. Sie versteifte sich für einen Moment, dann legte sie ihre Arme um mich und an meinem Rücken knisterte die Tüte. Vampirisches Räucherwerk umhül te mich, und ich schloss die Augen, als ich es tief in mich aufsog.
Sofort entspannten sich meine Muskeln und Tränen drängten in meine Augen. Ich hatte solche Angst gehabt, ohne einen Weg nach Hause und nur mit der Aussicht auf ein Leben vol er Erniedrigungen vor mir. Sie war meine Freundin, und wenn ich wol te, konnte ich sie verdammt nochmal umarmen.
Ivy wurde steifer, und ich ließ sie mit einem Arm los, so dass wir mehr Schulter an Schulter standen als uns gegenüber. Sie beobachtete nervös Glenns Reaktion, aber mir war es völ ig egal. »Ich habe ihn nicht verfolgt«, sagte ich, als sie mir die Stufen hinaufhalf. »Es ist irgendwie passiert.«
Die Tür stand offen, und in der Dunkelheit des Foyers, mit der Ablenkung durch zwei Dutzend Pixies, die Glenn und uns umschwirrten, zog ich ihre Aufmerksamkeit auf mich, indem ich sie am Arm nahm. »Ich bin so froh, dich zu sehen«, flüsterte ich. »Ich weiß nicht, was bei Sonnenaufgang passieren wird. Ich brauche deine Hilfe.«
»Was?«, fragte sie, und Besorgnis verdrängte ihre aus Angst geborene Wut.
Aber Jenks hatte inzwischen den Raum von seinen Kindern befreit, und ich presste die Lippen aufeinander, in dem Versuch, ihr wortlos begreiflich zu machen, dass ich al ein mit ihr reden wol te. Oder zumindest ohne einen lauschenden Glenn.
Ihr perfekt ovales Gesicht wurde ausdruckslos, und ich sah, dass sie verstand. Sie verzog nachdenklich die Oberlippe und ich ließ ihren Arm los. »Wil st du einen Kaffee, Glenn?«, fragte sie plötzlich.
Meine Schultern entspannten sich. Wir würden Glenn loswerden, indem wir so taten, als wäre al es in Ordnung.
Und ehrlich, ich brauchte es auch, so zu tun, als wäre al es in Ordnung - und sei es nur für ein paar Minuten.
Glenn hob bei dem Angebot misstrauisch die Augenbrauen, aber er folgte uns. Er versteckte gut, dass er wusste, dass wir ihn loswerden wol ten, aber als er sich an den Küchentisch setzte, sah er doch aus wie ein Polizist. Er erklärte Ivy, dass es ihm nichts ausmachte, auf eine neue Kanne zu warten, verschränkte die Arme über der Brust -und starrte. Er würde nicht gehen, bevor er nicht al es gehört hatte.
Jenks schwebte neben meiner Schulter, als wären wir mit einer Leine verbunden. Als ich mich in meinen Stuhl fal en ließ, schlug die Wel e der Sorgen über mir zusammen, während ich versuchte, zu entscheiden,
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