Band 6 - Blutnacht
und hielt wieder an.
»Weil du es nicht bist«, sagte sie flehend. »Du bist eine Hexe, Rachel. Vergiss das nie.«
Es waren nicht ihre Worte, sondern die Vehemenz, mit denen sie diese aussprach, die mich davon überzeugte, dass sie lieber eine nette Lüge glauben wol te als die harte Wahrheit. Verdammt nochmal, sie hatte es gewusst. Ich konnte fast den Moment festnageln, in dem sie es verstanden hatte. Sie hatte mich anders behandelt, seitdem Minias den Fokus aus mir genommen und ihn in David gesetzt hatte. Nein, es hatte schon vorher angefangen, mit meinem Wahrsagespiegel.
Meine Augen mussten mich verraten haben, weil sie mit wohlbekannter, selbstgerechter Wut durch den Raum gestiefelt kam. »Du bist eine Hexe!«, rief sie. Auf ihren Wangen erschienen rote Flecken und ihr Haar stand prächtig um sie herum ab. »Halt den Mund! Du bist eine Hexe!«
Jenks schwebte verunsichert im Raum. »Warum sol te sie das nicht sein?«, fragte er und Ivy sackte in sich zusammen.
Ich schaute sie an und biss mir auf die Lippe, während Tränen der Frustration aus meinen Augen quol en. Ivy hatte es zusammengepuzzelt.
»Ich bin eine Hexe«, sagte ich und setzte damit die Lüge fort. Aber Ceri hatte mich noch nicht berührt.
»Ich wol te nicht, dass du gehst«, sagte Ceri, die hilflos vor mir stand.
Unfähig es zu ertragen, stel te ich meine Füße auf den Boden und nahm ihre Hand. Sie war kalt, aber Ceri entzog sie mir nicht. »Danke«, flüsterte ich. »Werde ich hierbleiben, oder werde ich zurückgezogen werden?«
Ivy stöhnte leise, drehte sich um und umklammerte den Rand der Spüle. Sie starrte hinaus in den dunklen Garten.
Ceri warf ihr einen kurzen Blick zu, dann musterte sie den verwirrten Jenks, dann wieder mich.
»Ich weiß es nicht«, meinte sie sanft.
Jenks stieg nach oben und seine Flügel klapperten aggressiv. »Jemand erklärt mir besser, was hier zur Höl e abgeht, oder ich werde euch al e pixen.«
Ivy blinzelte schnel , als sie sich umdrehte, einen Arm um den Bauch geschlungen und eine Hand am Kopf. »Du hast gesagt, dass Rachel den Fluch gewunden hat. Sie hat Als Beschwörungsnamen.« Sie sprach zum Boden. »Sie hat keinen Trip zurück gekauft und sie hat nicht gelernt, durch die Linien zu springen. Sie wurde zurück in die Realität gezogen, als Tom AI beschworen hat.«
»Und?«, fragte Jenks sauer, dann zögerte er und sank auf den Tisch. »Oh. Scheiße.«
Zu meiner Angst kam die Scham darüber, in den Schutzkreis einer anderen Person beschworen worden zu sein.
»Rachel ist kein Dämon«, erklärte Ceri, und Glenn kapierte es endlich. Seine breiten Schultern drehten sich, als er mich anstarrte. »Nein«, sagte ich bitter, als ich mich so hinsetzte, dass ich niemanden ansehen musste. »Ich bin eine Hexe, deren Blut Dämonenmagie entzünden kann, und die so gut in ihr System eingebunden ist, dass sie an die Regeln ihrer Beschwörungen gebunden ist.«
»Nein, bist du nicht.«
Ich wol te Ceri glauben, aber ich hatte auch Angst davor.
»Was bin ich dann?«, flüsterte ich. Sie musste es wissen. Sie hatte zwischen ihnen gelebt.
Ceris Gesicht war verängstigt. »Du bist, was du bist.«
Mein Blick wanderte zu Ivy und ich sah eine Andeutung von Furcht.
Ich konnte es nicht mehr aushalten. Ich stand auf, rannte ins Badezimmer, schlug die Tür hinter mir zu und sank auf der Toilette in mich zusammen, zutiefst unglücklich.
Im Flur hörte ich einen Tumult: besorgte Stimmen und frustrierte Anschuldigungen. Eine Träne glitt über mein Gesicht und ich ließ es zu. Ich sol te weinen. Ich sol te mir die verdammten Augen aus dem Kopf heulen. Ich nahm an, dass mein Dad es auch gewusst hatte. Warum sol te er sonst Cincinnatis Kraftlinienlehrerin Nummer eins gebeten haben, mich durchfal en zu lassen, nur um dann eine Bibliothek von Dämonentexten für mich zu sammeln?
»Rachel?«, erklang Jenks' Stimme über das Geklapper von Pixieflügeln und ich hob den Kopf.
»Raus!«, schrie ich und schlug nach ihm, obwohl ich wusste, dass ich ihn nie erwischen würde. »Verdammt nochmal, du dämlicher Pixie, raus!«
»Nein«, rief er und flog mir ins Gesicht. »Rachel, hör mir zu. Du riechst wie eine Hexe. Naja, momentan stinkst du nach Jenseits, aber wenn du es abwäschst, dann riechst du wie eine Hexe. Und beim nächsten Sonnenaufgang wirst du hier sein. Du wirst nicht ins Jenseits gezogen werden. Ich werde es nicht zulassen!«
Er war verzweifelt, und ich streckte teilnahmslos eine Hand aus, damit er darauf landen
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