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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Trinken beigebracht? Und jetzt gab sie auch noch Opium dazu. Doch die Atmosphäre in der kleinen Wohnung war so klaustrophobisch, sein Blick so fanatisch, daß sie einfach etwas unternehmen mußte. Es handelte sich um Medizin, redete sie sich ein, nicht zuletzt als Selbstschutz. Vielleicht befand sich dieser farang auf dem absteigenden Ast, aber er besaß immer noch ungeheuere Körperkräfte.

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    Gib’s zu, farang, ein bißchen O wolltest du immer schon probieren, stimmt’s? Natürlich nur ein einziges Mal, um zu sehen, wie es ist. Und selbstverständlich nicht in Gegenwart der Familie, vermutlich auch nicht in der von Freunden oder Kollegen, die beim Chef petzen könnten, sobald eine Beförderung ansteht. Aber wenn sich die Gelegenheit ergäbe, bei einem kleinen Urlaub mit dem Partner oder der Partnerin zum Zweck der Identitäts- oder Sinnfindung zum Beispiel, in einem exotischen Land irgendwo in Südostasien? Opium – das Wort allein klingt verführerisch, nicht wahr?
    Oben im Norden, nahe der laotischen und birmesischen Grenze, werden O-Touren veranstaltet, die natürlich nicht so heißen. »Abenteuerreise« ist die unverfänglichere Bezeichnung dafür. Man bekommt den Elefantentrek durch den Dschungel, das Bambusfloß auf dem Fluß, soviel ganja, wie man rauchen kann, und ein paar besondere Nächte in einer aus vietnamesischen Filmen bekannten wackeligen Bambushütte. Dort teilt man sich eine oder auch mehrere Pfeifen mit pittoresken Angehörigen der Bergstämme, deren Kinder aus unerfindlichen Gründen den Text von »Frère Jacques« auswendig können und bei der geringsten Ermutigung singen. Warum auch nicht? Das Ganze macht längst nicht so süchtig wie Fernsehen. Jahrhundertelang war der weiße Mann ein leidenschaftlicher Opiumhändler; er focht heilige Kriege um sein Recht, das Leben asiatischer Menschenscharen mit einer Droge zu erleichtern, die für den Weißen bereits als gefährlich galt. (Hallo, Philip Morris!) Heutzutage sind verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel und seichte Unterhaltung bedeutend profitträchtiger.
    Chanya beobachtete mit thailändischem Gleichmut die Wirkung des Opiums auf Mitch Turner. Der Alkohol erreichte sein Gehirn zuerst, mit dem gewohnten Effekt. Seine Stimmung änderte sich, er begann mit ihr zu scherzen und sie zu entkleiden. Wie üblich duschten sie gemeinsam (er nannte das »Nuttenhygiene« ), und den Rest besorgte ihr Körper. Es bestand kein Zweifel: In solchen Momenten verehrte er sie geradezu. Als einfache Lust ließ sich das nicht bezeichnen. Zuviel Ehrfurcht lag in seinen Liebesschwüren und zuviel Dankbarkeit und ungespielte Hochachtung vor ihrer Schönheit in der Erleichterung, die der Sex mit ihr ihm verschaffte. Welche Frau hätte sich davon nicht beeindrucken lassen? Das war besser als romantische Filme und obendrein authentisch.
    Als er seinen muskulösen Oberschenkel über ihren Körper schob, um in sie einzudringen, stieß er einen langen, ungläubigen Seufzer der Befriedigung aus, wie jemand, dem es endlich gelungen ist, einen lebenslangen Fluch loszuwerden. Nun ruhte sein rechtes Bein schwer auf ihrem, und sie spürte, wie sich seine Muskeln langsam entspannten. Einer nach dem anderen lösten sie sich, hörten auf mit ihrer besessenen Umklammerung, die der Buddha als Quelle allen Karmas und Leidens erachtete. Sie war so überrascht und beeindruckt (die alte Frau in dem Laden kannte sich also doch aus), daß sie einfach nur noch daliegen wollte, als hätte sie selbst Opium genommen. Das Loslassen dieses männlichen Tornados mitzuerleben, verschaffte ihr eine genauso intensive Katharsis wie ihm. Er betrachtete fasziniert ihre rechte Ohrmuschel, und sie lauschte auf die tiefen Atemzüge eines Menschen, dessen Geist vorübergehend Heilung für seine Wunden gefunden hat. Sein Gesicht nahm einen friedlichen Ausdruck an. Mehr als ein Jahr lang hatte sie geglaubt, daß dieses merkwürdige farang -Muskelpaket sich völlig von allen anderen Leuten unterschied, die sie kannte. Nun wohnte sie gebannt einer Verwandlung bei, durch die er in den Schoß der Menschenfamilie zurückkehrte. Erst nach einer Weile gelang es ihr, sein Bein sanft von ihrem zu schieben und ihn auf den Rücken zu drehen. Er hielt sie fest und schaute in ihre Augen, ohne etwas zu sehen.
    »Marge«, flüsterte er.
    »Ja, Homer«, antwortete sie, bemüht, die Stimme der Zeichentrickfigur trotz ihres Thai-Akzents einigermaßen überzeugend nachzumachen.
    Er kicherte kurz, bevor er in eine Welt

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