Bangkok Tattoo
Unsere Freunde von der CIA werden schon sehr bald hier auftauchen. Laß dich von deiner Intuition leiten, und halt ansonsten den Mund. Oder willst du, daß sie Chanya mit nach Guant á namo Bay nehmen?«
»Das würden sie bestimmt nicht tun.«
»Warum nicht? Turner sollte sich im Auftrag der CIA die Moslemsituation hier ansehen, und er wurde ermordet, von ihr. Sie könnten dafür sorgen, daß sie dort drüben verrottet oder den Verstand verliert.«
Er sieht mich an. Ich weiß, daß er ein dreidimensionales Schachspiel im Sinn hat und ich vermutlich bereits auf allen Ebenen geschlagen bin. Aber er braucht etwas von mir, deswegen hat er mich zum Essen eingeladen.
»Wenn du dich brav auf den Turner-Fall konzentrierst, sage ich dir, wie meine Reise nach Indonesien Chanya schützen wird.« Mir bleibt ob seiner Dreistheit die Spucke weg. Er beugt sich ein wenig vor. »Na, du Schlaumeier? Du liebst sie doch seit dem Tag, an dem sie für uns zu arbeiten angefangen hat. Ich weiß es, deine Mutter weiß es, sie weiß es, und die anderen Mädchen wissen’s auch.«
Ich schweige eine ganze Weile, bevor ich, ziemlich hinterhältig, wie ich meine, frage: »Wie geht’s eigentlich der mia noi? «
Vikorn gibt sich ungerührt: »Welcher?«
»Der vierten, die in Ihrem Haus in Chiang Mai wohnt.«
»Ach, der.« Der Colonel runzelt die Stirn: »Der geht’s gut.« Einen Augenblick lang bin ich naiv genug zu glauben, daß ich einen wunden Punkt getroffen habe, aber bei Colonel Vikorn gibt es keine Schwachstellen. Mit einem breiten Grinsen äfft er die kreischende Stimme seiner geliebten Gattin nach, wenn sie einen ihrer hysterischen Anfälle hat: »Du Schwein, ich schenke dir die besten Jahre meines Lebens, und du weißt das nicht zu würdigen. Du versteckst mich hier in diesem Kaff, statt mich nach Bangkok zu lassen. Was bin ich eigentlich für dich, so eine Art Trophäe? Seit einem Monat hast du nicht mehr mit mir geschlafen, ich werde auch nicht jünger. Ich wär lieber Prostituierte als dein Privateigentum. Denkst du, wir leben im finsteren Mittelalter? Warum gibst du mir nicht wenigstens genug Geld? Bloß weil ich keine Kinder von dir will, hältst du mich von allem, was ich liebe, fern. Und dabei hast du mehr Kohle als zwanzig Chinesen. Weißt du was? Ich hol mir einen von den Sicherheitsleuten ins Bett. Ich bin eine junge attraktive Frau, und du bist ein alter Langweiler, der keinen mehr hochkriegt. Ich laß mir ein Riesentattoo auf den Arsch machen und einen Silberring durch die Möse ziehen. Was du dazu sagst, ist mir egal. Mir würden die Männer in Scharen nachlaufen …«
Ich kann nicht anders, ich biege mich vor Lachen. Es ist, als säße sie hier bei uns am Tisch.
Auf dem Rücksitz seines Bentley tippt Vikorn mir ungewöhnlich sanft auf die Schulter, holt einen Beutel aus der Tasche und reicht ihn mir. Ich schaue hinein. Es handelt sich um eine Heckler & Koch. Ich schlucke.
»Nur zur Vorsicht. Trag sie wenn möglich bei dir, besonders in der Nacht. Und nimm auch den da.« Er gibt mir einen Zettel mit einer Nummer. »Speicher die in deinem Handy, damit du im Notfall nur auf eine Taste drücken mußt. Es meldet sich niemand, aber einer der Jungs wird sich auf die Suche nach dir machen, also bleib lieber in deiner Wohnung oder im Club. Es passiert schon nichts, bis ich wieder aus Indonesien zurück bin.«
»Zinna?«
»Das, was du ›Plan C‹ nennst – ich glaube, er wird nicht allzu erfreut darüber sein.« Vikorn hat Mühe, nicht zu grinsen. Er erwidert den Blick seines Chauffeurs, der ein lautes Lachen unterdrückt.
25
Es begab sich folgendermaßen: Eines Tages fragte der treue Ananda den Erleuchteten: Herr, wie kommt es, daß wir in den Tieren alle Götter vertreten sehen – die Wildheit von Kali im Tiger, die Stärke und Ausdauer von Ganesch im Elefanten, die List und taktische Begabung von Hanuman im Affen –, nur nicht den Buddha? Nickend ließ der Tathagata den Blick mit allsehendem Auge über die Welt schweifen und beschrieb dann Ananda ein Tier auf einem fremden Kontinent, das so groß war wie ein Affe, drei Zehen an jedem Fuß besaß und wochenlang kopfüber von Baumwipfeln hängen konnte; das nur die von anderen Säugern verschmähten Blätter verzehrte; das einen so langsamen Stoffwechsel hatte, daß es eine Woche zum Verdauen einer jeden Mahlzeit brauchte; das Schmerz und Demütigungen ohne Klage ertrug und das von seinem Wesen her unfähig zur Hast war.
Sag, farang, gibt es einen besseren
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