Bangkok Tattoo
Ihrer Mutter ein gutes Wort für mich ein, dann verrate ich Ihnen mehr.«
»Ich will gar nicht mehr wissen.«
Kichernd packt er meine Schulter mit männlichem Griff. »Sie sind ein lausiger Lügner, aber das gefällt mir an Ihnen.«
Jetzt, da der CIA-Mann endlich auf meiner Seite zu sein scheint, ergreife ich die Gelegenheit, die Frage zu stellen, die mir schon seit geraumer Zeit auf den Nägeln brennt: »Sagt Ihnen der Name Don Buri etwas?« Er schüttelt den Kopf.
Später am Abend, als Hudson die mittlerweile fast leere Bar verlassen hat, taucht Su mit etwas in der Hand aus einem der oberen Räume auf.
»Weißt du, was das ist?« fragt sie mich, als ich gerade den Club verlassen möchte. Ich kehre aufgeregt und auch ein wenig erleichtert zurück, weil ich sehe, daß es sich um den Super Secret Sony Micro Vault handelt. Du hast dich doch sicher schon gefragt, wo der abgeblieben ist, nicht wahr, farang? Nicht umsonst macht ein Erzähler ein so großes Trara um etwas. Nun, die peinliche Wahrheit sieht folgendermaßen aus: Ich hatte das verdammte Ding verloren. Natürlich fragen Hudson und Bright mich jeden Tag danach, aber das wollte ich dir aus Scham nicht gestehen. Ich habe den Club auf der Suche danach praktisch auf den Kopf gestellt, und jetzt hält unsere faulste Nutte das Gerät in der Hand.
»Der Kunde vor ein paar Stunden in Zimmer fünf war so stürmisch, daß ich mich an der Matratze festhalten mußte, und da ist dieses Ding rausgefallen. Ich dachte, vielleicht vibriert’s, aber das tut’s nicht.«
»Nein«, sage ich, nehme es ihr ab und trete damit hinter die Theke. »Das tut es tatsächlich nicht.«
»Was ist es dann?«
»Ein Micro Vault.«
»Ach.«
Sie beugt sich über mich, während ich das Ding in den Computer schiebe und mit angehaltenem Atem doppelklicke. Su und ich wechseln einen erstaunten Blick.
»Das ist der Rücken eines Mannes«, erklärt sie mit Kennerblick.
»Das sehe ich selber.«
»Ziemlich muskulös, nicht schlecht. Was sollen diese grünen Linien?«
»Das ist wohl so etwas wie ein Gitter.«
Ich klicke und klicke, kann aber nichts weiter finden.
31
Eines Nachts, nach der Sperrstunde um zwei Uhr früh, sitzen nur noch Hudson und ich in der Bar. Er ist ungewöhnlich beschwipst, hat sich aber immer noch mehr oder minder im Griff und fängt zu reden an, als führte er ein begonnenes Gespräch fort, wahrscheinlich mit sich selbst.
»Freiheit? Was für ein hirnrissiges Allheilmittel.« Mit flehendem Blick fügt er hinzu: »Ich meine, was genau wollen wir denn verkaufen? Geld ist die offizielle Religion des Westens. Wir beten es an und werden dafür sorgen, daß sämtliche Menschen auf der Welt mit uns vor ihm auf die Knie fallen. Alle unsere Kriege sind Religionskriege.« Er schweigt einen Moment. »Wollen Sie wissen, warum ich in meinem Alter immer noch hier bin, nur ein paar hundert Meilen entfernt von meinem ersten Einsatzgebiet in Laos vor dreißig Jahren? Ich habe keinerlei Fortschritte zu verzeichnen, weder finanziell noch beruflich, noch in der Liebe, ja nicht einmal geographisch. Warum bin ich nach wie vor hier?«
Ich zucke mit den Achseln.
»Aus demselben Grund, aus dem die anderen nicht zurückkonnten. In Südostasien gibt es überall amerikanische Männer, die nicht nach Hause zurückkehren. Wir schaffen es einfach nicht. Denn wenn wir Ihren Landsleuten in die Augen schauen, entdecken wir darin etwas … nennen Sie es, wie Sie wollen. Vielleicht Seele? Oder menschlicher Geist vor der Fragmentierung? Oder etwas Heiliges, das wir farangs vorsorglich chirurgisch entfernen wie Mandeln, weil wir seine Funktion nicht begreifen? Vielleicht liegt’s an eurem verdammten Buddhismus. Aber wir entdecken immerhin etwas. Verraten Sie mir folgendes, Detective: Was sehen Sie in den Augen eines farang? «
Als ich ihm keine Antwort gebe, kichert er. »Habe ich mir schon gedacht.«
Drei Tage nach diesem Gespräch ändert sich alles. Hudson und Bright treffen am Abend in düsterer Stimmung ein und bestellen ein paar Bier, mit denen sie sich an einen Ecktisch verziehen, wo sie miteinander flüstern. Nach einer Weile kommt Hudson mit seinen Neuigkeiten an die Theke.
»Das Spielchen von Ihrem Colonel hat zu gut funktioniert. Vielleicht ist er tatsächlich ein Genie. Nun, wir werden sehen. Sie schicken den Boss.«
32
Ich folge dem Ruf ins Polizeirevier auf dem Rücksitz eines Motorrads, wo ich wieder einmal Pisit lausche. Er wettert gegen eine Hollywood-Schauspielerin, die
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