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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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seiner Japanischkenntnisse und seines hohen IQ eingestellt, aber Karriere hätte er mit Sicherheit nicht gemacht. Er galt als Risiko und Kandidat für den Frühruhestand. Freundlich ausgedrückt: Er hatte zu viele Interessen, war ein Intellektueller, ein geborener Liberaler, und hat vermutlich bei uns angeheuert, weil er das als Teil seiner romantischen Identitätssuche verstand. Unter uns: Seine Ermordung durch Al-Qaida ist wichtiger als er selbst. Könnten wir uns jetzt wieder diesem Thema zuwenden?«
    »Natürlich«, sagt Vikorn mit herablassendem Lächeln.
    Die CIA-Frau – sie hat sich mir als »Elizabeth Hatch« vorgestellt, aber wer weiß schon, ob der Name stimmt? – bedankt sich mit einem Kopfnicken. »Al-Qaida brachte Mitch Turner um, weil sie wußte, daß er für uns arbeitete, aber wir besitzen keinerlei Aufzeichnungen darüber, daß er sie kontaktiert hätte. Seine wenigen Rekrutierungsversuche im Süden scheinen vergeblich gewesen zu sein. Haben wir es mit einer Entführung, einer mißglückten Rekrutierungsaktion oder der ernsthaften Bestrebung seinerseits zu tun, sich Al-Qaida anzuschließen, die sie ihm nicht abkaufte? Wir überwachten seine gesamte Kommunikation. Er machte gerade eine persönliche Krise durch. Wir müssen herausfinden, was er dachte, wie seine wahren Absichten aussahen, und zwar in jeder Minute. Sie allein können uns dabei helfen. Tja, und dann wäre da noch das hier:«
    Mit bewundernswerter Gelassenheit holt sie ein Foto aus der Tasche und zeigt es mir. Ich zucke zusammen, gebe es Vikorn, der ebenfalls zusammenzuckt. Es handelt sich um ein Bild von Mitch Turners Leiche, nachdem die Leute von der Spurensicherung sie umgedreht hatten, und der blutige, hautlose Rücken ist deutlich zu erkennen.
    Sie hat ihre Trumpfkarte mit Finesse ausgespielt, ohne jedes Gefühl des Triumphs. In ruhigem, ziemlich kühlem Tonfall sagt sie: »Fragen Sie mich nicht, wie ich drangekommen bin, dann frage ich Sie auch nicht, warum Sie es zurückgehalten haben.« Sie betrachtet das Foto neugierig. »Ich verstehe nicht, warum. Es macht die Sache doch um etliches komplizierter, nicht wahr?« Sie nickt mir zu.
    »Doch genug. Sie sind unser Mann an der Front; wahrscheinlich werden Sie bald wieder in den Süden reisen wollen. Könnten Sie diesmal einen schriftlichen Bericht erstellen? Wenn Ihr Colonel nichts dagegen hat, wäre es mir recht, daß Sie mir Ihre Erkenntnisse direkt mitteilen.«
    »Muß ich das machen?« frage ich Vikorn.
    Er nickt widerwillig. »Na schön. Sie haben versprochen, Chanya in Ruhe zu lassen, wenn wir mitspielen.«
     
    Vor dem Schlafengehen rauche ich einen fetten Joint, knie vor dem Buddhabild auf dem Bord in meinem Wohnloch nieder und fasse den Beschluß, Pichai, meinen toten Bruder im Geiste, zu kontaktieren. Jeder Mensch hat seine eigenen Rituale, und über die meinen will ich mich an dieser Stelle nicht länger auslassen. Meine Frage an Pichai könnte man folgendermaßen übersetzen: Wie zum Teufel soll’s jetzt weitergehen?
    Wie erwartet besucht er mich in jener Nacht tatsächlich in seiner goldenen Aura. Wir stehen zusammen auf einem Berggipfel, über den in erstaunlicher Geschwindigkeit Wolken hinwegziehen, im Hintergrund ein kosmisches Brausen, erzeugt durch die gewaltige Energie dieses Ortes. Pichai deutet auf eine Wolkenformation, die die Gestalt eines riesigen, über eine Welle springenden Fisches mit langem Maul annimmt. Pichai versucht verzweifelt, mir etwas mitzuteilen, doch seine Stimme geht unter im Dröhnen des Universums …
     
    Am nächsten Morgen bitte ich Chanya in einem unserer Zimmer im ersten Stock, sich mit nacktem Oberkörper vor mich zu stellen. Ich widerstehe nicht der Versuchung, ihre linke Brust zu liebkosen, über die behende ein Delphin springt.
    »Wo hast du die Tätowierung machen lassen?«
    Sie schüttelt trotzig den Kopf. »Das verrate ich dir nicht.«
    Ich reibe ihre Brustwarze zwischen Daumen und Zeigefinger, als wäre sie ein Geldschein, und sie beginnt, hart zu werden. »Handwerklich gesehen, ein Meisterwerk.«
    Sie schiebt mich weg. »Hau ab.«
    »Wenn ich nicht rausfinde, wer Mitch Turner umgebracht hat, fangen diese Idioten wieder einen Krieg an.«
    »Ich hab gesagt, du sollst abhauen.«
     
    Nun, vielleicht war’s doch nicht Chanyas Delphin, an den Pichai in meinem Traum dachte. Möglicherweise war’s überhaupt kein Delphin, aber einen anderen Hinweis besitze ich nicht.

SECHS
 
Tattoo

33
    Da Pisit mich heute langweilt, schalte ich

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