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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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Beste aus der Sache zu machen.«
    »Juristen?«, höhnte Müller, »das ist gut, die werden Sie auch brauchen, wenn ich mit einer Verantwortlichkeitsklage auf Sie zukomme.«
    »Wie gesagt, Herr Müller, ich verstehe Ihre Position, aber das ist noch lange kein Grund, mit solchen Drohungen … Herr Müller? Herr Müller?« Hat der Mistkerl doch einfach aufgelegt, murmelte Kuster und verfasste eine Aktennotiz zuhanden der Rechtsabteilung: »Depot-Kunde 34762/3 droht mit Klage wegen CDO-Problematik, braucht wohl das übliche Warnschreiben, er solle sich mal die AGBs genauer anschauen.«
Achtzehn
    Wieso schreibt eigentlich die versammelte Wirtschaftspresse keine Zeile über die Legionen von High Net Worth Individuals, die inzwischen eher Low Net Worth sind, weil ihnen ein paar hübsche Immobilien-Fonds reingedrückt worden waren? Äbersold benützt wieder einmal die kurze Pause zwischen zwei Kundengesprächen für philosophische Gedankengänge. Andererseits, auch Äbersold hatte solche Erfahrungen genossen, gehört es ja zu den schönsten Momenten im Leben eines Anlageberaters, wenn er seinem Kunden erklärt, was ein geschlossener Fonds genau ist, geschlossen wie zu, no way out, geschlossen wie Schloss davor.
    Aber ein paar hübsche Anekdoten hatte die Presse ja zusammengetragen, sinnierte Äbersold weiter. Da berichtete doch ein Immobilienmakler irgendwo aus dem Rust Belt der USA, dass ein ziemlich übel tätowierter Kunde seine Klitsche betreten hatte. Der Makler hatte schon mal vorsichtshalber den Fünfundvierziger entsichert, aber das Mitglied des amerikanischen Prekariats zog höflich die schmuddelige Baseball-Cap vom Haupt, setzte sich auf den Besucherstuhl, wobei ihm ein Crack-Pfeifchen aus der löchrigen Manteltasche fiel, und bekundete sein Interesse an einer kleinen Immobilie, achtzigtausend Dollar, käme ihm gerade recht in der kalten Jahreszeit. Der Makler ließ die Knarre entsichert, schob aber den Zeigefinger vom Abzug weg und begann, den Fragebogen auszufüllen. »Regelmäßiges Einkommen?«
    »Noch nie im Leben.«
    »Assets, Rücklagen?«
    »Hä?«
    »Kohle, Sparheft, Aktien?«
    »Hatte noch nie im Leben ein Bankkonto.«
    »Zurzeit wohnhaft?«
    »Äh, meistens auf der Straße, aber manchmal kann ich bei Pete übernachten.«
    »Postanschrift?«
    »Auch das noch, na schicken Sie das Zeug an Joe’s Bar, 24 316 S. E. Street, Postleitzahl weiß ich nicht, sollte man ja rauskriegen können.«
    »Vorletzter Wohnsitz, so in den letzten zwei Jahren?«
    »Ähem, nun, in den letzten fünf Jahren war’s das State Penitary Oklahoma, ein wirklicher Scheiß-Knast.«
    »Okay«, sagte der Makler aufgeräumt, »das wär’s eigentlich schon. Ich gehe davon aus, dass Sie eine hundertprozentige Finanzierung wünschen?«
    »Hä?«
    »Sie brauchen achtzigtausend Dollar, um das Haus zu kaufen?«
    »Genau, kostet doch achtzigtausend, right?«
    »Absolut«, sagte der Makler, »vielleicht kann ich da auch noch zehntausend Cash Back drauflegen, Sie brauchen ja wahrscheinlich auch ein paar Möbel?«
    »Möbel wäre nicht schlecht, wobei eine Karre eigentlich dringender wäre, kann man die auch noch drauflegen?«
    »Versprechen kann ich nichts«, sagte der Makler, »sollte aber möglich sein.«
    »Super«, sagte der Tätowierte und erhob sich. »Ach, hätten Sie mir vielleicht fünf Bucks, habe heute noch nichts gegessen.«
    »Aber klar, gehört zum Kundenservice«, sagte der Makler verbindlich, nahm die Hand von der Knarre und schob fünf Dollar rüber. Zwei Tage später schickte er einen Brief an Joe’s Bar: »Ihr Antrag ist bewilligt worden, Sie müssen bei mir nur ein paar Papiere unterzeichnen, dann sind Sie Besitzer des Hauses, und fünfzehntausend Dollar gibt’s erst noch obendrauf.«
    So eine Story kann man nicht erfinden, kicherte Äbersold, das schaffen nur wir Banker.
    Dann wuchtete sich Äbersold aus seinem Sessel: »Grüezi, Herr Friedli, nehmen Sie doch Platz. Ich habe mich höchstpersönlich den ganzen Vormittag mit Ihrem Depot beschäftigt, ich glaube, wir sollten da etwas mehr Dynamik hineinbringen, gerade jetzt sehe ich da einmalige Chancen. Sie wissen ja, wenn die Herde in die eine Richtung rennt, muss man in die andere Richtung laufen. Darf ich Ihnen mal kurz die interessanten Perspektiven eines geschlossenen Fonds skizzieren? Emerging Markets Asia, Luxury Goods plus Realty Strukturfonds, ein ganz heißer Tipp, Sie wissen doch, wenn sich nur jeder millionste Chinese eine Rolex oder eine IWC kauft, weil die so

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