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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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heim zu Mama geht natürlich in Ordnung.«
    Aber dann musste sie schon nach zwei Wochen zurück, das Heimweh zu Mama war übermächtig geworden. Zuerst hatte Äbersold innerlich geflucht, aber dann hockte sie sauber im Flug aus Miami neben einem Argentinier und erzählte dem von der perfekten Ordnung bei der Filiale in Nassau und wie sie das alles überwacht und so weiter. Dies, ihre perfekten Mandelaugen, vielleicht auch die hochgelagerten Beine, hatten auf jeden Fall gewirkt.
    Am Montag Morgen kreuzte Menendes aus Argentinien höchstpersönlich in der Zweigniederlassung der Schweizer Bankunion auf und deponierte fünfzig Tonnen. In Nassau natürlich, aber nur mal zum Anfangen. Das war großartig, denn einen kleinen Schub konnte man dort immer gebrauchen. Und wofür haben wir denn diese Niederlassung, hatte Äbersold gekichert, wenn nicht, um blödsinnige Regulatorien wie Identifikation des Kunden und Abklärung der Herkunft des Geldes, mit denen wir hier in der Schweiz belästigt werden, zu umgehen? Außerdem hatte Äbersold dafür gesorgt, dass natürlich er als Kundenbetreuer eingetragen wurde, das machte sich gut beim Bonus und überhaupt.
    Carla war das egal, sie hatte da ganz andere Probleme: »Ich meine, das isch doch eine echte Sauerei, habe ich Vetter gesagt am Telefon. Auf dem Unterschriftenbogen Bitterli, den sie mir letzte Woche fedexten, ware auf der Rückseite doch tatsächlich die Charts des Twin River Greyhound Races der vierten Nachmittag-Serie des Vor-Samstags draufschriebe! Da muss male Ordnung mache! Und dabei habe ich ja Akte Rufli verlangt! Sie müsse ein Puff haben da drüben, dass einem das Liegen weh tut.«
    Aber Krisen sind Chancen, sage ich meinen Kunden immer, sinnierte Äbersold, nachdem er ein paar anteilnehmende Geräusche gemacht und Carla verständnisvoll die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Aber nur kurz, denn da konnte man ja heutzutage in Teufels Küche kommen. Hier war wieder ein typischer Fall für Äbersolds Krisentheorie. Seit wir Carla die neue Business Card »Vice President Backoffice Administration« in die Hand drückten und sie die Wochenenden nun in der Schweiz verbringt, haben wir regelmäßig Besuch aus Südamerika, es sind aber auch einfache Schweizer dabei. Ich überlege mir nur, dachte Äbersold, ob Spanisch am Schluss nicht noch besser ankommt als Italienisch.
    Juana, der Putzteufel im IT Department (wenn ich die Bezeichnung nur schon höre!, früher sagte man Computerabteilung, und es ging auch), die Juana sieht auch gar nicht schlecht aus, und als Peruanerin sollte sie ja Spanisch können. Probieren geht über studieren. Am Montag gehen wir mal im amerikanischen Konsulat vorbei mit ihr und fangen mit dem Visa-Scheiß an. Ein kurzer Crash-Kurs in Finanzanlagen, das bringt man ja jedem Schimpansen in drei Tagen bei, dann eine Schnupperwoche in Nassau, und Juana fliegt ein paarmal zwischen Lima, Caracas und Zürich hin und her, Business natürlich. Da sollte doch was rumkommen, dachte Äbersold.
Zweiundzwanzig
    Wenn Kuster etwas wirklich hasste, dann war es Corporate Communication. Er brauchte im Moment eigentlich mindestens sechs Ohren, um sich all das Gequengel seiner High und Ultra High Net Worth Individuals anzuhören, ob ihr Depot denn noch sicher sei, ob die Kreditunion tatsächlich nicht so im Dreck steckte wie die EBS und ob das denn stimme, dass die EBS noch mindestens hundert Milliarden notleidender Kredite in den Büchern versteckte und wie das denn bei Kusters Bank genau sei.
    Ich weiß doch auch nichts Genaues, dachte Kuster, kann ich etwa in die Bücher der EBS reinschauen? Oder in die meiner Kreditunion? Und selbst wenn ich das könnte, ich bin Kundenberater Private Banking, verdammt noch mal, wieso soll ich jetzt lernen, eine Bilanz zu lesen? Wo soll denn das alles Platz haben im Kopf, der ist sowieso schon voll mit den Adressen von Restaurants, Golf-Plätzen, Juwelieren, Antiquitätenhändlern, Escort-Services, Weinjahrgängen, Zigarren-Marken, Luxus-Caterern, ja Heilandsack.
    Also hatte er nochmals ein Mail an CC geschrieben, mit rotem Ausrufezeichen, höchste Priorität, brauche dringend, unterstrichen und in Großbuchstaben, Argumentekatalog, Q&A für die naheliegendsten Kundenfragen, aber pronto!
    Und was hatte er gekriegt? Zuerst ein paar »out of office«-Mails, dann ein Wischiwaschi von irgendeinem Assistant Senior Communication Officer, dass man sich der Angelegenheit annehmen werde, weitergeleitet, keep you posted, hatte der Dummkopf

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