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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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kurze Pause am anderen Ende der Leitung, dann ein etwas unwirsches »Glauben Sie wirklich, um so etwas würde ich mich selbst kümmern? Also Sie haben manchmal Fragen.«
    Kuster biss sich auf die Unterlippe, das war kein besonders guter Anfang. Also ging er auf Nummer sicher: »Und was kann ich für Sie tun, Pete?« Kuster atmete auf, damit war er wieder auf stabilem Boden gelandet.
    »Ich komme übermorgen nach Zürich, reservieren Sie mir wie üblich die Suite im Dolder, plus das übliche Besprechungszimmer, mein Assistent gibt Ihnen dann noch die Liste mit allen Details durch, okay?« Unter Details verstand Pete, welche Seife er im Bad vorzufinden wünschte, welches Mineralwasser von irgendeinem Ende der Welt auf genau zwölf Grad gekühlt bereitgehalten werden musste, welche Matratze man aufs Bett zu legen habe und noch ein Dutzend Kleinigkeiten mehr. Das war gar kein Problem, man hätte für Pete auch einen neuen Teppich ausgelegt oder die Suite umgebaut, wenn er das gewünscht hätte, landete ja alles auf der fabulösen Rechnung am Schluss.
    Aber es gab da ein Problem, doch Kuster glaubte, dass sich das bewältigen ließ: »Nun, Pete, das ist ein bisschen schwierig im Moment, wie wäre es denn mit dem Baur au Lac, dem Widder oder …«
    »Was soll das?«, unterbrach ihn Pete. »Sie wissen doch, dass ich immer im Dolder absteige, also verschwenden Sie hier nicht meine Zeit.«
    Kuster schluckte kurz, aber da musste er durch: »Nun, das Problem ist, dass das Dolder im Moment geschlossen ist.«
    »Na und?«, sagte Pete, und man hörte seiner Stimme deutlich an, dass er wirklich nicht verstand, wie man mit solchen Peanuts seine Zeit verschwenden konnte, »dann lassen Sie es halt aufsperren und regeln Sie das mit meinem Assistenten.«
    »Moment«, sagte Kuster schnell, denn er hatte die nicht unbegründete Befürchtung, dass Pete gleich auflegen würde, »das geht nicht, es wird umgebaut, Baustelle, kein Stein auf dem anderen, Kräne, Lastwagen, kann man nicht aufsperren.«
    Für eine Weile hörte Kuster nur das leise Rauschen der Satellitenverbindung, Pete hatte es offenbar die Sprache verschlagen.
    »Pete«, sagte Kuster und hoffte, dass er das leise Zittern in seiner Stimme nicht hörte, »ich war selbst vor Kurzem im Baur au Lac, das lässt wirklich nichts zu wünschen übrig, und neu hätten wir nun auch ein Hyatt in Zürich, das …«
    »Ein Hyatt!«, donnerte es durch die Leitung, als ob Kuster vorgeschlagen hätte, Pete solle im Obdachlosenasyl einkehren, »ich will aber ins Dolder, kümmern Sie sich drum.«
    Kuster kniff die Augen zusammen und lockerte sich die Krawatte: »Ich würde da selbst ein Zimmer für Sie aufschließen, glauben Sie mir, Pete, doch es gibt da im Moment nicht einmal Türen an den Zimmern, tut mir wirklich leid, aber …«
    Kuster war auf das Schlimmste gefasst, aber so schlimm hatte er sich Petes Reaktion auch nicht vorgestellt: »Okay, wissen Sie was? Das war’s, dann fliege ich halt nach Paris, das George V wird wohl nicht gerade umgebaut und das Essen ist auch besser als in Zürich. Mein Assistent wird Ihnen mitteilen, wohin mein Depot bei Ihnen zu transferieren ist. Schönen Tag noch.«
    »Pete, Pete, sind Sie noch dran?«, rief Kuster verzweifelt in den Hörer, aber nur ein leises Rauschen antwortete. Der macht das wirklich, dieser Irre, murmelte Kuster, und obwohl er die Zahl kannte, rief er schnell das Depot von Pete ab. Hundertsiebzehn Millionen, weg, futsch, auf Nimmerwiedersehen. Bonus für dieses Jahr weg, Spaß am Leben weg, und das alles nur, weil das blöde Dolder umgebaut wurde. Und die Häme, wenn bekannt wurde, dass Kuster es nicht geschafft hatte, einem VIP-Kunden das richtige Hotel zu besorgen. Zum ersten Mal in seinem Leben dachte Kuster ernsthaft an Selbstmord.
Zweiunddreißig
    Wie schön, dass eigentlich niemand so etwas Banales wie die Prozentrechnung versteht, dachte Äbersold vergnügt. Gerade hatte er einen glücklichen Bitterli bis an die Türe des Besprechungszimmers begleitet: »Da können wir uns wirklich auf einen ergiebigen Wertzuwachs gefasst machten, Herr Bitterli, wie sagt man so schön: The sky ist the limit, das steigt wie eine Rakete, und Gruß an Ihre Frau, wir müssen uns unbedingt einmal wieder im privateren Rahmen treffen, schönen Tag noch«, hatte er Bitterli eingesalbt.
    Hoffentlich nicht so bald, hatte Äbersold gedacht, ich weiß nicht, ob ich noch mal eine Ladung Erzählungen über Power Shopping ertragen würde, stutenbissige

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