Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
noch mal ironisch und sagte: »Willkommen in der Vorhölle, mein Lieber … aber hey, mit siebzig Tonnen bleibt da ja noch genügend für dich übrig, um dir mal eine neue Brille zu kaufen.«
Neunundzwanzig
Die KW 27 war gekommen, und die Projektgruppe »Give away« hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Die Dschi-Ais, wie sie sich gerne nannten, Scherz muss sein, hatte das Projekt Kugelschreiber on hold gestellt. Und das Projekt Badetuch in Angriff genommen. Als erster Schritt wurde es in »Project Bath-Towel« umbenannt, kurz PBT, die externe Werbeagentur hatte Muster geliefert, verschiedene Größen, verschiedene Designs, verschiedene Stoffe, ökologisch zertifiziert natürlich, in einer indischen Blindenschule handgewebt.
Gleichzeitig hatten der Customer Relations Manager, unterstützt von seinen beiden Assistenten und zwei weiteren Pfeifen, an deren Namen sich nie jemand erinnern konnte, die Sidelines abgeklärt, Packaging, wie kriegt man das verdammte Ding in den Briefkasten, Kosten-Benefit-Relation, Waschbarkeit, Lifespan, the whole nine yards, wie man zu sagen beliebte. Anfang Juli war es eigentlich klar, dass der geplante Auslieferungstermin erster August nicht mehr gehalten werden konnte.
Aber das Kernproblem hatte sich doch als harte Nuss erwiesen, denn das Kernproblem lautete: Welche Message transportieren wir? Auch die interne Kommunikation und die GL von Elmore, Little and Willis waren involviert worden, eine ganze Wand im Meeting Room war mit Wortfeldern, Kernbotschaften, Values, Mission Statements gefüllt worden. Schweinwerfer richtig einstellen, Assoziationsfelder ausbreiten, das war ein echter Kopfzerbrecher, denn wie sollte man denn Tax, Advisory und Audit, und das machte Elmore, Little and Willis halt, auf ein Badetuch kriegen?
Und als ob das Leben der Dschi-Ais nicht schon schwer genug gewesen wäre, hatte sich in KW 26 plötzlich CCO Werner Meier eingemischt. Wie immer war er grußlos erschienen, hatte sich vor die Wand voll mit Wordings gesetzt, mit zwei Fingern seine Nasenwurzel gerieben, denn jeder Tag war für den Chief Communication Officer ein Tag, der übermenschliche Leistungen abforderte.
Die Gespräche der Dschi-Ais waren langsam verstummt, unbehagliches Schweigen hatte sich ausgebreitet. Und jeder hatte es ja gewusst, Meier blickte kurz von seinem Blackberry auf und sagte fast unhörbar: »Ich weiß nicht, sind wir wirklich ein Badetuch?«
Der Customer Relations Manager schluckte und wollte schon tapfer etwas sagen, als Meier fortfuhr: »Wie wäre es denn mit Power Plus als Header?«
Die wenigen im Raum, die Meiers Gemurmel verstanden hatten, flüsterten es den anderen zu, und da ging es natürlich sofort los: »Power Plus, PP, großartig«, sagte der Customer Relation Manager, seine beiden Assistenten sagten fast im Chor: »Eine Punchline, das ist es, macht sofort alles klar«, und auch die beiden weiteren Pfeifen gaben zustimmende Geräusche von sich.
Meier verschränkte noch kurz die Arme hinter seinem Kopf, nickte kurz und verließ den Raum, ohne jemanden anzusehen.
»Alles klar«, sagte der Ober-Dschi-Ai, »das kriegen wir bis ersten September hin, wenn wir uns alle am Riemen reißen.«
Aus siebenundzwanzig verschiedenen Vorschlägen der Werbeagentur, wie man Power Plus auf ein Badetuch schreiben könnte, wurde einer ausgewählt, die Blindenschule in Indien fing an zu weben, alles lief im engen time frame, wie es laufen sollte. Die ersten Exemplare trafen ein, Jubel brach unter den Dschi-Ais aus, als Meier wieder einen seiner Blitzbesuche machte. Er nahm eines der bedruckten Tücher in die Hand, obwohl er dafür seinen Blackberry auf den Tisch legen musste, betrachtete den Aufdruck eine Weile und sagte dann: »Also das kann es ja nicht sein, wirklich nicht.«
Die Dschi-Ais erstarrten, und es war gut, dass sie im Gegensatz zu ihren Namensvettern nicht bewaffnet waren. »Aber das war doch dein Vorschlag«, sagte der Customer Relations Manager mit einem leichten Beben purer Verzweiflung in der Stimme. Meier starrte auf seinen Blackberry, schüttelte nochmals kurz den Kopf und verließ grußlos den Raum. Die Dschi-Ais beschlossen, in die nächste Bar zu dislozieren und sich sinnlos zu besaufen.
Dreißig
»Aber nein, Herr Künzli«, sagte Äbersold und unterdrückte den Wunsch, die Augen nach oben zu rollen, »da muss ich Ihnen, mit Verlaub, widersprechen.« Warum waren nicht alle Kunden wie Bitterli, gelegentlich mal eine Frage, eine kleine Schlaumeierei, und dann konnte man
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