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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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kursrelevante Informationen zurück?«
    Muggli überlegte sich zum wiederholten Mal, wieso er das eigentlich nicht auf Tonband aufnahm und jedem Anrufer einfach vorspielte. Was meinten die Deppen eigentlich? Dachten die in ihrem Suff vielleicht, er würde ihnen verkünden: ›Ja, da kommt meiner Meinung nach noch einiges hinterher, keine Ahnung, können locker noch zehn oder zwanzig Milliarden werden. Ja, damit dürfen Sie mich zitieren‹?
    Wenn das so weiterging, müsste Muggli mal wieder bei ein paar VR-Präsidenten der Medienhäuser anrufen, um sie daran zu erinnern, bei welcher Bank sie eigentlich ihren Finanzhaushalt regulierten. Aber so weit war es ja noch nicht, dachte Muggli, wieso fliege ich eigentlich nicht trotzdem auf die Malediven?
Achtundzwanzig
    Kuster war voll in seinem Element, endlich einmal ein Kundengespräch, das auf der richtigen Ebene lief. Kein fürchterliches Besäufnis in der »Juwelenhalle«-Bar, kein Escort-Service, keine Mission impossible wie nachts um zwei herauskriegen, wo es im schlafenden Zürich eine Büchse Almas-Kaviar gab, aber mit sauberem Spiegel, und der Wodka dazu eiskalt, und zwar pronto.
    Nein, ein angenehmes Geplauder im Gesprächsraum für wichtigere Neukunden, nicht dieser USM-Unsinn mit Beistelltischchen, auf dem überflüssigerweise ein Videorekorder stand, dazu Schreibblöckli vor jedem Platz, mit aber nur zehn Blatt; einer der erfolgreichen Sparvorschläge der McKinsey-Leute, die dafür Millionen abgeräumt hatten.
    Nein, das holzgetäfelte Zimmer war es natürlich, vergoldete Messingknöpfe an den Türen, feine Klassiker aus dem Spezialfundus der Bankunion an den Wänden, schwere Vorhänge, leicht gerafft, handgeknüpfter Perserteppich am Boden, glänzendes Parkett, klassischer Mahagoni-Tisch, gut gepolsterte Stühle, dezente Ledermäppchen vor jedem Platz, mit Büttenpapier natürlich, goldener Caran-d’Ache-Schreiber, die extrafeine Visitenkarte von Kuster beigelegt, die mit Reliefdruck und leicht getönter Oberfläche. Nicht zu protzig, eben einfach schweizerisch stabil, bombensicher, große Tradition.
    Und ein angenehmer Kunde, siebzig Tonnen schwer, überlegte sich den Abzug seiner Gelder aus Liechtenstein. Nicht, dass er mit dem deutschen Fiskus Probleme hätte, nein, er fand das Ganze dort einfach langsam degoutant, wie er sich auszudrücken beliebte.
    »Nun«, sagte Kuster, »mit unserer mehr als zweihundertfünfzigjährigen Geschichte können wir wohl Gewähr dafür bieten, dass Anleger, die Diskretion schätzen, gleichzeitig eine kompetente Bewahrung und Vermehrung ihres Vermögens, bei uns sehr gut aufgehoben sind. Aber nein, Sie bestimmen natürlich die Anlagestrategie, ich würde da eher konservative Werte empfehlen, gute Obligationen, vielleicht ein paar Blue Chips, um eine überschaubare und abgesicherte Dynamik in das Depot zu bringen, gerne lasse ich Ihnen da verschiedene Varianten von unserem Spezialistenteam durchrechnen, darf ich Ihnen noch ein stilles Wasser servieren lassen?
    Selbstverständlich, so diskret wir auf der einen Seite sind, so transparent sind wir, was unsere Gebührenstruktur betrifft, auch da sind wir gerne bereit, eine maßgeschneiderte Lösung anzubieten, aber in erster Linie ist uns natürlich das Wohl des Kunden wichtig, am Ende entscheidet ja immer die Werterhaltung und die Performance, genau. Apropos Werterhaltung, Sie sind sich sicher bewusst, dass bei der heutigen Zinslage schon die reine Werterhaltung fast dazu zwingt, im Bereich Overperformance kontrolliert zu investieren? Nun, wir bieten da eine ganze Reihe von Investitionsvehikeln an, die gerade für den konservativen Anleger Performance, Risiko und Potenzial in geradezu idealer Weise verbinden.«
    Kuster komplementierte den Kunden zur Türe, machte eine Verbeugung und zog sein Handy aus der Tasche: »Müller, heute ist Weihnachten. Ich sage nur: Siebzig Tonnen Neuanlage, sieht ein wenig aus wie Buchhalter Nötzli, hat aber von Buchhaltung keine Ahnung, he, he. Wenn wir dem nicht für mindestens zwanzig Tonnen ein paar unserer Fonds aufs Auge drücken, dann sollten wir uns gleich bei der Arbeitslosenversicherung melden. Nein, ja nicht, machen Sie die einfache Version, zwei, drei Pies, nicht zu viel Fachchinesisch, dazu alles bis knapp ran an ein Gewinnversprechen, goldene Himmel, rosarote Elefäntchen, Sie wissen ja. Und nehmen Sie Großbuchstaben, der Knacker hat eine Brille auf, die er sich aus Flaschenböden geschliffen hat …«
    Kuster legte auf, verbeugte sich

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